Turbo Overkill im Test: Liebevoller kann eine Hommage kaum sein!

Zugegeben… geschmackloser auch nicht. Aber in diesem Fall konnte ich bei der vorliegenden Reiz-Retro-Überflutung nicht anders. Denn dieser First-Person-Shooter hätte problemlos in den Mittneunzigern erschienen sein können. Doch so direkt uns das Programm mitten ins Spielgeschehen wirft, geht es jetzt auch in die Besprechung von Turbo Overkill. Das von Trigger Happy Interactive entwickelte Spiel wurde von Apogee ausschließlich im Nintendo eShop veröffentlicht, schlägt mit 19,99 € und nimmt einen Speicherplatz von 8 GB ein. Für Unentschlossene ist sogar eine kostenlose Demo herunterladbar.

Gleich zu Beginn fällt leider sofort die knackig-scharfe Unschärfe auf. Bei der Schwierigkeitsgradwahl (übrigens mega cool und stilecht mit fünf verschiedenen Visagen verbildlicht!) ist zum besseren Verständnis immer eine Kurzbeschreibung vorhanden.

Auf diesem Bild aus Turbo Overkill ist ein Roboterkopf und etwas Text zu sehen.
Ich glaub’, ich muss zum Optiker…

Wenn man sie denn erstmal entziffert hat. Wer kennt es nicht, wenn man das Gefühl hat, es hat sich ein Schleier übers Auge gelegt, dem mit vorsichtigem Reiben aber im Normalfall schnell beizukommen ist. Nur bringt das hier nix! Unglaublich, wie verschwommen auch 2025 noch einige Texte aussehen können. Als hätten die Programmierer einen Filter drübergelegt. Was natürlich Schwachsinn wäre. Denn keiner möchte sein Produkt ja absichtlich schlecht aussehen lassen. Obwohl… so würde sich auch der leider deutlich spürbare Drop von 60 fps der anderen Konsolenversionen gegenüber den 30 fps auf der Switch erklären. Zu Gute halten muss man Turbo Overkill, dass sich 30 fps selten so flüssig angefühlt haben. Immerhin.

Auf diesem Bild aus Turbo Overkill ist Wasser und eine neonfarbene Skyline zu sehen.
Auch der rauen See wird getrotzt

Huston, haben wir ein Problem?

Das klingt jetzt erstmal alles schrecklich ernüchternd. Auch eine Gyrosteuerung gibt es (noch) nicht. Bislang ist auch nicht angekündigt, dass diese nachgereicht wird. So, jetzt ist auch das schon mal raus. Kurzes Durchatmen, denn das war es im Großen und Ganzen auch schon mit den offensichtlichen Negativpunkten. Der Preis von knappen 20€ im eShop sollten zumindest nicht für Stirnrunzeln oder gar blankes Entsetzen sorgen.

Denn fängt das Spiel erstmal an, dreht es auch schon nach den ersten Levelabschnitten und erlegten Gegnern mächtig auf. Atmosphärisch haben wir es bei Turbo Overkill mit einer bunten und vor allem überzeugenden Mischung aus den besten Zutaten des Sci-Fi Genres zu tun.

Auf diesem Bild ist eine Mini-Gun und etwas Blut zu sehen.
Schmerzhaft? Ja. Notwendig? Absolut.

Cyberpunk 2077. Bioshock. Quake 2 und 4. Alles garniert mit einer ordentlichen Prise Blade Runner, Bulletstorm und Eigenständigkeit. Sprich alles, was Rang und Namen hat, findet hier am blutgetränkten Tisch zusammen. Und ja, für alle Raubeine unter uns, der rote Lebenssaft spritzt, splattert und fließt in Strömen. Nix für Kinder also. Und das ist im vorliegenden Fall positiv hervorzuheben, sind schon die großen Vorbilder eben auch nur was für die großen Vorbilder.

Es gibt (fast) nichts Schlimmeres, als wenn Erwachseneninhalte absichtlich gestutzt werden, nur um
eine größere Käuferschaft anzusprechen. Diese Bevormundung war schon zu Hochzeiten der BPjS/BPjM absolut furchtbar (so ziemlich jedes zweite Spiel in First Person wurde für den deutschen Markt „angepasst“, also bis aufs Übelste ge- und beschnitten) und fand in der jüngeren Kinogeschichte ebenfalls Anwendung („The Expandables 3“, „Borderlands“). Um eine angezogene Handbremse muss sich die Käuferschaft hier zumindest nicht sorgen.

Auf diesem Bild ist rotes Licht und ein Schild „Purge“ zu sehen.
Diese Schalter markieren das Levelende

Gameplay, Gunplay und Kettensägenmassaker in Turbo Overkill

Hervorzuheben ist an dieser Stelle auch, dass die Gewalttätigkeiten in Turbo Overkill nicht nur der reinen Zurschaustellung dienen, sondern durchaus eine spielerische Berechtigung haben. So kann während des Spiels auf Knopfdruck eine Kettensäge am rechten Bein aktiviert werden, mit der es sich hervorragend durch große Gegnerwellen sliden und weiden lässt. Das Ganze kann mithilfe verschiedener und umfangreicher Upgrades an speziellen Automaten in der gesamten Spielwelt abgeändert und aufgelevelt werden. Gleiches gilt für Waffenupgrades und neue Moves, wie zum Beispiel den mariomäßigen Wandsprung. Dieser kann nach Erlernen neue Gebiete zugänglich machen, um weitere der zahlreichen und zumeist gut versteckten Secrets aufzudecken.

Auf diesem Bild ist ein Automat mit der Schrift „Splice“ zu sehen.
Grüße und Liebe an Bioshock gehen raus!

Die Jagd nach den versteckten Arealen macht dabei verdammt viel Spaß und fügt sich ähnlich kreativ und flüssig wie bei Genrekumpel Doom (2016) in den Spielablauf ein. Die teils recht anspruchsvolle Suche in Turbo Overkill wird mit schweren Rüstungen, Upgrades, Waffen sowie auffindbaren Artefakten belohnt. Es gibt also während der ca. 20-stündigen Kampagne gut und spaßig zu tun. Gefühlt gibt es hin und wieder mal eine Gegnerwelle zu viel, die in schöner Regelmäßigkeit plötzlich aus dem Nichts auftauchen, aber das hält sich alles noch in erträglichen Grenzen und gehört zum Spielkonzept dazu.

Waffentechnisch wird ein schickes Arsenal aufgefahren, das sich nicht hinter der Konkurrenz verstecken muss. Wird ein Schießeisen erstmals aufgenommen, wird dieses in einer hübschen kleinen Animation von allen Seiten begutachtet. Neben den Standardwaffen wie diverse Shotguns, SMGs oder Explosionsgeschossen hat Turbo Overkill auch exotischere Modelle zu bieten, die aber an dieser Stelle bewusst nicht gespoilert werden sollen. Lasst Euch einfach überraschen!

Auf diesem Bild ist ein Rolltor mit der Schrift „No Chainsaws Club“ zu sehen.
Mist.

Auf die Ohren!

Soundtechnisch gibt sich Turbo Overkill aber auch keine Blöße. Je nach Situation passt sich die Audiokulisse an, es werden von elektronischen Up-tempo-Nummern über basslastige Rockanleihen bis hin zu atmosphärischen Klängen viele tolle Tracks geboten, für die es sich lohnt, den Titel über Boxen laufen zu lassen. Es ist genau die Art von Soundtrack, die von einem solchen Spiel mit ebendiesem Setting erwartet wird. Die Waffeneffekte fallen allerdings eine Spur zu seicht aus und hätten ruhig etwas mehr Wumms vertragen können. Aber alles in allem ist auch dieser Bereich wirklich überzeugend.

Auf diesem Bild aus Turbo Overkill ist ein blauer Schuh zu sehen.
Neue Schuhe braucht das Land

Fazit zu Turbo Overkill

Pros:

  • Üppiger Umfang mit ausladenden Stages
  • Clever versteckte Secrets
  • Viele kreative Waffen
  • Pfeilschnelle Action
  • Skills und Upgrades, die sich gut einfügen
  • Atmosphärische Musikuntermalung
  • Tolles Setting, stark präsentiert

Cons:

  • Läuft mit nur 30 fps
  • Keine Gyrosteuerung
  • Teils stark verwaschene Texte

Turbo Overkill macht eine ganze Menge richtig. Auch auf Nintendos Hybriden zeigt sich der Titel von seiner überwiegend positiven Seite, technisch wie spielerisch. Bis auf wenige Ausnahmen läuft das Spiel flüssig und bietet eine ganze Menge Inhalt fürs Geld. Die Kampagne ist zwar routiniert in Szene gesetzt, ohne jedoch dabei auf Überraschungen zu verzichten.

Die kleinen Rollenspielelemente wie das Aufleveln und Anpassen von Skills machen Spaß und sorgen für die nötige Tiefe, auch wenn sich das Spiel jederzeit wie ein waschechter, kompromissloser Shooter der 90er spielt. Kleinere Schwächen und teils schwer lesbare Infos sind zwar ärgerlich, aber zu verschmerzen.
Wer sich inmitten hitziger und schneller Ballerbuden wohlfühlt, macht mit diesem Titel garantiert nichts falsch. Zwar haben wir es mit Turbo Overkill nicht mit einem modernen Klassiker zu tun, aber so schrecklich weit weg ist es davon auch nicht entfernt!

Das Testmuster wurde uns von Stride PR zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!

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