
Seit dem 31. Oktober 2024 kann der Klassiker Baphomets Fluch: Die Verschwörung der Tempelritter als Reforged-Edition auf der Nintendo Switch genossen werden. Der Titel ist sowohl digital im Nintendo eShop als auch als Einzelhandelversion (→ Amazon) erhältlich. Nachfolgend findet ihr meine bescheidene Meinung zu dieser Neuauflage.
Ah, Venedig…ähm, Paris!
Wer auch nur annähernd mit dem Point & Click Genre was anfangen kann, hat auch früher oder später mit George Stobbart, seines Zeichens amerikanischer Patentanwalt, Bekanntschaft gemacht. Revolution Software hat mit dem Grundstein des Baphomets Fluch (im Original Broken Sword) Franchise 1996 voll ins Schwarze getroffen. Die strauchelnden Konkurrenten konnten ihre Adventureserien ab Mitte der 90er nur bedingt erfolgreich fortsetzen; die Mainstreametablierung der 3D Technik wurde oftmals nicht überzeugend in diese Art von Spielen integriert. Dazu kam, dass sich durch die technischen Errungenschaften neue Spielegenres etablieren konnten, die den Markt gehörig aufmischten. Die Jungs und Mädels von Revolution Software haben es aber geschafft, ein klassisches 2D Adventure mit genügend Features auszustatten, um für frischen Wind zu sorgen.
Es waren gar nicht mal krampfhafte Neuerungen, sondern durch die spannende Story, clevere Interaktionen, ein Fokus auf Dialoge sowie Entschlackung gesetzter Elemente (selten hat man mehr als ein halbes Dutzend Nutzgegenstände im Inventar) konnten viele Pluspunkte auf der Habenseite bei Baphomets Fluch: Die Verschwörung der Tempelritter verbucht werden. Vier offizielle Fortsetzungen (Teil sechs soll nun endlich 2025 nach neun Jahren Pause erscheinen), zahlreiche Ports und sogar ein komplettes, sehr gelungenes Fanmade namens Baphomets Fluch 2.5 wurden über die Jahre veröffentlicht.

Ein weiteres Treatment für den Beginn der Spielereihe
Nach einem umfangreichen Director’s Cut für den DS und der Wii steht nun die nächste Frischzellenkur des Erstlingswerks für eine Nintendo-Konsole an. Dabei handelt es sich nicht um ein Remaster oder Reboot, sondern um ein sogenanntes Soft-Remake. Alle Grafiken wurden komplett und aufwendig überarbeitet, es wurde bislang unveröffentlichtes Tonmaterial eingefügt und gameplayrelevante Einstellungsmöglichkeiten vorgenommen. Rätseltechnisch bleibt alles beim Alten. Wer auf ein neues technisches Gewand keine Lust hat, kann jederzeit in den klassischen Grafikmodus wechseln. Und da offenbart sich schonungslos, wie schick man das Spiel in Erinnerung hatte und wie umfänglich dann doch die Überarbeitungen ausgefallen sind.
Baphomets Fluch ist keineswegs ein Spiel, welches mit der fortlaufenden Technik stetig an Attraktivität verliert, ganz im Gegenteil. Dadurch, dass es immer noch so viel Spaß macht wie beim ersten Durchlauf vor Jahrzehnten zeigt auf, wie gut und durchdacht die Programmierung damals schon war. Es ist aber dennoch schön, wenn dem Ganzen ein neuer, zeitgenössischer Anstrich verpasst wird. Der Comiclook wird verstärkt wahrgenommen, stört jedoch die Immersion an keiner Stelle. Alles ist sorgfältig durchdacht und wurde grandios umgesetzt!

So steuert sich der moderne George Stobbart in Baphomets Fluch: Die Verschwörung der Tempelritter – Reforged
Nachdem man sowohl die erfahrenen als auch die neuen Spieler schon mal technisch durchaus beeindrucken konnte und endlich auch Details in der Umgebungsgrafik erkennbar sind, die durch die Überarbeitung erstmals so richtig ins Bewusstsein treten, kann auch an steuerungstechnischer Front nur Gutes vermeldet werden. Hier wurden keine Experimente eingegangen, alles geht sehr flüssig von der Hand und wurde konsolenübergreifend vorbildlich umgesetzt. Manch ein Entwickler sieht sich im Übereifer scheinbar genötigt, bewährte und gut funktionierende Mechaniken über Bord zu werfen und fast alles zu verschlimmbessern (Das Schwarze Auge: Satinavs Ketten und Memoria hust; → zum Testbericht). Daher sollte dieser Aspekt zumindest als Randnotiz auf der Habenseite verbucht werden.
Andere Fehltritte sind beim Test ebenfalls nicht aufgefallen, keine Latenzen, ein nach wie vor übersichtliches Inventar und eine sinnvolle Tastenbelegung. Also alles im grünen Bereich. Drückt der Schuh denn irgendwie, irgendwo?

Weniger ist manchmal weniger
Wirklich viel auszusetzen gibt es nun wirklich nicht; die Motivation, das Spiel nach einem erfolgreichen Durchgang erneut zu durchrätseln ist genregeschuldet nicht gerade unermesslich hoch. Aber das kann man Baphomets Fluch: Die Verschwörung der Tempelritter sowie 95% aller anderen Point-and-Click-Adventures nun nicht ernsthaft negativ auslegen – das liegt schlichtweg in der Natur der Sache. Und nicht jeder Vertreter eignet sich aufgrund des Scripts für mehrere Enden oder alternative Routen. Es ist vielmehr ein Aspekt, der auf Unverständnis stößt und einem ein „Das ist aber Schade!“ entlocken dürfte.
Das „Problem“ liegt an der Vorlage, denn diese beruht auf der Ursprungsfassung von 1996 und nicht auf dem Director’s Cut von 2009, der uns neben damaligen grafischen Neuerungen auch komplett neue Handlungsstränge geboten hatte. So beginnt in dieser Fassung das Spiel nicht etwa mit George, sondern mit der Reporterin Nico, die unverschuldeterweise gleich einer Verschwörung auf der Spur ist und im Ursprungsspiel erst etwas später ihren Premierenauftritt hat. Im Gegenzug gibt es aber neue Grafiksequenzen und die eingangs erwähnten bislang unverwendeten Soundfiles zu entdecken.

Klassiker bleibt Klassiker
Trotz fehlender umfangreicher (neuer) Inhalte macht Baphomets Fluch: Die Verschwörung der Tempelritter auch in der Reforged-Version wieder mal einen Heidenspaß! Den Legendenstatus unter den Point-and-Click-Adventures hat der Reihenerstling auf jeden Fall vollkommen zurecht. Steuerung, Pacing, Story, Benutzerfreundlichkeit… alles greift nahtlos ineinander über. Nicht ohne Grund und schon gar nicht unverdient wird dieses Spiel oft in einem Atemzug mit anderen Genreklassikern wie Monkey Island, Indiana Jones and the Fate of Atlantis oder auch Day of the Tentacle genannt. Der Ansatz war zum Release-Zeitpunkt überraschend frisch und bot dem inzwischen etablierten, aber mitunter auch schon ermüdeten Genre einige tolle, neue Facetten. Und so kann auch jedem Neuling, der sich für moderate Knobeleinlagen begeistern kann, Baphomets Fluch nur wärmstens empfohlen werden. Für alle, die sich bereits bestens in Paris, Irland und den anderen Ortschaften des Spiels auskennen, lohnt sich schon allein wegen der tollen Aufbereitung ein erneuter Besuch.

Fazit zu Baphomets Fluch: Die Verschwörung der Tempelritter – Reforged
Pros:
- Schickes, komplett überarbeitetes Grafikgewand
- Bislang unverwendetes Soundmaterial
- Steuerung lässt keine Wünsche offen
- Rätselhilfen einstellbar
- Spagat zwischen Anspruch, Story und Unterhaltung bestens gelungen
- Ursprungsfassung jederzeit zuschaltbar
Cons:
- Inhalte des Director’s Cut fehlen komplett

Mit einer grandiosen Neuauflage und mit viel Respekt vor dem Original macht Baphomets Fluch: Die Verschwörung der Tempelritter – Reforged so ziemlich alles richtig, was man nur richtig machen kann. Durch die nicht überharten und abstrakten Rätsel ist dieses Spiel auch für nur sporadisch am Genre Interessierte uneingeschränkt ans Herz zu legen. Auch den alten Hasen wird es an Atmosphäre so oder so
nicht fehlen. Denn die Ursprungsfassung kann nach Belieben jederzeit aktiviert werden. Hier
wurde an die Fans der allerersten Stunde gedacht, ohne neue potentielle Käufer zu verschrecken.
Ein wirklich rundum gelungenes Soft-Remake, welches die Zeit zum sechsten Serienteil angenehm
verkürzt und trotz des ernsten Grundthemas genug Charisma besitzt, die Geschichte an
notwendigen Stellen aufzulockern. Dem zwar etwas steifen, aber dennoch liebenswerten Humor
wird darüber hinaus auch der nötige Raum zum Entfalten gegeben. Doppeldaumen hoch für
Georges neuen, alten Auftritt!
Das Testmuster wurde uns von Renaissance PR zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!
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