Unusual Findings im Test: Maniac Mansion meets Stranger Things

Zugegeben… so ganz passend ist der Header nicht, denn spielerisch sind die Unterschiede zum Abenteuer rund um Dr. Freds Anwesen doch recht groß. Aber um die Atmosphäre in Unusual Findings zu beschreiben, ist der Vergleich am Ende doch erstaunlich nah dran. Zumindest dürfen sich Kenner von Maniac Manson und der Mysteryserie Stranger Things so eine spielbare Fusion vorstellen.

Es stehen nämlich viele Rätsel an, die gelöst werden wollen, interessante Personen, die interessante Gespräche führen möchten und tonnenweise humorvolle Einlagen, die belacht werden müssen. Und wenn das Gesamtpaket einen in sich stimmigen Eindruck macht, umso besser… willkommen in der Welt von Unusual Findings!

Das Retro-Point-And-Click-Adventure erschien bereits am 12. Oktober 2022 unter anderem im eShop der Nintendo Switch und schlägt mit 19,99 € zu Buche.

Auf diesem Screenshot des Spiels Unusual Findings sind drei Jugendliche im Close-Up zu sehen.
Mit diesen drei sympathischen Herrschaften durchstreift ihr das recht düstere Abenteuer

Retrotechnik, die begeistert!

Oftmals orientieren sich die Entwickler an bekannten Marken und Stilen, beteuern in jedem zweiten Interview, wie eng sie sich an der Zeit der späten 80er Jahre halten und… präsentieren letztendlich ein vollkommen anderes Spielgefühl. „Grafik verpixeln, ein minimalistischer Soundtrack, ein paar Dutzend Rätsel, Standardinventar und ab die Post!“. Aber eben das reicht nicht aus, um sich von der breiten Masse abzuheben.

Inzwischen ist der Markt an Point & Click Adventures riesig und der interessierte Spieler schnell überfordert, wo sich die Spreu vom Weizen trennt. Und ebenda schaffen wir Abhilfe ;).

Auf diesem Screenshot des Spiels Unusual Findings sind ein Mann und drei Jugendliche vor einem Haus zu sehen.
Pennertriert: Alle Charaktere wurden toll synchronisiert und regen zum Schmunzeln an

Unusual Findings ist ein klassisches Point & Click Adventure durch und durch, begeistert aber parallel mit immens dichter Atmosphäre und teils anspruchsvollen Rätseln, die in der liebevoll gestalteten Welt angelegt sind. Nichts weltbewegend Neues also, jedoch stets gut umgesetzt. Dabei sind wir aber nicht alleine auf uns gestellt: Wir sind so gut wie immer mit einem Dreierpack Halbstarker unterwegs, die durch Schule und Nachbarschaft bestens miteinander vertraut sind. Wobei ein kurzer Blick auf die Story und den Hintergrund des Spiels hilfreich ist.

Die Ursprünge des Abenteuers

2021 hat das argentinische Studio Epic Llama eine Kickstarterkampagne ins Leben gerufen, um den Grundstein für Unusual Findings zu legen. Offensichtlich erfolgreich, denn nur ein gutes Jahr später wurde das Spiel fertiggestellt und Ende Oktober 2022 veröffentlicht. Vinny, Nick und Tony sind die Stars dieser 80er Jahre Kleinstadtodyssee (wobei Vinny der einzig spielbare Charakter bleibt, es gibt also keine Aufteilung unter den Dreien wie zum Beispiel bei Day of the Tentacle), die sich nach einem extrem gelungenen Prolog auf Alienjagd begeben.

Doch wie so oft ist nichts so, wie es scheint, denn die Sache gestaltet sich mit zunehmender Spieldauer als wesentlich komplizierter. Und so werden viele Umwege eingeschlagen, um letztendlich die ganze Wahrheit aufzudecken. Einzelheiten sollen an dieser Stelle nicht beleuchtet werden, um etwaige Spoilerei im Keim zu ersticken. Die Story hat schließlich einen großen Anteil am Reiz des Abenteuers.

Auf diesem Screenshot des Spiels Unusual Findings ist ein Mann mit Augenklappe und Schrotflinte im Close-Up zu sehen.
Gewaltbereichernde Schwarzenegger-Klone dürfen für eine waschechte 80er Hommage nicht fehlen! Also alles wie gehabt? Mitnichten!

Manch einer mag es als vertane Chance ansehen, dass nur einer der jugendlichen Butcher spielbar ist, zumindest wären einige Situationen vielleicht besser von Nick oder Tony gelöst worden. Jedenfalls wäre etwas mehr Abwechslung garantiert. Doch halt stop! Unusual Findings hat das Ungewöhnliche nicht nur aufgrund der Story im Namen.

Denn im Hinblick auf den Spielverlauf gibt es Erfreuliches und Rares zu vermelden: Es gibt tatsächlich drei teils komplett unterschiedliche Lösungswege! Abhängig von Vinnys Gesprächsverhalten ändert sich der folgende Handlungsstrang und bietet so logischerweise auch unterschiedliche Enden. Eine sehr außergewöhnliche wie erfreuliche Tatsache, steigt der Wiederspielwert dadurch doch ungemein an.

Fast ausnahmslos bieten Genrevertreter keinerlei alternative Handlungsstränge an (spontan will mir da nur Indiana Jones and the Fate of Atlantis einfallen) und werden nach einmaligem Durchspielen eher uninteressant. Alle Rätsel gelöst, alle Dialoge gehört und über alle Witze gelacht. Nicht jedoch bei Unusual Findings, was diesen Umstand als dicken Pluspunkt für sich verbuchen werden kann.

Auf diesem Screenshot des Spiels Unusual Findings ist ein Alien im Wald zu sehen.
I want to believe

Die Wanderung durch die Spielewelt von Unusual Findings

Aber was bringt einem eine üppige Spielzeit samt Wiederspielwert, wenn man sich durch die Landschaften quälen muss? Nix, so viel ist mal sicher! Und Gott sei Dank hören die positiven Eigenschaften bei Unusual Findings nicht nur mit den unterschiedlichen Wegen nach Rom auf. Die Steuerung sichert den spannenden Ausflug durch die Welt des Örtchens Southplains ab.

Am Rande: Es gibt in den USA tatsächlich einen Ort namens South Plains (Texas), ob dieser jedoch mit der Spielheimat gemeint ist, darf alleine ob der unterschiedlichen Schreibweise bezweifelt werden. Doch das ist nicht wirklich von Belangen, wohl aber die komfortable Eingabe über die Joy-Con. Anfangs wird man das Gefühl nicht los, dass die Stick-Steuerung einen Tacken zu sensibel ausgefallen ist, jedoch verfliegt diese Sorge nach kurzer Spieldauer.

Alle weiteren Eingaben funktionieren so, wie sie sollen und sind zumeist selbsterklärend. Also keine großartigen Ausrisse nach oben oder unten, aber grundsolide. Und das ist doch auch schon mal was.

Auf diesem Screenshot des Spiels Unusual Findings sind drei Frauen und drei Jugendliche zu sehen.
Diese drei Damen sind ca. 5-10 Jahre ältere Ebenbilder der drei Protagonisten. Toller Gag!

Es gibt was auf die Ohren!

Was war zuerst da, das Huhn oder das Ei? Im Falle der Sprachausgabe und der Musik lässt sich festhalten: beides gleichzeitig! Denn schon nach wenigen Momenten im Spiel wird der geneigte Spieler mit qualitativ hochwertig-überzeugenden Dialogen verwöhnt, fast zeitgleich mit typischen 80er Jahre E-Drum/Synthiemelodien. Das alles wirkt wie aus einem Guss und lässt zu keiner Zeit erahnen, dass sich hier eher unerfahrene Entwickler und Komponisten ausgetobt haben.

Eine recht auffällige Anzahl an Charakteren wurde von ein und derselben Person eingesprochen, die jedoch durch Stimmverfremdungen fast nicht als solche entlarvt werden kann, zumindest in den allermeisten Fällen. Mag sich der ein oder andere an stimmlich deutlichen Übertreibungen stören (gerade der Penner im ersten Akt haut echt alles raus!) so ist das zwar nachvollziehbar, jedoch sollte nicht in Vergessenheit geraten: Wir haben es hier mit einem ohnehin überspitzt humorvollen, teils phantasieüberladenen Adventure zu tun, welches offenkundig auch zu keiner Zeit ernst genommen werden will.

Von daher gehen die hin und wieder im positiven Sinne aufdringlich sprachlichen Entgleisungen absolut in Ordnung! Auch die deutsche Übersetzung der Texte (deutsche Sprecher gibt es nicht) ist durchweg gelungen. Die Musikstücke verdienen eine gesonderte Erwähnung, da einige Songs extra fürs Spiel lizensiert wurden. So darf man sich als Musikfreund der 80er Jahre unter Anderem auf Dead or Alives „You Spin Me Round (Like a Record)“ freuen und wird darüber hinaus noch so manch andere bekannte Melodie entdecken bzw. erhören.

Auf diesem Screenshot des Spiels Unusual Findings sind drei Männer in einer Bar zu sehen.
Heldenschicksale

Wo Licht ist…

Bei all den positiven Eindrücken fallen jedoch auch immer mal wieder störende Faktoren ins Auge, die den Spielfluss leider etwas ausbremsen. „Leider“ vor allem deshalb, weil sie leicht hätten vermieden werden können. So nerven die ungewöhnlich großen Hotspotmarkierungen einiger Gegenstände. Besonders auffällig ist dies in den Straßenzügen, in denen parkende Autos einen Großteil des Screens einnehmen und man kaum an ihnen vorbeiklicken kann. Immer wieder kommt es vor, dass man sich deshalb versehentlich an einigen Stellen festklickt.

„Da wollte ich aber gar nicht hin!“, wird es einem so manches Mal genervt entfahren. Macht keinen Spaß, ist nicht witzig und will daher so gar nicht in die ansonsten sehr saubere Technik des Spiels passen. Auch sind einzelne Dialogoptionen immer wieder anklickbar, auch wenn diese in Sackgassen münden. Da hilft nur ein Augenrollen gepaart mit schnellem Weghämmern des Sprachaustauschs, um weitermachen zu können. Das passiert auch leider häufiger, als einem lieb ist. Ein wenig mehr Feinschliff an diesen Ecken und Kanten wäre wünschenswert gewesen.

Zwar ist das alles unschön, sollte aber nicht die grandiose und witzige Spielerfahrung schmälern, die Unusual Findings allen Genrefans bietet. Da sollte auch der für ein Indiespiel ungewöhnlich hohe Preis von 19,99€ (eShop Nintendo, eine Retailfassung gibt es nicht) nicht abschrecken.

Auf diesem Screenshot des Spiels Unusual Findings sind drei Jugendliche in einem Zimmer zu sehen.
Bei der Qualität kann man nur auf eine Fortsetzung hoffen!

Fazit zu Unusual Findings

Pros:

  • Große Spielwelt mit zahlreichen Screens
  • Stets faire, aber anspruchsvolle Rätsel- großartige Atmosphäre
  • Gute Technik, echtes Retro-Feeling- hoher Wiederspielwert
  • (Übertrieben) schöne Sprachausgabe

Cons:

  • Ständiges „Verklicken“ aufgrund zu großer Hitboxen nervt
  • Recht hoher Preis für ein Indiespiel (ca. 20€)

Mit Unusual Findings hat Epic Lama ein spaßintensives und zugleich anspruchsvolles Point & Click Adventure aus dem Hut gezaubert! Zwar gibt es hier und da immer mal kleinere Flaws, aber die muss man schon fast mit der Lupe suchen. Die vordergründige Jagd nach einem (?) Außerirdischen entpuppt sich im Laufe der Story als zwar nicht übermäßig kreative, aber gut durchdachte Verschwörung, die man sich Dank der verschiedenen Lösungswege auch mehrmals antun sollte – schon alleine deshalb, weil einem sonst unterhaltsame Stunden mit tollem 80er Jahre Flair durch die Lappen gehen. Und wer will das schon freiwillig?

Hier also der Aufruf an alle Hobbyabenteurer da draußen: Packt Eure Taschenlampen ein, füllt Eure Thermoskanne mit einem leckeren Heißgetränk und knobelt Euch mit den drei sympathischen Schlaumeiern durch die rätselbehaftete Welt von Unusual Findings – Ihr werdet es nicht bereuen!

Das Testmuster wurde uns von Stride PR zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!

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