Im Juni dieses Jahres enthüllte Square Enix (→ zur Zusammenfassung der Nintendo Direct), dass sie eine Neuauflage des hochgelobten zweiten Ablegers der beliebten Star Ocean-Reihe veröffentlichen. The Second Story, welches übrigens sein 25-jähriges Jubiläum feiert, ist für einige der Lieblingstitel der Spielereihe. Star Ocean The Second Story R erschien am 2. November 2023 und ist sowohl physisch im Einzelhandel (→ zu Amazon) als auch digital unter anderem für die Switch im Nintendo eShop für 49,99 € erhältlich. Die digitale Variante benötigt etwa 11,3 GB Speicherplatz; auch die Retailfassung beansprucht etwa 4 GB eures Speichers, denn leider umfasst die Cartridge nicht den kompletten Inhalt des Spiels – auf der Switch leider eine gängige Praxis von Third-Party-Entwicklern.
Yuichiro Kitao, Producer & Director von Gemdrops, Inc. bekräftigt, dass es ein großartiges Spiel sei, das sowohl von langjährigen Spielern der Star Ocean-Serie als auch von Neulinge gleichermaßen genossen werden kann. Ob dies der Wahrheit entspricht und was die Neuauflage des JRPGs zu bieten hat, erfahrt ihr nun in unserem Testbericht. Solltet ihr dennoch unschlüssig sein, könnt ihr die Demo-Version des Spiels bis zu drei Stunden lang ausprobieren.
Ich hatte die Möglichkeit, diesen Titel zu Testzwecken vor Veröffentlichung zu spielen und berichte nachfolgend von meinen Eindrücken.
Der Beginn einer packenden Story
Star Ocean The Second Story R lässt euch eine ausgedehnte Geschichte erleben, welche sich für die Spielereihe typisch zwischen Science-Fiction und Fantasy einreihen lässt. Dieser Ableger führte das System der zwei Protagonisten ein; dadurch ist es euch möglich, in eine der beiden Rollen zu schlüpfen und die Geschichte aus der jeweiligen Perspektive zu durchleben.
Der Prolog beginnt damit, dass Claude C. Kenny, ein junger Offizier der Pangalaktischen Föderation, zur Untersuchung einer mysteriösen Kuppel auf dem Planeten Milokeenia geschickt wird. Dort entdeckt er einen ungewöhnlich aussehenden Apparat. Er ignoriert die Einwände seines Vaters und kommandierenden Offiziers Ronyx und berührt den Mechanismus, der Claude daraufhin hineinzieht und ihn an einen entfernten Ort transportiert.
Als er diesen genauer erkundet, entdeckt er ein Monster, das gerade ein junges Mädchen angreifen will. Er stürzt sich dazwischen und schießt mit der Phasenpistole, die ihm sein Vater geschenkt hat. Als das Mädchen – Rena Lanford – sieht, wie Claude sie mit dieser Waffe rettete, hält sie ihn für eine Gestalt aus den Mythen ihrer Heimat: einen Helden, der ein Schwert des Lichts trägt. In der Hoffnung, dass er tatsächlich der Auserwählte ist, der die ganze Nation rettet, nimmt sie ihn mit in ihr Dorf. Von diesem Zeitpunkt an entfaltet sich eine vielschichtige, mitreißende Story mit unerwarteten Wendungen. Alleine für diese benötigt ihr mindestens 40–50 Spielstunden; möchtet ihr alles sehen und eure Fertigkeiten komplett ausarbeiten, könnt ihr locker noch mal etwa die gleiche Zeit einplanen.
Star Ocean The Second Story R: Das actionreiche Kampfsystem
Star Ocean The Second Story R setzt für die damalige Zeit untypisch nicht auf rundenbasierte Kämpfe, sondern auf ein Echtzeit-Kampfsystem. Ihr bewegt euch frei im Kampfbildschirm und könnt sowohl defensive als auch offensive Haltungen annehmen. Im Nahkampf könnt ihr eure jeweilige Waffe verwenden; außerdem könnt ihr gegnerischen Attacken ausweichen. Neben den klassischen Angriffen verfügt jeder der insgesamt 13 spielbaren Charaktere über eine Spezialtechnik bzw. Symbologie (Magie), die MP verbrauchen und erhöhten (Elementar-) Schaden zufügen bzw. heilende Eigenschaften besitzen.
Zusätzlich zur klassischen Klopperei wurde in dieser Neuauflage das sogenannte Break-System implementiert: Jeder Gegner im Spiel besitzt einen Schildwert. Wenn dieser Null erreicht, wird der Feind vorübergehend handlungsunfähig, so dass mehr Schaden angerichtet werden kann. Dieses System findet auch bei den eigenen Charakteren Anwendung. Sollte einer eurer Charaktere in den Break-Zustand fallen, habt ihr die Möglichkeit, Hilfe von einem Mitstreiter zu erhalten, welcher sich nicht aktiv im Kampf befindet. Als weiteres Element zu eurem Nutzen lassen Gegner im Kampf bei kritischen Treffern oder beim Besiegen Kugeln fallen, welche für Bonuseffekte genutzt werden. Habt ihr genügend Kugeln gesammelt, könnt ihr bis zu drei Bonuseffekte freischalten. Die Bonusanzeige wird durch den Break-Zustand wieder zurückgesetzt.´
Grinding ist nicht dem Zufall überlassen
Anders als bei klassischen JRPGs setzt Star Ocean The Second Story R nicht auf Zufallskämpfe. Auf der Weltkarte und in Dungeons findet ihr stattdessen Symbole für Gegner. Diese sehen aus wie kugelförmige Geister und unterscheiden sich farblich in drei Arten: Das grüne Symbol steht für schwache Gegner, das blaue für normale und das rote für starke Feinde. Berührt ihr das Symbol, startet der Kampf. Ihr solltet darauf aus sein, diese von der Hinterseite anzugreifen, um einen Vorteil bei Kampfbeginn zu erhalten. Umgekehrt heißt es außerdem, dass ihr euch nicht von hinten angreifen lassen solltet, um einen Hinterhalt und somit Nachteil zu vermeiden.
Befinden sich mehrere Symbole in unmittelbarer Nähe beieinander, triggert das Berühren einer dieser Symbole ein Kettenkampf mit beispielsweise zwei oder drei aufeinanderfolgenden Kämpfen. Gerade für Suchende von Herausforderungen bieten sich diese Kämpfe an, denn diese haben es teilweise in sich. Zudem bieten sich diese dafür an, seine Charaktere aufzuleveln. Dies ist unabdingbar, da der Schwierigkeitsgrad sonst zu steil innerhalb zweier Gebiete ansteigen kann. Auch die farblichen Gegner-Symbole sind hier nur ein ganz grober Anhaltspunkt, denn bereits „blaue“ Gegner können euch – vor allem bei Hordentypen – vor große Probleme stellen.
Je nachdem, wie es euch beliebt, könnt ihr den Schwierigkeitsgrad zu jeder Zeit außerhalb der Kämpfe anpassen. Wählt ERDE für entspanntes Spielen, GALAXIE für eine angenehme Herausforderung oder UNIVERSUM, wenn ihr euer Können auf die Probe stellen wollt. Sollten in einem Kampf alle eure aktiven Charaktere kampfunfähig – LP auf 0 – werden, verliert ihr und habt dann zwei Optionen weiterzumachen: Einerseits könnt ihr es erneut versuchen und startet direkt im Kampf; vorher habt ihr die Gelegenheit, im Menü Anpassungen zu tätigen. Andererseits könnt ihr zum Titelmenü zurück und beim letzten Speicherpunkt fortfahren. Besiegt ihr alle eure Feinde im Kampf, erhaltet ihr als Belohnung viererlei Dinge: Neben den in JRPGs obligatorischen Erfahrungspunkten und Geld sammelt ihr nach Kämpfen ebenso Fertigkeitspunkte (FP) und Kampfpunkte (KP).
Weitreichendes Skillen sorgt für Individualität der Charaktere
Diese können in Fertigkeiten und Fähigkeiten umgewandelt werden sowie eure Spezialtechniken bzw. Zauber verbessern. Bei den Fertigkeiten steht euch eine große Auswahl verschiedenster Handwerke bzw. Spezialisierungen zur Verfügung. Durch aufwerten dieser könnt ihr Fertigkeiten – wie Alchemie, Herstellung und Kochen – erlernen. Dies erfordert wiederum das Leveln mehrerer verschiedener Fertigkeiten. Durch diese Crafting-Elemente ist es euch beispielsweise möglich, Heil-Items herzustellen oder sogar spezielle Ausrüstung zu fertigen.
Kampffertigkeiten sind ebenfalls zahlreich aufzuleveln und haben die unterschiedlichsten Effekte während eines Kampfes. Manche lassen euch zufällig einen Angriff eines Feindes ausweichen, eure Angriffsstärke erhöhen oder die Wirkzeit eines Zaubers verkürzen. Mithilfe von Missionen, die ihr bei Gilden in Städten erhaltet, könnt ihr des Weiteren Items und Zutaten für die verschiedensten Handwerke und Spezialisierungen erhalten.
Generell hat Star Ocean The Second Story R viel in Bezug auf Skills zu bieten; dies führte nicht selten zu Überforderung, da unzählige Möglichkeiten zur Individualisierung vorhanden sind. Gerade, weil ihr durchs Crafting exklusive Items und Ausrüstung erhalten könnt, solltet ihr hier jedoch möglichst den Überblick behalten oder euch Tipps einholen.
Auch neben den Kämpfen gibt es einiges zu entdecken
Bei einem klassischen JRPG sind die Kämpfe zweifelsohne wichtig, aber mindestens genauso relevant sind die Erkundungen in den Städten und die Interaktionen der Charaktere untereinander bzw. mit den NPCs. Jeder Ort und jede Stadt versprüht sein eigenes Flair und wirkt auf die jeweilige Art lebendig und realistisch. Die Unterhaltungen mit den NPCs sind meist auf das Nötigste beschränkt und wenig inspiriert. Die Gespräche der Charaktere untereinander sind Story-technisch zunächst vorgegeben, können je nach Entscheidungen in den sogenannten „privaten Aktionen“ jedoch variieren und sogar Auswirkungen auf die Story haben. Dies bringt eine Vertiefung der Story mit jedem Playthrough und sorgt für einen hohen Wiederspielwert.
Star Ocean The Second Story R ist ein visuelles Meisterwerk
Wie schon beim Gameplay scheint Gemdrops, Inc. auch bei Grafik und Musik die Wichtigkeit eines Remakes verinnerlicht zu haben, welches seinen Wurzeln trotzdem treu bleibt. Um den Charme des Originalspiels beizubehalten, wählte das Entwicklerstudio eine Mischung aus 2D- und 3D-Visualisierungen. Während die Charaktere in 2D-Retro-Pixel animiert sind, erlebt ihr mit diesen ein Abenteuer in einer bezaubernden 3D-Welt mit Umgebungen, der dank spezieller Shader ein realistisches Gefühl verliehen wurden.
Dadurch wirkt Star Ocean The Second Story R auf der einen Art wie ein frisches Spiel, auf der anderen Seite bleibt das nostalgische Gefühl weiterhin bestehen. Dabei läuft das Spiel zu jeder Zeit butterweich und sieht dabei selbst auf der in die Jahre gekommenen Nintendo Switch wunderschön aus. Bemerkenswert sind ebenso die angepassten Charakter-Artworks, die perfekt zum gewählten Grafikstil passen und erfrischend wirken. Im Statusmenü könnt ihr sogar zwischen den drei Stilen der Charakter-Artworks wählen: Original aus der PS1-Version, aus dem Remaster für die PSP aus 2009 und den neuen Avataren aus der Neuauflage.
Musikalischer Volltreffer
Nicht nur optisch weiß die Neuauflage zu gefallen; auch soundtechnisch hat der Titel einiges zu bieten. Der überragende Soundtrack des Originals wurde neu orchestriert und arrangiert – verantwortlich zeichnet sich hier Kompomist Motoi Sakuraba, bekannt durch die Tales- und Star Ocean-Reihe; er komponierte bereits den Soundtrack zum Original. Neben den bekannten Musikstücken wurden für einige Bosskämpfe oder andere wichtige Momente sogar neue Tracks komponiert. Ihr könnt im Spiel zu jeder Zeit in den Einstellungen zwischen dem Original und dem neuen Arrangement wechseln. Neben der musikalischen Darbietung ist auch die weitere soundtechnische Kulisse gelungen.
Herausragend ist auch die Sprachausgabe, welche die Charaktere wahlweise japanisch oder englisch sprechen lassen. Für das japanische Voice-Over kamen sogar Mitglieder der ursprünglichen Besetzung zum Einsatz. Aber auch die englische Sprachausgabe ist äußerst gut gelungen; allen voran die Synchronisation der beiden Hauptakteure klingt sehr authentisch und sorgt für ein immersives Erlebnis. Während beim Remaster des ersten Ablegers nur eine japanische und englische Textausgabe berücksichtigt wurde, hat Square Enix bei Star Ocean The Second Story R weitere Sprachen integriert: Neben Französisch, Italienisch und Spanisch ist auch die deutsche Textausgabe verfügbar. Hier und dort haben sich allerdings kleinere Fehler eingeschlichen bzw. wurden unsaubere Übersetzungen gewählt – Stand vor Release des Spiels.
Fazit zu Star Ocean The Second Story R
Pros:
- Die Story ist vielschichtig und fesselnd
- Quality-of-Life Anpassungen
- Neue Features bereichern das Kampfsystem
- Keine Zufallskämpfe
- Drei unterschiedliche Schwierigkeitsgrade
- Weitreichende Skill- und Crafting-Möglichkeiten
- Entscheidungen haben Einfluss auf die Story
- Visuell erste Sahne
- Musikalisch herausragend
Cons:
- Notwendiges Grinding
- Überforderung aufgrund unzähliger Möglichkeiten zur Individualisierung (Handwerke und Spezialisierungen)
Star Ocean The Second Story R ist ein nahezu perfektes Remake des 1998 veröffentlichten Klassikers. Es respektiert seine Wurzeln und sorgt mit sinnvollen Quality-of-Life-Anpassungen sowie neuen Features für ein erfrischendes Erlebnis, welches sowohl von Veteranen als auch von Neueinsteigern genossen werden kann. Es ist ein audiovisuelles Meisterwerk, welches vor allem durch seine Story, aber auch durch sein Gameplay überzeugen kann. Die Neuauflage zeigt eindrucksvoll, wieso dieser Reihenableger als Fanliebling gilt.
Abzüge gibt es aufgrund des leider notwendigen Grindings, da es sonst zu großen Anstiegen im Schwierigkeitsgrad kommen kann. Des Weiteren können die schier unglaubliche Anzahl an unterschiedlichen Handwerken und Spezialisierungen überfordern und vom eigentlichen Kern-Gameplay ablenken.
Das Testmuster wurde uns von MSM.digital bereitgestellt. Vielen Dank dafür!
Marcel ist im Jahr 1986 geboren, dem Jahr, wo seine Lieblings-Spielereihe ihren Ursprung hat: The Legend of Zelda. Mit seinen nun mehr als 30 Jahren Lebens- und ca. 25 Jahren Nintendo-Erfahrung versucht er euch mit Liebe und Leidenschaft auf dem Laufenden zu halten!
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