Rise of the Triad: Ludicrous Edition im Test: gelungene Umsetzung eines gealterten Klassikers

Die Nightdive Studios haben wieder zugeschlagen! Nach vielen kleineren und größeren Steinen auf dem Weg zum Release ist Rise of the Triad: Ludicrous Edition am 29. September 2023 auch endlich für die Nintendo Switch und andere Konsolen erschienen. PC-Gamer durften sich bereits seit dem 31. Juli ins bleihaltige Abenteuer stürzen. 2020 erstmals angekündigt, war es lange Zeit still bis es erst in diesem Jahr endlich recht schnell voranging und eine zeitweise sogar tot geglaubte Veröffentlichung in greifbare Nähe rückte. Doch hat sich das Warten für diesen Boomer-Shooter-Klassiker aus der Schmiede Apogee überhaupt gelohnt?

Diese Frage ist mit einem glasklaren „JA!“ für alle Fans von Rise of the Triad zu beantworten. Denn die Umsetzung und üppigen Erweiterungen (es gibt sogar eine brandneue Episode, die nur für diese Edition entwickelt wurde) sorgen für viel Liebe bei der eingefleischten Gemeinschaft und ist auch sehr gelungen. Da die renommierten Nightdive Studios inzwischen als absolute Profis für vorbildliche Ports von PC- und Konsolenklassikern bekannt sind, ist dies schon als wohlige Selbstverständlichkeit anzusehen.

Auf diesem Screenshot des Spiels Rise of the Triad ist ein kniender Gegner inmitten von Leichen zu sehen.
Um Gnade bettelnde Gegner stehen bei Nichtbeschuss wieder auf und ballern weiter

Doch nicht nur die erwähnte neue Episode rechtfertigt das Prädikat „Definitive Edition“. Weitere Möglichkeiten wie opulente Anpassungen in den Menüs (sogar Soundtrackeinstellungen können vorgenommen werden) und eine variable Gegnergesundheit sind einstellbar. Switch-exklusiv gibt es auch hier wieder die fast schon obligatorische Bewegungssteuerung. Diese ist gut gelungen, aber mir persönlich zu hakelig… vermutlich alles nur eine Frage der Gewöhnung. Aber nach über drei Jahrzehnten Maus-, Tastatur- und Joystick-Steuerung werde ich mit der Bewegungssteuerung nicht mehr warm. Aber es soll ja Leute geben, die mit der noch recht neuartigen Bewegungseingabe spielen, was nur geht – und an die wurde lobenswerterweise eben auch gedacht. Alle anderen müssen zuerst im Menu diese Steuerungsmöglichkeit ausschalten, da sie als Standard voreingestellt ist. Das sollte gerade noch machbar sein. Und jetzt… rein in die Schlacht? Fast, denn etwas Story gibt es dann doch…

Auf diesem Screenshot des Spiels Rise of the Triad ist ein Statusbildschirm mit unterschiedlichen Werten zu sehen.
Ein Statusbildschirm nach Beenden eines Levels gehört einfach dazu

Story? Naja, wenn es denn sein muss

…obwohl noch weniger nichts gewesen wäre. Es ist aber auch wieder mal ungemein kreativ und spannend: Terroristen – genauer gesagt ein faschistisch-anmutender Clan – wollen Atomraketen auf Los Angeles abfeuern. Ihr müsst das mit eurer Anti-Terror-Einheit namens H.U.N.T. verhindern und dürft euch sogar einen von fünf Charakteren aussuchen, die sich in Standardwerten wie Gesundheit und Schnelligkeit unterscheiden. Schnarch… storytechnisch noch unter Duke Nukem anzusiedeln, aber über Pong. Immerhin. Es kommt glücklicherweise auf andere Werte an. Deshalb nun die brennende Frage: Wie
schlägt sich Rise of the Triad: Ludicrous Edition denn so in der Kernkompetenz Ballern?

Munition? Wir brauchen keine Munition!

Quasi mit den ersten Schüssen aus der Starterpistole im Anfangsareal nehmen wir eine zweite, baugleiche Puste für die linke Hand auf. „Warum nicht gleich mit zwei Knarren starten?“, mag sich der baller-affine Endkonsument nun fragen. Tja, gute Frage, die nie beantwortet werden wird, sollten sich die Entwickler dahingehend nicht äußern. Vielleicht hat der eine oder andere Leser darauf ja eine einleuchtende Antwort. Jedenfalls machen sich zwei Pistolen echt schick und befördern die faschistoide Sektenbrut wieder direkt in die Hölle. Schnell stürmen weitere Schergen auf euch zu und so langsam sucht man die
Munitionsanzeige… und findet sie nicht! Zumindest nicht in Zahlenform, denn da, wo normalerweise die entsprechende Auskunft über die verbleibenden Kugeln zu finden wäre, hat es sich eine liegende Acht gemütlich gemacht. Wir verfügen also über einen unerschöpflichen Vorrat an Munition! Das gilt sowohl für die Pistolen als auch für die Maschinenpistole, die in den folgenden Spielminuten zu finden ist.

Auf diesem Screenshot des Spiels Rise of the Triad ist ein blutender Gegner und eine
Hundeschnauze zu sehen.
In wenigen Situationen dürft ihr als Hund (!) die Umgebung erkunden und zerbeißen

Immer mehr macht sich die Gewissheit breit, dass wir es bei Rise of the Triad: Ludicrous Edition nicht mit einem komplett herkömmlichen First-Person-Shooter, sondern mit einem sogenannten Boomer-Shooter zu tun haben. Soll heißen, dass mal kleinere, mal größere Gegnerwellen auf einen zurollen und der Spielerschaft ans Leder wollen. Unsere Mission ist es also über weitere Strecken, Herr dieser misslichen Lage zu werden und einfach alles erbarmungslos niederzumähen, was einem vor Kimme und Korn kommt. Die Serious Sam-Reihe hat diese Spielmechanik später aufgegriffen und entsprechend weiterentwickelt; hier sind wir aber bei diesen Anfängen live dabei. Also fast 30 Jahre später. Mit der Best-of-Compilation. Und gerade da liegt der Hase im Pfeffer.

Rise of the Triad: Zwischen Vorfreude und Skepsis

Ich habe mich unendlich gefreut, dass Rise of the Triad neu aufgelegt und ENDLICH auch erstmals für alle gängigen Konsolen portiert wurde. Es ist nämlich einer der ganz wenigen 90er Jahre Shooter, den ich persönlich bislang nie gespielt habe. Auch Gameplay-Videos habe ich so gut es ging gemieden, um ein Stück Shooter-Geschichte unvoreingenommen nachholen zu können. Ehemals als direkter Nachfolger von Wolfenstein angekündigt, wurde im Laufe der Entwicklung ein eigenständiges Spiel entworfen, umgeworfen, neuentworfen und schließlich auf den Markt geworfen. In Deutschland natürlich nur für wenige Monate, denn die damalige Sitten- und Anstandspolizei der BPjS (Bundesprüfstelle für Jugendgefährdende Schriften, heute BZkJ) hatte wenig Besseres zu tun, fast alle
Neuerscheinungen im FPS-Bereich recht schnell zu indizieren – um die Jugend zu schützen. Vor Spielen, die sich eh nur an Erwachsene gerichtet haben. Ja, so war das damals; die etwas älteren Semester werden sich noch schmerzlich an diese Zeit erinnern.

Auf diesem Screenshot des Spiels Rise of the Triad sind Leute im Dschungel mit Text zu sehen.
Texttafeln mit Standbildern treiben die seichte Story voran

Alter Klassiker auf Hochglanz poliert, ohne zu glänzen

Nun aber rein ins Spielvergnügen und die Waffen durchgeladen! Alles geht direkt von der Hand und benötigt aufgrund der geringen Spieltiefe keine missionslangen Tutorials. Leider ist das auch mit das Hauptproblem von Rise of the Triad: Ludicrous Edition: Es muss nix erklärt werden, denn die wenigen Befehle sind selbsterklärend und simpel. Das kann Spaß machen. Das macht es auch, allerdings nur für eine arg begrenzte Zeit. Vieles findet inflationär Verwendung, zu vieles ist vorhersehbar und nicht sonderlich spannend. Auch die Einbindung der Vertikalen macht den Kohl nicht fett, mit all den Trampolins, schwebenden Plattformen und Ähnlichem. „Man kann Shooter von heute doch nicht mit einer Schießbude aus den Neunzigern vergleichen!“. Stimmt. Aber dennoch wichtig zu sehen, wie gut oder schlecht ein Programm gealtert ist.

Oldie but no Goldie

Daher eine kurze Einordnung in den zeitlichen Kontext. Rise of the Triad feierte in seiner Ursprungsfassung im Dezember 1994 seinen Release. Mit einer modifizierten, aber immer noch merklichen Wolfenstein-Engine im Gepäck. Das Ursprungs-Doom ist im Dezember 1993, also fast genau ein ganzes Jahr früher erschienen. Hoppala. Wir haben also einen Genre-Konkurrenten, der 12 Monate vorher bereits die Welt der First-Person-Shooter revolutionierte, mit brandneuer Engine, spannenden Shootouts, ikonisch designten Leveln und Gegnern… Hey, es war und ist eben Doom, da bedarf es keiner weitreichenden Erklärung mehr. Das Hauptproblem von Rise of the Triad ist also nicht nur der eher
magere spielerische Content, sondern schlichtweg der technische Aspekt, der den Titel bereits zum Release hat steinalt aussehen lassen.

Auf diesem Screenshot des Spiels Rise of the Triad ist eine Wache und Flammen zu sehen.
Auch Feuerfallen (und viele weitere!) trachten nebst Schergen nach eurem Leben

Und das schlägt sich natürlich auch in der Ludicrous Edition nieder, denn das Spiel ist einfach hoffnungslos miserabel gealtert. Während sich Titel wie besagtes und betagtes Doom, Duke Nukem 3D oder auch Quake selbst nach (fast) 30 Jahren immer noch behaupten können, spielt sich Rise of the Triad einfach nicht mehr rund. Die 60 fps auf der Switch mit bestmöglicher Auflösung sind hervorzuheben, aber das Spiel spielt sich bisweilen ZU schnell, es wirkt hektisch, konfus, oftmals aufgesetzt und langweilig. Es gibt also keine neuen Probleme, sondern nur die ursprünglichen. Ein Remake 2013 hat versucht, dem Ganzen neues Leben einzuhauchen und den Geist weiterleben zu lassen, aber darüber hüllen wir mal ganz schnell den Mantel des Schweigens. Das war nämlich nix.

Fazit zu Rise of the Triad: Ludicrous Edition

Pros:

  • Umfangreiche, sinn- und liebevoll erweiterte Version
  • 60 fps mit gestochen scharfer Optik
  • Tonnenweise Secrets
  • Tolles 90er Jahre Flair
  • Erstmals auf Konsolen spielbar

Cons:

  • Maximal mäßig innovativ
  • Stark schwankender Schwierigkeitsgrad
  • Schlecht gealtert
  • Spielspaß nimmt recht schnell ab

Nicht falsch verstehen: Für Fans und Retrobrillen-Nostalgiker, die sich schnell und gerne in alles schockverlieben, was schön pixelig und alt ist, ist diese Edition die Erfüllung aller Träume. Es gibt nebst Tonnen an Optimierungen und Erweiterungen sogar einen ausufernden Multiplayer (samt Originalkarten) und eben so viel mehr, wofür die Ursprungsversion damals geliebt wurde. Und eben an diese Romantiker und Freunde richtet sich das Spiel, vollkommen klar. Nightdive Studios haben auch dieses mal wieder
alles richtig gemacht und zeigen lieblosen Konvertierungen zum Unverschämtpreis (GTA: The Trilogy; winke, winke!) mal wieder, wie ein Port gemacht wird. „Von Fans für Fans!“ – so abgedroschen wie es klingen mag, es stimmt hier einfach.

Für all diejenigen, die das Spiel bis heute noch nie gespielt haben, an dieser Stelle eine sanfte Warnung: Rise of the Triad fühlt sich auch in der vorliegenden Ludicrous Edition nicht gut gealtert und des Öfteren sperrig an. Die Goodies sind durch die permanent verfügbare Speicherfunktion teils obsolet, denn 100 Ankh Symbole zum Erhalt eines Extralebens braucht es nicht mehr. Es bockt, aber eben leider nicht im positiven Sinne. Zweifelnde Interessenten sollten definitiv Probespielen und sich des Umstands bewusst sein, dass ein Großteil des Pulvers in Hinblick auf spielerische sowie grafische Abwechslung bereits in den ersten Leveln verschossen wurde.

Dadurch, dass die Schere dermaßen weit auseinander geht, komme ich nicht drumherum, hier ausnahmsweise zwei Wertungen zu vergeben. Zum einen eine 6,5 für das 1994er Rise of the Triad, welches nach wie vor Kernstück des Ganzen ist und eine 10/10 mit Sternchen für die liebevolle Umsetzung und die vielen hundert Extrameilen, die die Nightdive Studios wie gewohnt abgelaufen sind. Fans MÜSSEN zugreifen und können ihr Geld gar nicht besser investieren, alle anderen… eher nicht.

Das Testmuster wurde uns von Stride PR zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!

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