Pikmin 4 im Test: Die ultimative Gartensimulation

Lange musste man auf diesen Moment warten – bereits 2015 ließ Shigeru Miyamoto verlauten, dass Pikmin 4 nahezu fertiggestellt ist. Daher war es umso erstaunlicher, dass man nach dieser Ankündigung lange Zeit nichts gehört hat. Einige Insider ließen verlauten, dass die Entwicklung in 2019 komplett neugestartet wurde. Nun erschien der neue Ableger der Abenteuerspielereihe rund um die putzigen pflanzenähnlichen Wesen am 21. Juli 2023 für die Nintendo Switch Konsolenfamilie – sowohl im Einzelhandel (→ zu Amazon) als auch digital im Nintendo eShop. Die letztgenannte Variante nimmt 10,7 GB eures Speichers in Anspruch.

Dies ist ein Gast-Artikel von Kilian Pfeiffer

Das Beste kommt zum Schluss, heißt es so schön: Mit dem vierten Teil der Pikmin-Reihe nähert sich die Serie der Perfektion. Unnötiger Ballast wie Zeit-Missionen sind über Bord geworfen. Fans erwartet das ultimative Abenteuer mit den charmanten, kleinen Pflanzenwesen – und ein bellender Wau-Wau, der zum Knuddeln einlädt: Otschin! Als der Abspann über den Bildschirm flimmert, sind 45 Tage in der Spielwelt vergangen. Das war’s noch nicht, leuchtet mir ziemlich schnell ein. Es gibt sie also, eine fünfte, groß angelegte Welt voller Gefahren, Schätze und Überraschungen. Und eine Zusatzstory rund um Captain
Olimar. Das ist gut so, denn die Pikmin-Reihe hat sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt, hin zu
einem Spiel, das man im vorliegenden vierten Teil als den vollendeten Serienvertreter bezeichnen könnte.

Von damals und heute…

Mehr als 30 Stunden war es mein Ziel, Captain Olimar zu finden. Jenen kleinen Weltraum-Helden, der seit Teil eins der Reihe Protagonist und Herr der speziellen Wesen ist, die so putzig daherkommen, dass es ein wahres Freudenfest ist, sie bei ihrer Arbeit zu beobachten. Kein Wunder, denn Shigeru Miyamoto gilt als Schöpfer der bunten Kreaturen. Die Kreativität, die in seinen Spielen steckt, ist auch Zutat der Pikmin-Teile. Hinter mir liegen zu diesem Zeitpunkt vier große Welten und 1.467 gekeimte Pikmin verschiedener
Farben. Ich habe alle Welten zu 100 Prozent abgeschlossen. Alle Schätze sind gefunden, alle gestrandeten
Raumfahrer entdeckt. Ich habe Massen an Feinden erledigt, in typischer Pikmin-Manier. Pikmin – das ist für mich persönlich ein Spiel ultimativer Entspannung. Früher war das nicht so! Denn die Zeit-Missionen waren stressfördernd, oft nervig in der Umsetzung. Die Steuerung war teils knifflig. Jetzt ist Erkundung angesagt, gechilltes Erleben, perfektioniertes Navigieren. An allen Ecken und Enden findet man Verbesserungen, die dem Spielprinzip zuträglich sind und das Eintauchen in die Areale zu etwas Besonderem machen.

Das Bild zeigt einen Kampf gegen einen großen Käfer in Pikmin 4.
Große Feinde erfordern starke Pikmin

Pikmin 4: Eine beeindruckende Rettungsmission

In Pikmin 4 steuert man einen gestrandeten Mini-Astronauten auf Rettungsmission in einer riesigen,
kunterbunten Welt, die sich an reale Vorbilder anlehnt. Ihr seid auf der Suche nach weiteren abgestürzten
Personen, deren Raumschiff eine Bruchlandung erlitt. Auch Captain Olimar verlangt nach Rettung. Den
putzigen kleinen, etwas verwirrt wirkenden Astronauten kennt man aus den vorherigen Serienteilen bestens. Mit Hilfe von Kommandos befehligt ihr die kleinen, pflanzenähnlichen Wesen, die es in unterschiedlichen Farben gibt. Jede Farbe steht dabei für eine spezielle Fähigkeit, die euch nützliche Dienste erweist. Rote Pikmin sind feuerresistent, blaue lieben das kühle Nass. Gelbe Pflanzenwesen sind elektrisierend und können dank geringen Gewichts höher geworfen werden. Weil das noch nicht reicht, haben die Schöpfer des Spiels eine Reihe weiterer Vertreter integriert, die euch in gewissen Momenten hilfreich unter die Arme greifen. So gibt es schwarze Pikmin, die locker massive Mauern einreißen, lila Blümchenträger, die massiv zupacken können. Weiße sind giftresistent, hellblaue Pflänzchen können einen See in eine Eisfläche verwandeln und somit einen Übergang schaffen. Ist der Weg blockiert, befehligt ihr seltene Flug-Pikmin dazu, gefundene Schätze über die Köpfe der Feinde hinweg nach Hause in die Basis zu transportieren. Erst nach und nach erweitert ihr euer Pikmin-Portfolio durch das Sammeln von Pflanzenstempeln und schafft damit zusätzliche spielerische Möglichkeiten, die ihr taktisch klug einsetzen könnt.

Spielerische Vielfalt vom
Feinsten

Als Basis, von wo aus ihr auf Rettungsmission aufbrecht, dient ein hübsches Fleckchen Natur, das nach und nach mit Leben erfüllt wird. Hier tummeln sich gerettete Raumfahrer, ihr könnt Gespräche führen und neu erworbenes Wissen in spielerische Verbesserungen investieren. Dabei sind Kristalle die Währung, die ihr in den Leveln findet und zur Erweiterung der technischen Ausrüstung einsetzt. So lässt sich nicht nur die Widerstandskraft des Protagonisten hochleveln, sondern auch jene eures treuen Begleiters Otschin.

Das Bild zeigt den gelbfarbigen neuen Begleiter Otschin.
Otschin schafft es, bis zu 100 Pikmin und den Spielcharakter auf einmal zu transportieren

Der orangefarbene Wuff-Wuff ist ein absoluter Gewinn für die Spielreihe. Er ist nicht nur ein ungemein nützlicher Kämpfer, sondern transportiert auf Knopfdruck auch Pikmin von A nach B. Auf seinem Rücken kann eure gesamte Truppe, die aus bis zu 100 Pikmin besteht, Vorsprünge überwinden, durch Wasser schwimmen oder gefahrlos an Gegnern vorbeihuschen. Euer Weltraumheld galoppiert auf dem Rücken von Otschin und befehligt von dort aus die kleinen Racker oder steigt wahlweise ab und dirigiert somit ein Meer an wuseligen Pflänzchen. Ein Knopfdruck reicht aus, um einen Angriffsbefehl zu geben, ein Erdloch auszubuddeln oder einen Schatz zu bergen. Otschin ist lernfähig. Je mehr Motivation er durch Erfolge erlangt, desto mehr wird sein Können verbessert. Er beißt sodann kräftiger zu, attackiert schneller oder regeneriert verlorene Lebensenergie in Sekundenschnelle. Dadurch ergeben sich taktische Möglichkeiten: Euer treuer Gefährte plättet Käfer im Nu! Ihr könnt ihm auch Suchaufträge erteilen: Egal ob Pikmin oder Schätze – Otschin findet alles!

Die Jagd nach wertvollen Kristallen in Pikmin 4

Über die Spielwelten verteilt gibt es etliches zu bergen. Das kann im Boden vergrabenes Gemüse sein, ein
Gamecube-Controller oder ein paar lose Knöpfe. Alles ist von Wert und wichtig für den spielerischen Fortschritt. Tagsüber rückt euer selbst erschaffener Held samt Pikmin-Trupp auf Mission aus. Sobald die
Dämmerung ansteht, gilt ein Tag als beendet und ihr müsst zurück zur Basis. In dieser Zeit gibt es in den abwechslungsreichen Rettungsmissionen jede Menge zu tun. In einem Dünen-Level spielt Ebbe und Flut eine wichtige Rolle, in einem verlassenen Haus ist der Wohnzimmer- und Küchenbereich euer Abenteuerareal. Dort ragen z. B. riesige Barhocker in den Himmel und auf einem Küchentisch tummeln sich feindlich gesinnte Kontrahenten. Nur mit Hilfe von Ventilatoren können die Pikmin die Höhenunterschiede überwinden. Wer nicht allein auf Pikmin-Kraft setzt, kann nützliche Items zum Einsatz bringen und etwa Bomben zünden. Eine Vielzahl an Objekten steht euch dabei zur Verfügung, die in der
Basis käuflich erworben werden können.

Das Bild zeigt den Protagonisten in Pikmin 4, wie er einen Gegner anvisiert.
Links oben erkennt ihr den Fortschritt der Tageszeit. Sobald es Nacht wird, solltet ihr zurück in die Basis

Die Spielwelt ist überaus-kreativ gestaltet. So lässt diese nämlich viel Raum für spielerische Freiheiten. Auf der anderen Seite schafft sie auch Abhängigkeit. Wasserpassagen lassen sich erst dann überwinden, wenn ihr das erste Mal auf blaue Pikmin gestoßen seid. Elektrozäune können nur von gelben Pikmin zerstört werden – oder eben dann, sobald Otschin eine Zusatzfähigkeit erwirbt, die ihn vor Elektrizität wappnet. Riesenhafte Käfer, pickende Vögel und fiese Krabben machen eurem Rettungshund und den pflanzenartigen Mini-Wesen das Leben schwer. Oft bewachen sie Schätze, die nur mit einer Armee der knuffigen Blattträger eingesackt werden können. Neu im Spiel und ungemein bereichernd sind die Höhlenabschnitte mit mehreren Ebenen. Dort erwarten euch besondere Herausforderungen, etliche Schätze, seltene Pikmin und Gegner, die euch das Leben zur Hölle machen. Wer eine Höhle zu 100 Prozent abschließt, darf sich freuen. Gewisse Meilensteine im Spiel werden von geretteten Weltraumhelden mit zusätzlichen Kristallen belohnt, die wiederum sinnvoll in bessere Ausrüstung investiert werden können. Habt Ihr ein Dutzend Weltraum-Gestrandete gerettet, werdet ihr belohnt. Je
mehr Pikmin ihr keimen lasst, desto mehr Kristalle erwarten euch.

Die Pikmin in voller Action

Ein besonderes Schmankerl sind die Nacht-Missionen. Darin trefft ihr auf widerstandsfähige Leucht-Pikmin, eine neue Art, die ungemein motiviert. In den kleinen, aber herausfordernden Abschnitten geht ihr mit euren grünen Gesellen auf Gegnerjagd und sammelt Kristalle. Dabei gilt es, die eigene Basis zu verteidigen. In Nacht-Missionen sind die Opponenten besonders aggressiv, was durchaus herausfordernd werden kann. Spezielle Dandori-Level eröffnen euch spannende Duelle mit den sogenannten Laublingen. Wer in einer gewissen Zeit mehr Schätze sammelt und Feinde um die Ecke bringt, gewinnt. Schneidet ihr besonders gut ab, erhascht ihr eine Gold- oder sogar eine Platinmedaille. Dazu ist aber ein perfekter Run vonnöten!

Das Bild zeigt eine Armee aus Leucht-Pikmin in Pikmin 4.
Mit Leucht-Pikmin habt ihr jede Menge Spaß, aber auch die eine oder andere Herausforderung vor euch

Grafisch kann sich das Spiel sehen lassen. Das Switch-Können ist in technischer Hinsicht zwar limitiert, das tut aber nichts zur Sache: Die putzige Optik der Mini-Wesen in überdimensionaler Umgebung ist so toll anzuschauen, dass hochauflösende Grafik unter Umständen kontraproduktiv wäre. In jeder Hinsicht erhaben ist der phänomenal atmosphärische Sound, der die Spielwelt akustisch bereichert. Wenn Otschin bellt, geht einem das Herz auf. Ein Pikmin-Todesschrei lässt euch hingegen zusammenzucken. Wie so oft gibt es in einem Nintendo-Titel statt Sprachausgabe Weltraumabenteurer-Gebrabbel. Und tatsächlich müsst ihr vor allem zu Beginn jede Menge Text lesen – untypisch für ein Nintendo-Spiel!

Fazit zu Pikmin 4

Pros:

  • Lange Spielzeit
  • Konsequente Fortsetzung in Beinahe-Perfektion
  • Otschin bereichert das Spielprinzip
  • Hunderte sammelbare Schätze
  • Eingängige Steuerung
  • Dandori- und Leucht-Pikmin-Missionen

Cons:

  • Ladezeiten
  • Putzige Optik, aber leicht angestaubt
  • Irgendwann ist das Ende erreicht

40 bis 50 Stunden solltet ihr schon einplanen, um in Pikmin 4 alles zu sehen. Mit euren Wuselwesen im Gepäck und Otschin an der Seite ist der aktuelle Teil ein Meilenstein der Reihe und eindeutig der beste Serienvertreter. Dank sinnvoller Neuerungen wie Höhlenexpeditionen, Nacht-Missionen, Dandori-Levels und jeder Menge Items motiviert das Spiel bis zuletzt.

Wer einmal in die Spielwelt eintritt, möchte alles sehen, alles sammeln, jeden Gegner besiegen. Langeweile kommt dabei zu keinem Zeitpunkt auf. Das Schöne dabei. Pikmin 4 ist nicht das Ende des unkaputtbaren Spielprinzips. Nach dem Vierer geht es mit Pikmin 1 und 2 gleich weiter: Nintendo veröffentlicht die Spiele für die Switch neu. Klar, dass die Expedition dort dann fortgesetzt wird.

Das Testmuster wurde uns von Nintendo zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!

Über Marcel Eidinger 1859 Artikel
Marcel ist im Jahr 1986 geboren, dem Jahr, wo seine Lieblings-Spielereihe ihren Ursprung hat: The Legend of Zelda. Mit seinen nun mehr als 30 Jahren Lebens- und ca. 25 Jahren Nintendo-Erfahrung versucht er euch mit Liebe und Leidenschaft auf dem Laufenden zu halten!

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