The House of the Dead Remake – Schlurf, schmatz, peng, repeat! [Test]


Was bisher geschah…
Ladies and gentlemen! Das heutige Review soll auch ein kleiner Ausflug in die Geschichte der Videospiele sein. Denn wir haben es hier mit einem prominenten Vertreter eines absoluten Nischengenres zu tun. Sind First-Person-Shooter auf der Nintendo Switch im Gegensatz zur Konkurrenz schon rar gesät, gesellte sich Anfang April ein Sub-Genre-Vertreter, ein sogenannter Rail-Shooter namens The House of the Dead Remake, zu den Ballerbuden dazu.

Der Begriff „Rail (zu dt. Schiene) Shooter“ ist hierzulande selten anzutreffen, da viele Vertreter im sportlichen Übereifer der früheren Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften / Medien (BPjS bzw. BPjM, seit Mai 2021: Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ)) ganz schnell indiziert wurden. Der Konsum und Erwerb wurde dadurch erheblich erschwert, da selbige Produkte nicht /mehr öffentlich beworben oder verkauft werden durften. Fast selbstredend, dass die Abgabe solcher Spiele nur an Personen über 18 Jahren erlaubt war und teils immer noch ist.

Auf diesem Bild des Spiels The House of the Dead Remake ist ein kahlköpfiges Monster mit dem Gesicht nach unten und viel Blut zu erkennen.
Mit dem roten Lebenssaft wird nicht gespart

The House of the Dead Remake: Wie wird gespielt?

Bei Rail-Shootern wird der Spieler wie auf Schienen durch die unterschiedlichsten Areale gelenkt. Ein eigenes Steuern der Figur ist so gut wie nie möglich und wenn, dann kann der Spieler meist auch nur zwischen zwei vorgegebenen Routen an festgelegten Punkten wählen. Die Eingabebefehle erfolgen normalerweise über eine Lightgun oder eine ähnliche Schießvorrichtung. Aber Ausnahmen bestätigen ja bekanntlich die Regel und so gab es mit Typing of the Dead einen Ableger der Reihe, der die Untoten durch Worteingaben über eine Tastatur (!) in die ewigen Jagdgründe schickte.

Auf diesem Bild zum Spiel The House of the Dead Remake ist ein Arcade Kiosk mit zwei Tastaturen zu erkennen.
Skurril: Der Ableger Typing of the Dead in einer Spielhalle

The House of the Dead ist dabei einer der bekanntesten Vertreter des Genres. Ende der 90er Jahre kam der erste Arcade Automat der Reihe in die Spielhallen und bot dem Spieler kompromisslose, pfeilschnelle und oft auch unfaire Schießereien am laufenden Band. Viele Durchläufe wurden benötigt, um den Abspann bewundern zu können. Denn The House of the Dead bediente sich fast ausschließlich an Trial & Error Passagen. Somit war es quasi unmöglich, einen neuen Shooter dieser Machart in einem Versuch durchzuspielen. Der Durchschnittszocker sah sich bereits nach wenigen Minuten mit dem endgültigen Bildschirmtod konfrontiert. Ständig wurden die D-Markstücke nachgeschmissen, um weiterspielen zu können. Ungläubiges Stirnrunzeln à la „Hab ich ein Loch in der Hosentasche?! Ich kann doch unmöglich schon alle Münzen verballert haben…?“ war da keine Seltenheit. Ach, was waren das noch für Zeiten!

Es war einmal…

Zugegeben, mit einem malerischen Märchen der Gebrüder Grimm hat The House of the Dead Remake auf den ersten Blick nicht viel gemein. Taucht man jedoch etwas tiefer in die Materie ein, kommen immer mehr Parallelen ans Tageslicht: So finden wir auch hier ein verwunschenes Herrenhaus vor, in dem ein verrückter Bösewicht sein Unwesen treibt. Seine zahllosen, abscheulichen Kreaturen schlurfen oder fliegen dabei durch verwunschene Gärten, verzweigte Gangsysteme oder auch gewöhnliche Wohnräume. Curien heißt der Oberschurke, der auch eine bildhübsche Frau in seiner Gewalt hat. Diese muss von unserem Prinzen in spe gerettet und dem düsteren Treiben ein Ende gesetzt werden. Und was hilft dabei mehr als Schwert und Schild? Eine 9mm. Oder besser noch: zwei, sofern ein menschlicher Mitspieler zu greifen ist. Dazu noch ein unerschöpflicher Vorrat an Munition und ab geht die wilde Fahrt!

Auf diesem Bild des Spiels The House of the Dead Remake ist ein großes Fledermausmonster mit einer Beschreibung (rechte Seite) zu erkennen.
Praktischerweise werden immer gleich die Schwachpunkte der Endgegner zu Kampfbeginn aufgezeigt

Die Untoten türmen sich

Bereits nach wenigen Spielsekunden steht die Marschroute fest: Hier wird immer erst geschossen und dann gefragt. Und das ausschließlich mit einem sehr flinken Finger am Abzug, da nur die Kombination aus kurzer Reaktionszeit, schneller Schussfolge und halbwegs präzisem Zielen zum gewünschten Erfolg führt. Wer erstmal gemütlich den Kopf anvisieren und ein paar schwere Treffer landen möchte, kann getrost einpacken. Alle Komponenten basieren auf Geschwindigkeit und nichts anderem. Hin und wieder müssen Zivilisten befreit werden, was meist durch Abwenden einer Zombiebedrohung erfolgt. Und das wiederum heißt, die nahenden Widersacher so schnell wie möglich in ihre Einzelteile zu zerlegen und gleichzeitig die Opfer dabei logischerweise nicht zu verletzen.

Manchmal wird der Spieler dadurch mit einem Extraleben belohnt. Und das ist auch bitter nötig, denn hier wird öfter gestorben als in Souls-like Spielen, was schon was heißen soll. Das schonungslose Vorgehen wird am Ende eines jeden Abschnitts mit Bonuspunkten samt Ranking belohnt. Wer möchte, kann sich an den freispielbaren Trophäen versuchen.

Auf diesem Bild des Spiels The House of the Dead Remake ist ein kahlköpfiges Monster mit einer großen Kettensäge zu erkennen.
Wer so nett nachfragt… eine Runde geht noch!

Die Switch-Version von The House of the Dead Remake

Das Kernspiel ist also derart simpel, dass jedem sofort klar ist, was wann zu tun ist. Das Gehirn kann dabei vorher getrost ausgeschaltet werden, denn das wird zu keiner Zeit gebraucht. Genreüblich setzt auch The House of the Dead Remake auf eine Steuerung mit Lightgun – nur gibt es keine für die Switch. Kein Problem, mag sich manch einer nun denken, denn Dank einiger Dritthersteller können die Joy-Con in gewehrähnliche Plastikschalen geklickt werden und sollen so für das nötige Spielhallenfeeling sorgen… es kommt nur leider keins so richtig auf.

Natürlich geht es auch im klassischen Handheldmodus, mit den Joy-Con an den Seiten der Konsole. Dabei wird ein Fadenkreuz mit einem Stick über den Bildschirm bewegt. Per Knopfdruck wird geschossen und nachgeladen. Klingt mäßig spannend? Ist es aber nicht! Es ist TOTLANGWEILIG und macht nicht mal für 5 Minuten Spaß. Klar, diese Steuerungsmethode muss angeboten werden, ist aber komplett für die Tonne. Folglich lässt sich The House of the Dead Remake auf einer Switch Lite nicht wirklich spielen oder zumindest komplett spaßbefreit.

Die ständige, fast ununterbrochene Rumble-Funktion der Switch wird praktisch bei jedem Schuss aktiviert, so dass es nur noch nervt. Die Konsole surrt und vibriert, dass es eher ab- als antörnend ist. Wer will, darf sich auch an der Gyrosteuerung versuchen, die aufgrund der pausenlosen Hektik auf dem Bildschirm aber auch nicht das Gelbe vom Ei ist. Der Tischmodus ist ebenfalls nicht zu empfehlen, lässt aber erahnen, wo die Reise auf dem großen Fernseher im Dock-Modus hingeht. Denn dort sorgt das Spiel zumindest für ein paar nette Spielstunden.

Auf diesem Bild des Spiels The House of the Dead Remake sind zwei Monster in einer Forschungseinrichtung zu erkennen.
Es gibt natürlich auch ein Geheimlabor… Resident Evil-Flashbacks

The House of the Dead Remake: Download oder doch lieber Retail?

Das Erstlingswerk ist 1996 erschienen und wurde rasch nach Veröffentlichung wie auch die Nachfolger in Deutschland indiziert. Es ist also gut möglich, dass einige mit dem jüngst erschienenen Remake erstmals in Berührung mit der Serie kommen. Nun stellt sich die Frage: Ist ein Konzept, dass seine Blütezeit in den 90ern und frühen 2000ern hatte, über 25 Jahre später überhaupt noch für die heutige Spielerschaft interessant? Von meiner Seite aus es ein klares „Ja!“. Denn Lightgun-/Rail-Shooter sind für den Heimkonsolenmarkt sicherlich technisch ohne Probleme umsetzbar, aber aufgrund des sehr überschaubaren Contents ein absolutes Nischenprodukt.

Es lohnt sich für viele Entwickler schlichtweg nicht (mehr), einen Haufen Geld in die Entwicklung solcher Titel zu stecken. Denn ein Vollpreis von um die 40 Euronen werden höchstens Hardcore-Fans hinblättern, sofern sie Interesse an einer physischen Version haben. Für 20 € ist der Download von The House of the Dead Remake also wesentlich attraktiver. Eine Retailfassung des Spiels gibt es in einer netten Special Edition, der sogenannten „Limidead Edition“ (→ zu Amazon), welche am 26. Mai 2022 erscheint. Diese hat aber keinen neuen Ingame-Content, sondern lediglich einen Stickerbogen, zwei Pappaufsteller (dürften nicht allzu groß ausfallen) und einer exklusiven 3D-Wackelbild-Box. Dadurch wird ein unverhältnismäßig hoher Aufpreis verlangt, das Spiel kostet dann nämlich um die bereits erwähnten 40 €. Für Physical-Only-Fans sicherlich alternativlos, für alle anderen dürfte das Hauptspiel für ca. die Hälfte des Preises ausreichen. Zumindest hat man als Konsument die Wahl und das ist doch auch schon mal was.

Auf diesem Bild des Spiels The House of the Dead Remake ist ein Monster in Nahaufnahme mit zwei Krallenhänden zu erkennen.
Abkömmlinge der Familie Krüger sind ebenfalls im Haus anzutreffen

Das reine Durchspielen wird dabei nicht mehr als ca. 45 Minuten in Anspruch nehmen, also erwartet keinen fünfstündigen Storymodus. Der Reiz des Spiels liegt vielmehr in den verschiedenen Wegen, den interessanten Schauplätzen und der Motivation, nach dem Ableben beim nächsten Mal schneller zu reagieren. Denn die Gegner tauchen stets an denselben Stellen auf. Ein Großteil der Herausforderung liegt also darin, sich die zahllosen Trial & Error-Passagen zu merken. Es soll daher an dieser Stelle noch einmal verdeutlicht werden, dass diese Art von Spiel nicht für jedermann geeignet ist!

Prepare to die!

Es ist also unabdingbar, eine hohe Frustresistenz zu dieser Popcorn-Ballerei mitzubringen, ansonsten wird The House of the Dead Remake schnell wieder genervt ad acta gelegt. Für solche, die damit keine Probleme haben, ist eine schnelle Runde Zombie-Zwischendurch bestens geeignet. Denn was gibt es Schöneres, als nach einem langen Tag einfach mal ordentlich die Sau rauszulassen?

Ja, man wird häufig das Zeitliche segnen, aber wenn einem dieser Umstand bewusst ist, nimmt man ihn nach wenigen Spielminuten schulterzuckend hin. Wer sich nicht intensiver mit der Materie beschäftigen möchte, wird die höheren Spielabschnitte aber nur sehr selten zu Gesicht bekommen. Denn The House of the Dead Remake hat seine Wurzeln nunmal in der Spielhalle und ist logischerweise darauf bedacht, dem Spieler in wenig Zeit viel Kleingeld aus der Tasche zu ziehen. Glücklicherweise wird bei der Switch-Version nicht ständig am Finanzfluss geknabbert. Allerdings bietet die Heimversion nun mal nicht dasselbe Flair wie in der Spielhalle. Klar, man sitzt ja auch zu Hause. Spaß beiseite, bei einem Lightgun-Shooter ist die Knarre nun mal das Spiel!

Ob da nun letztendlich Zombies, Roboter, Menschen oder Dinos über die Flimmerkiste huschen, ist dabei absolut zweitrangig. Die Schießbudenfiguren sorgen mehr oder weniger nur für eine Rahmenhandlung samt Setting. Und da liegt eben auch das grundsätzliche Problem, dass es für die Nintendo Switch durch die Joy-Con maximal einen mäßigen Lightgunersatz gibt, egal, in welcher Vorrichtung diese nun verpackt werden. Denn das einmalige Spielgefühl lässt sich so nur sehr bedingt einfangen.

Die Steuerung ist schwammig, träge und wirkt alles in allem nach zu vielen Kompromissen. Um ein „WOW!“-Erlebnis fürs Wohnzimmer zu kreieren, hätten die Entwickler das Hauptaugenmerk auf die Steuerung legen müssen – das ist hier leider nicht passiert. Wie es um Längen besser gegangen wäre…schaut Euch die insgesamt drei The House of the Dead Ableger auf der Wii an und Ihr wisst, was gemeint ist. Denn da wirkt das Gesamtpaket wesentlich runder und macht auch heute noch eine Menge Spaß. Denn wenn ein Spiel um sein Kernelement beraubt wird, ist der Drops zum Großteil bereits aufgelutscht.

Auf diesem Bild des Spiels The House of the Dead Remake ist ein menschlicher Bossgegner mit Energieleiste zu erkennen.
Man kennt sich: Im finalen Level wird Boss-Recycling par exellence betrieben

Technisch von… bis

Nebst der allenfalls zweckmäßigen Steuerung wird wohl kaum einer behaupten, dass die Switch-Hardware mit diesem Shooter in irgendeiner Art auf die Probe gestellt wird. Die Grafik gibt sich solide und gewollt comichaft. Nichts Besonderes also, aber für eine gute B-Horrormovie-Atmosphäre absolut ausreichend. Die Gegnertypen sind allesamt vernünftig modelliert, das ein- oder andere Detail am Polygonkorsett hätte aber nicht geschadet. Der Waffensound kann sich hören lassen, was bei diesem inflationären Schusswaffengebrauch auch nicht ganz unwichtig ist. Schön satt und schmatzig fallen auch die Treffer
aus, wenn ein Projektil auf eines der zahlreichen Monster trifft.

Die Sprachausgabe… ja, die ist so sehr unter aller Kanone, dass die ohnehin nur oberflächliche Ernsthaftigkeit regelmäßig ins Lächerliche gezogen wird. Man stelle sich vor, GZSZ würde ins Englische synchronisiert. Von einem Haufen Fünftklässler. Die darauf so gar keinen Bock haben. Kaum Sprachmelodie, schlechte Betonungen. Hingerotzt und gelangweilt wie selten – und auch das ist irgendwie eine Art von Qualität, denn die unterirdische Sprachausgabe fügt sich paradoxerweise perfekt ins Geschehen ein. Und das ist kein Witz, sondern rundet das Low-Budget-Flair auf ganz eigene Art ab.

Wir haben es hier mit einem Ausnahmefall zu tun, wo man getrost sagen kann: „OMG, wie schlecht ist DAS denn…geil!“. Die laienhafte Umsetzung ist bei The House of the Dead Remake tatsächlich kein Negativpunkt als solcher, der der Atmosphäre schadet oder durch ungewollt komische Elemente das Gesamtbild zerstört. Im Gegenteil: Hier ist schlechter einfach besser!

Auf diesem Bild des Spiels The House of the Dead Remake ist ein dickes kahlköpfiges Monster ohne Arme zu erkennen.
Lieber Arm dran als Arm ab… Hey, der „Witz“ passt zum Niveau des Spiels!

Fazit zu The House of the Dead Remake

Pros:

  • Verschiedene Wege
  • Technik unterstützt die Atmosphäre
  • Hohe Gegnervielfalt
  • Gewollt und gelungen trashig

Cons:

  • Kaum Immersion durch fehlende Lightgun
  • Im Handheldmodus absolut unbrauchbar
  • Zusatzinhalte auf ganz kleiner Sparflamme
  • Kein alternativer Ursprungs-Modus
  • Hoher Preis der Retail-Fassung

Um das kleine Bisschen Story der gut dreiviertelstündigen, vier Level umfassenden Kampagne eines Durchgangs nicht schon vorwegzunehmen, ist es an der Zeit, dass sich jeder Interessent sein eigenes Bild der Trash-Granate machen sollte. Zumindest, wenn man dem Genre der Rail-Lightgun-Shooter nicht abgeneigt ist und keine State-of-the-Art Technikperle erwartet. Schade ist die verpasste Chance, dass es das Original von 1996 nicht mit aufs Remake geschafft hat. Der charismatische Pixelbrei hätte Pluspunkte sammeln können, denn nicht nur Fans hätten sicherlich Interesse daran gehabt zu sehen, wie die ‚echten‘ Ursprünge der Serie ausgesehen haben.

Sehr schade und nervig hingegen ist der Umstand, dass keine saubere Steuerung mit Gun-Support für das Spiel entwickelt wurde. Da es sich hierbei um die wichtigste Komponente des Spiels handelt, kann nur eine eingeschränkte Kaufempfehlung für Fans ausgesprochen werden. The House of the Dead Remake besticht auf der anderen Seite jedoch durch seinen Charme und der Tatsache, dass sich das Produkt an keiner Stelle selbst allzu ernst nimmt.

Splatter- und Genrefreunde erwartet ein brauchbares Spiel, was aber eben nur am möglichst großen Fernseher halbwegs Spaß macht (vor allem mit einem weiteren Mitspieler) und so viel besser hätte sein können. Für Unterwegs ist es absolut nix, denn im Handheld-Modus wird der Spaß durch die Steuerung und dem viel zu kleinen Bildschirm im Keim erstickt. Für diejenigen unter Euch, die über die eklatanten Schwächen hinwegsehen können: durchladen und Ballern bis die Arme krampfen…Weidmannsheil!

Das Testmuster wurde uns von Forever Entertainment zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!

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