Gerda: A Flame in Winter: Kriegsdrama für Switch im Test

Die Entwickler haben die letzten Monate des Zweiten Weltkriegs als Szenario für ihr Spiel Gerda: A Flame in Winter gewählt. Eine Zeit, die viele Menschen an den Rand des Abgrunds brachte. Ist die Umsetzung gelungen? Mehr dazu in unserem Test.

Der von PortaPlay entwickelte Titel wurde Ende 2021 angekündigt und am 1. September 2022 von Publisher DONTNOD veröffentlicht. Er ist für 19,99 € im eShop verfügbar und nimmt etwa 5 GB eures Speicherplatzes in Anspruch.

In weiten Strecken ist Gerda: A Flame in Winter vor allem eins: Ein Story-Adventure, das durch Dialoge in Textform vorangetrieben wird. Es ist für jeden interessant, dem ernsthafte interaktive Erzählungen gefallen.
Gerda ist kein Spiel, das man stur nach Schema F testen sollte. Es ist mehr als die Summe seiner Mechaniken und eine Testnote bildet nur unzureichend ab, was es ausmacht.

Du vs. Nazi-Besatzer

Das Geschehen verfolgt der Spieler aus der Perspektive von Gerda. Die junge Krankenschwester lebt zur Zeit des Zweiten Weltkriegs im besetzten Dänemark. Ihr Heimatdorf ist in den Händen der Deutschen. Doch im Februar 1945 regt sich zunehmend Widerstand und einige Dänen organisieren sich gegen die Nazis.

Die Lage ist äußerst angespannt, auch für Gerdas Ehemann Anders. Der Verdacht der deutschen Besatzer: Anders könnte Teil einer Widerstandsgruppe sein. In den letzten Kriegsmonaten alles andere als ein Kavaliersdelikt! Und so landet Anders bereits in den ersten Spielminuten in den Fängen der Gestapo.

Gerda, ungeübt im Umgang mit Waffen, setzt fortan vieles daran ihrem Mann zu helfen. Wie sich die Protagonistin auf ihrer Mission verhält, kann der Spieler maßgeblich beeinflussen. Und hier liegt der große Reiz des Titels.

Das Bild zeigt ein Gespräch zwischen Gerdas Familie und der Gestapo in Gerda: A Flame in Winter.
Am Anfang setzt das Game stark auf das Gut-Böse-Schema

Erkunden und ganz viel Reden in Gerda: A Flame in Winter

Ähnlich wie man es von anderen Adventure-Games gewohnt ist, bewegt man in Gerda: A Flame in Winter die Spielfigur aus einer Top-Down-Perspektive. Die meiste Zeit erkundet man Locations ihres Wohnorts Tinglev und der näheren Umgebung oder sammelt bei Gesprächen Hinweise. Meist gilt es eine oder mehrere Quest-Ziele zu erfüllen.

Wie bei TV-Serien ist das Spiel in mehrere Abschnitte unterteilt. Dadurch ist der Titel auch gut geeignet, um nach jeder absolvierten Sequenz eine kurze oder längere Gaming-Pause einzulegen.

Ein Großteil der Spielzeit redet man. Die Besonderheit: Jeder Dialog hat Auswirkungen darauf, wie es um das Ansehen bei einer der Gruppen bestellt ist! Entweder man punktet bei den Besatzern oder dem Widerstand bzw. sammelt bei den Deutschen oder Dänen Pluspunkte. Zusätzlich hat jeder NPC ein persönliches Level an Sympathie für Gerda.

Verhält man sich öfter patzig, passiert es, dass ein Charakter einem später die Unterstützung verwehrt. Durch dieses Spielprinzip sorgt der Titel dafür, dass man Dialoge nicht einfach durchklickt, sondern kurz innehält, bevor man antwortet.
Einige Antwortoptionen wirken zwar konstruiert und die Absicht des Entwicklers ist erkennbar. Meist hat uns das allerdings kaum gestört.

Das Bild zeigt eine schneebedeckte Umgebung.
Jeder Spielabschnitt treibt die Handlung voran

Präsentation auf Sparflamme

Da viel Playtime in Gerda: A Flame in Winter für Dialoge draufgeht, haben die Entwickler doch vermeintlich auf starke Inszenierung gesetzt? Leider nein! Auf aufwendige Animationen wurde verzichtet und so wirkt das Geschehen teils etwas statisch. Die Bildsprache des Titels ist ohnehin eher zurückhaltend. Nichtsdestotrotz haben wir nach einiger Spielzeit an dem speziellen Look Gefallen gefunden. 

Neben Dialogen gibt es vereinzelt Segmente, in denen man Räume nach Gegenständen absucht. Spielerisch ist das wenig anspruchsvoll. Es reicht die Spielfigur zu einem Hotspot zu bewegen und die Interaktionstaste zu drücken.

Dennoch haben die Objekt-Interaktionen teils einen großen Impact: Entwendet man ein dringend benötigtes Medikament aus dem Schrank oder lässt es sein?

Nicht immer ist eine Entscheidung eindeutig gut oder schlecht. Das macht auch den besonderen Reiz aus und zeigt auf der anderen Seite, in welcher misslichen Lage sich die Protagonisten befinden.

Dass man seinen Weg immer wieder mit dem Widerstand und Nazi-Anführern kreuzt, dürfte dabei kaum verwundern.

Das Bild zeigt Nazi-Anführer im Krankenhaus in Gerda: A Flame in Winter.
Auch nach x Spielstunden verlieren die Entscheidungen nicht an Reiz

Fazit zu Gerda: A Flame in Winter

Pros:

  • Respektvoller Umgang mit dem Szenario
  • Viele, interessante Entscheidungen
  • Gut integriertes Sympathiesystem
  • Unterteilung in kleine Häppchen

Cons:

  • Schwache Animationen bei Dialogen
  • Präsentation der Dialoge ausschließlich in Textform
  • Antwortmöglichkeiten wirken teils konstruiert

Auf eine Wertung wird bei diesem interaktiven Drama bewusst verzichtet!

Krieg hat viele grausame Momente und bringt menschliche Tragödien mit sich, die viele glücklicherweise nur aus Geschichtsbüchern und Filmen kennen. Statt reißerischer und überzeichneter Popcorn-Unterhaltung, setzen die Entwickler bei Gerda: A Flame in Winter auf Authentizität und Tiefgang. Mit Erfolg: Die Gesprächs-Optionen und Entscheidungsmöglichkeiten sorgen für viele spannende Momente und fesseln uns trotz der schlichten Inszenierung ans Switch-Display. Und damit ist Gerda: A Flame in Winter weit mehr als eine virtuelle Geschichtsstunde!

Das Testmuster wurde uns von Marchsreiter zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!

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