Voice of Cards: The Isle Dragon Roars – Ein Ass unter den Karten?

Man nehme kreative Köpfe der Drakengard– und der NieR-Reihe, lasse sie zusammenarbeiten und siehe da: Ein originelles Videospieldesign kommt dabei heraus. In dem Fall handelt es sich um das Pen&Paper-ähnliche RPG „Voice of Cards: The Isle Dragon Roars„. Hauptverantwortlich für dieses Projekt zeichnet sich Creative Director Yoko Taro, welcher sich einen Namen mit den oben genannten Reihen machte und sich an einer treuen Fangemeinde erfreut. Nach eigenen Angaben führten zwei Motive zu diesem RPG: Einerseits bietet diese Welt viel Freiraum für die Fantasie des Spieler und andererseits gab es bis dato schlichtweg kein Videospiel, dessen Welt fast ausschließlich aus Karten besteht.
Ich erläutere in diesem Testbericht, dass dieser Titel tolle Stärken, eben aber auch deutliche Schwächen aufweist.

Die Besonderheit von Voice of Cards: The Isle Dragon Roars

Tja, was ist denn nun so besonders an diesem Rollenspiel? Nun, es ist in gewisser Form ein Kartenspiel, ohne ein richtiges Kartenspiel zu sein – aber mit integriertem Kartenspiel! Klingt komisch? Willkommen bei Voice of Cards! In diesem Königreich besteht alles aus Karten. Sowohl sämtliche Charaktere bestehen aus handgezeichneten Karten, als auch die gesamte Oberwelt und dessen Monster. Ja, auch Items, Skills und Ausrüstungsgegenstände sind auf Karten abgebildet. Wer also eine Abneigung vor Karten hat, weil diese in den letzten Jahren allgegenwärtig waren, der verpasst eventuell ein originell aufbereitetes Abenteuer.
Ähnlich wie in Pen&Paper-Formaten steht euch ein sogenannter Game Master zur Seite. Dieser erzählt euch die Geschichte und spricht sämtliche Charaktere.
Damit ihr einen Eindruck von diesem Konzept bekommt, habe ich hier einige Screenshots für euch:

Eine zunächst typisch wirkende Geschichte

Ein selbsternannter Abenteuerer mit Monsterfreundin dürstet im Auftrag der Königin danach, eine gefährliche Kreatur zu töten. Dabei handelt es sich um einen riesigen Drachen, welcher das Land mit seinem bestialischen Gebrüll in Angst und Schrecken versetzt. Doch ist seine Antriebskraft nicht sein unbändiger Altruismus, sondern von viel niederer Natur: Geld. Denn genau darin besteht – neben des grenzenlosen Ruhms – die vom Königshaus ausgestellte Belohnung. Also beginnt eine Geschichte, dessen Anfang man glaubt, schon zigfach gehört zu haben.

An dieser Stelle sei allerdings spoilerfrei verraten, dass nicht alles so simpel ist, wie es scheint. Die Erzählung rund um Voice of Cards: The Isle Dragon Roars bietet im weiteren Verlauf mehrere Überraschungen und Atmosphäre-Wechsel. Leider sind beim Ablauf der Credits noch Fragen offen. Einige Themenstränge bleiben recht lose, ähnlich wie einige Charaktere recht blass bleiben. Im Grunde genommen, reißt das Entwicklerteam Alim effektvoll gewisse Charaktere und Narrativen an, füllt diese aber selten zufridenstellend aus.
Im Laufe des Abenteuers stoßen weitere Protagonisten zu eurer Crew dazu. Die Truppe könnte unterschiedlicher kaum sein. Dadurch entsteht eine amüsante Dynamik innerhalb der Gespräche miteinander.

Das rundenbasierte Kampfsystem

In Voice of Cards: The Isle Dragon Roars kämpfen wir ganz klassisch im rundenbasierten Stil. Bedeutet konkret, dass die verschiedenen Kampfteilnehmer in aller Ruhe nacheinander ihre Aktionen durchführen.
Bei jedem unserer Züge mit den jeweiligen Charakteren erhalten wir ein Juwel, stellvertretend für das bekannte Mana aus anderen Fantasie-Gefilden. Derlei Energie nutzen wir für unsere sogenannten Skills – Fähigkeiten, die wir in Kämpfen gegen unsere Feinde einsetzen. Davon existieren jedoch verschiedene Arten. Neben dem Standardangriff, der keine Juwelen kostet, gibt es mächtigere Nahkampf- und Fernkampfangriffe, die den Einsatz von 1–5 Juwelen voraussetzen und dementsprechend effektiver zum Bezwingen unserer Gegner sind. Daneben existieren auch noch Talente. Dies sind passive Fähigkeiten.

Genretypisch gehören unsere physischen Attacken und Zauber verschiedenen Elementen an. Ihr ahnt es wohl schon: Ja, unsere Feinde besitzen diesen gegenüber sowohl Resistenzen als auch Anfälligkeiten. Es ist also an uns, genau diese Details herauszufinden und uns zu merken. Im Kampf spielen drei Werte eine wesentliche Rolle. Die Lebenspunkte stehen in der Mitte einer jeden Karte, während der Angriffswert links und der Verteidigungswert rechts platziert ist. Kloppt ihr die Lebenspunkte eurer Widersacher auf Null, habt ihr diese besiegt und die Karte verschwindet.

Außerdem könnt ihr auf einen Pool an gesammelten und gekauften Items zurückgreifen. Entscheidet ihr euch dafür, ersetzt diese Aktion euren Angriff. Daher gilt es vorher abzuwägen, was nun sinnvoller ist.
Gewonnene Kämpfe bringen euch Erfahrungspunkte und Gold sowie manchmal auch Items ein. Wo Erfahrungspunkte, da auch ein Levelsystem: Habt ihr genügend gesammelt, steigen eure Helden in der Stufe auf und erhalten zusätzliche Punkte für ihre Attribute Kraftpunkte (Leben), Angriff, Abwehr und Tempo. Der Kampfteilnehmer mit dem höchsten Tempowert beginnt mit einer Kampfaktion.

Ebenfalls ähnlich wie in einem Pen&Paper-Format sind die verwendeten Würfel. Einige Fähigkeiten profitieren von einer hohen Würfelzahl, indem diese die Attacken entweder verstärkt oder spezielle Effekte (wie zum Beispiel eine Paralyse) auslöst.
Ebenfalls mit an Bord sind Stärkungs- und Schwächungseffekte (Buff, Debuff, Angriff, Abwehr).

Voice of Cards – die verschiedenen Orte und wichtige Häuser

In diesem Königreich besucht ihr mehrere Dörfer und Städte, alle mit ihren eigenen kleinen Geschichten. Innerhalb dieser Ortschaften spielen folgende Häuser eine wichtige Rolle:

  • Waffenladen: Hier kauft ihr neue Waffen und Ausrüstungsgegenstände
  • Apotheke: Eine Hexe verkauft euch verschiedene Tränke, die im Kampf nützlich sein können
  • Itemladen: Eine junge Frau bietet euch Items an, die ihr in Kämpfen benutzen könnt
  • Gasthaus: Seid ihr einmal erschöpft und wollt eure Kraftpunkte auffüllen, so übernachtet ihr hier
  • Kutscher: Der Pferdeantreiber fungiert als personifizierte Schnellreisefunktion zwischen den Orten
  • Spielhalle: Spielt ein richtiges Kartenspiel im Kartenspiel

Die Spielhalle ist noch mal ein besonderer Ort, da ihr hier Zeit mit einem richtigen Kartenspiel verbringen könnt. Es geht dabei einfach gesagt darum, entweder Kartenpaare (zwei oder drei gleiche Karten) oder eine Kartenreihe (bestehend aus drei Karten, zum Beispiel 5,6,7) zu bilden. Diese Kartenpaare und-reihen legt ihr auf einen eurer drei Ablagestapel. Ihr spielt mit Karten im Wert von 1–8. Beide Spieler tätigen ihre Züge nacheinander. Karten erhaltet ihr von einem Stapel und zieht jede Runde jeweils zwei Karten. Außerdem existiert eine allgemeine Ablegezone. Kann man mal keine Kartenpaare oder -reihen bilden, legt man dorthin so viele Karten ab, bis man nur noch eine auf der Hand hält. Der darauffolgende Spieler zieht wieder standardgemäß zwei Karten vom Stapel und kann seine Handkarten nun auch mit den Karten aus der allgemeinen Ablage kombinieren. Ihr spielt so lange, bis der Ziehstapel aufgebraucht ist. Immer dann wenn ihr Kartenpaare oder- reihen gebildet habt, legt ihr diese auf einen eurer drei eigenen Ablagen. Die Punkte ergeben sich aus den jeweils addierten Kartenwerten. Wer am Ende die meisten Punkte vorweisen kann, gewinnt die Partie.

Das Schöne an einem Sieg: Ihr erhaltet sogenannte Komponenten. Dies sind alternative Designs eures Spielmaterials auf euren Abenteuern. Beispielsweise schaltet ihr andere Würfel- und Kartendesigns frei. Die Spielhalle motiviert also all jene Spieler, die der optischen Abwechslung und einem richtigen Kartenspiel nicht abgeneigt sind.
Die Komplexität dieses Spiels steigt im Verlauf eurer Siege. In welcher Form das geschieht… das findet ihr am besten selbst heraus.
Insgesamt stellt das Kartenspiel eine nette Abwechslung dar, ist aber an sich auch recht simpel. Später, wenn es komplexer ausfällt und länger dauert, kann eine Niederlage durch den Glücksfaktor frustrierend sein.

Besondere Ereignisse mit Entscheidungsfreiheit

Immer wieder auf unserer Reise kann es auf der Oberwelt, in Wäldern und Dungeons zu besonderen Ereignissen kommen. So passiert es unter anderem, dass wir uns entgegenfliegende Gegenstände schnappen, einer Melodie lauschen, Gespräche mithören oder durch ein auf dem Boden liegendes Fernrohr schauen. Interessanterweise können wir bei derlei Vorkommnissen Entscheidungen treffen, die dann auch unterschiedliche Auswirkungen haben.
An dieser Stelle ein kleines Beispiel: Ich blicke bei einem besonderen Ereignis durch ein Fernrohr und sehe vage einen Beutel. Ich entscheide mich für ein Anschleichen und finde eine gegnerische Kreatur, die allerdings vergiftet ist und leidet. Ich entscheide mich dafür, eines meiner giftneutralisierenden Items zu teilen. Das Monster verschwindet. Später treffe ich es wieder. Es kämpft nicht, sondern legt es nieder und zieht sich zurück. Ich erhalte ein wertvolles Item. Das hätte bei anderer Entscheidung ganz anders ausgehen können. Meine Güte resultierte in eine Belohnung, klasse!

Auch abseits solcher Ereignisse wählen wir zwischen Dialogoptionen, die teils verheerende Wirkungen haben können. Oftmals gestalten sich Dialoge aber so, dass man einfach jede Option abarbeitet und die Reihenfolge keine Rolle spielt. An dieser Stelle hätte ich mir mehr Entscheidungen gewünscht, die einen wirklich starken Impact haben. Der gute Ansatz ist schließlich vorhanden. Es entsteht gerne auch mal ein Zwiespalt, wenn man zum Beispiel entscheiden muss, ob man einer Frau einen Arznei-Diebstahl durchgehen lässt, um ihrem kranken Jungen zu helfen oder die Medizin zur Besitzerin zurückbringt. Schließlich weiß man auch nicht, ob die Frau die Wahrheit erzählt. Genau solches Abwägen und die anschließende Entscheidung gestaltet eine Reise individueller.
Allerdings ist eine klare Richtung auf jeden Fall vorgegeben, sodass man nicht zu viel Freiheit im Abenteuer erwarten sollte.

Das Bild zeigt einen Händler und seine zum Verkauf angebotene Waffe aus dem Spiel "Voice of Cards: The Isle Dragon Roars".
Wie reagieren wir? Investieren oder nicht?

Ein überragender Sprecher

Wie oben bereits erwähnt, stellt das Spiel euch einen Game Master zur Seite. Zur Verfügung stehen lediglich eine englische und eine japanische Sprachausgabe mit der Möglichkeit deutscher Untertitel. Ich habe das Rollenspiel in der englischen Version gespielt und kann daher nur wenig zur Sprechleistung des japanischen Sprechers Hiroki Yasumoto berichten, außer, dass er nach kurzem Reinhören sehr gut klingt. Zum englischen Sprecher, Todd Haberkorn, hingegen kann ich euch verraten, dass dieser Mann sich absolut perfekt für diese Rolle eignet. Er spricht alles. Von der allgemeinen Erzählung bis zu den Dialogen zeigt er sein Können auf höchstem Niveau. Gleich zu Anfang begrüßt er euch und leitet das Abenteuer gekonnt ironisch und sarkastisch ein. Allgemein klingt seine Stimme angenehm ruhig und weise.

Square Enix hatte allerdings schon immer ein gutes Händchen für fähige Sprecher bewiesen. Da der Game Master hier eine extrem tragende Rolle spielt, bin ich froh, dass man hier einen Sprecher der Extraklasse gewählt hat. Immerhin liegt ein Großteil der Atmosphäre auf seinen Schultern.
Solltet ihr das virtuelle Abenteuer starten, wisst ihr innerhalb der ersten Sekunden, wovon ich schreibe. Es liegen Nuancen in seiner Stimme und seiner Sprechweise, die sich schwierig in Worte fassen lassen. Mich hat er stark beeindruckt und ich habe ihm gerne zugehört.

Voice of Cards punktet bei der Atmosphäre und der Inszenierung

Es ist schon erstaunlich, wie viel man aus einer Welt, bestehend aus Karten, in puncto Atmosphäre und Inszenierung rausholen kann. Mich beeindruckte es immer wieder aufs Neue, wie sich Gesprächsthemen und Stimmungen in den Bewegungen und den Zuständen der Karten widergespiegelt haben. In der Demo beispielsweise spielt man drei Charaktere eines weißen Ordens. Natürlich unterscheiden sich die Gemüter der drei. Das zeigte sich sogar an der Art der Verbeugung vor der Königin. Man kann langsam und bedacht oder kurz und knapp seinen Respekt zeigen. Und genau solche Momente gibt es haufenweise in diesem Spiel. Schleicht ein Dieb umher, sieht man die Karte nur halb am Rand, bekommt jemand einen Schlag ab, wirbelt er herum, selbst ein schlechter Gesundheitszustand kann so dargestellt werden. Auch der Zustand einer Karte kann beispielsweise zeigen, dass jemand gerade bei einem Streit ordentlich kassiert hat – so kann die Karte maltretiert, zerissen sein.
All das gilt natürlich auch für die Kämpfe. Die Karten drehen sich, fliegen im Zickzack, wirbeln umher und vieles mehr. Insgesamt fängt Entwickler Alim dadurch die Szenerie sehr gekonnt ein und gestaltet die Geschichte und die Charaktere viel greifbarer.

Dies setzt sich bei der Akkustik fort. Music Director Keiichi Okabe gelingt der Kunstgriff, den Spieler mit sowohl melancholischen, traurigen als auch fröhlichen, actionreichen sowie epischen Tracks in den Bann zu ziehen. Nicht selten entwickelte sich bei mir eine richtige Gänsehaut durch angenehme und unangenehme musikalische Untermalung. Selbst dessen Abstinenz vollführt in der passenden Situation ein Gefühl der Spannung und Beklemmung.

Nun zu den Kartendesigns an sich. Wow, von Anfang an wusste mich der Artstyle zu begeistern. Handgezeichnete Karten zeigen sehr detailverliebte Charaktere und Gebäude. Character Designer Kimihiko Fuhisaka gebührt an dieser Stelle vollstes Lob! Auch wenn das Ganze an ein Märchen erinnert, empfinde ich die Designs eher als sehr erwachsen. Hier mal ein paar Beispiele, damit ihr euch auch in den Bann ziehen lassen könnt:

Wollt ihr ein klein wenig tiefer in die Welt eintauchen, so bietet euch das Rollenspiel Kartenrückseiten der Charaktere und Monster an, auf denen zusätzliche Informationen enthalten sind. Erfüllt ihr spezielle Bedingungen, schaltet ihr diese Rückseiten frei.

Die Schwächen von Voice of Cards

Nun habt ihr viele Dinge gelesen, die super umgesetzt sind. Hier folgen Aspekte, die weniger begeistern können.

Die Kämpfe fallen leider wenig komplex aus. Auch wenn wir bis zu drei gegen drei antreten, es Resistenzen und Anfälligkeiten sowie Stärkungen und Schwächen oder auch Heilungen – vieles mit unterschiedlich hohen Juwelkosten – gibt, ist im Grunde genommen stets ziemlich eindeutig, was zu tun ist. Auch Leveltechnisch gibt es wenig Abschnitte, die etwas Training oder besondere Raffinesse erfordern. Ich habe während meines Abenteuers ein einziges Mal den Game Over-Screen gesehen und das auch nur, weil ich einen echt dummen Patzer hinlegte. Einen Schwierigkeitsgrad bietet euch das Spiel nicht. Gegen Ende zieht die Herausforderung dennoch gut an.
Stellt euch also darauf ein, ein Abenteuer zu spielen, bei dem der Fokus auf der Geschichte, den Charakteren und der generellen Atmosphäre liegt. Denn leider fallen die Kämpfe schon sehr repetitiv aus.

Das ist vor allem deshalb relevant, weil Voice of Cards mit Random Encountern agiert. Das bedeutet, dass ihr bei eurer Fortbewegung nach kurzer Zeit in einen Kampf verwickelt werdet. Besonders schade ist das Fehlen eines Items, das genau das verhindert (ihr könnt allerdings die Flucht ergreifen). Wer also nur mit Grauen an Spiele wie Final Fantasy X oder verschiedene Pokémon-Ableger in Bergen und Gewässern zurückdenkt, sollte sich hier tatsächlich dreimal den Kauf überlegen, weil die Kämpfe sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Eben deshalb ist die fehlende Komplexität so gewichtig, da ihr – ohne es vermeiden zu können – immer wieder dasselbe macht. Habt ihr Gebiete erkundet, also die Karten aufgedeckt, könnt ihr zum Glück springen, wohin ihr wollt, doch das erste Ablaufen kann sehr mühselig sein.

Die Übersetzung ist leider wenig gelungen. Zwar geben die deutschen Untertitel das Geschehen schon wieder, doch entweder es verschwinden viele Nuancen oder sie werden angedichtet. Ich mag euch einmal ein paar Beispiele dafür nennen:

Dies sind nur einige kleine Beispiele. Es gibt haufenweise davon und in viel umfangreicherer Form. Manchmal steht ein kleiner Text im deutschen Untertitel, obwohl der englische Sprecher noch viel mehr dazu sagt und andersherum genauso. Gerade, da die Dialoge und Erzählung mit die wichtigste Rollen in einem Pen&Paper-ähnlichen Rollenspiel sind, ist dies besonders ärgerlich. Solltet ihr also über gute Englischkenntnisse verfügen, so tut euch selbst einen Gefallen und deaktiviert die deutschen Untertitel. Ich hingegen lese dennoch zusätzlich gerne und musste mich oft darüber wundern bis ärgern, da das Flair im Englischen ganz anders ist. Insgesamt lässt sich eine unauthentische Übersetzung prognostizieren.

Einige kleine Unstimmigkeiten sind mir aufgefallen. Beispielsweise besitzt der Hauptprotagonist das Talent, nach jedem Kampf drei Kraftpunkte zu erhalten. Dies passiert auch immer dann, wenn er bereits volle Kraftpunkte besitzt. Wenn Monster oder Spieler von Aktionen getroffen werden und dann sterben, zeigt das Spiel dennoch den Effekt an der Karte an, den es verursacht hätte. Oder ein Gegner raubt uns Kraftpunkte und wir sterben. Unsere Kraftpunkte waren vor unserem Tod bei beispielsweise 10 und der Gegner erhält 20 Kraftpunkte zurück.

Wollen wir in einem Laden etwas verkaufen, können wir nicht mehrere Gegenstände auswählen – wir müssen alles einzeln auswählen, was Zeit raubt und nervig ist. Das ist etwas sonderbar, da man schließlich mehrere Gegenstände auf einmal kaufen kann, indem man die Anzahl einfach erhöht.
Diese und weitere Unstimmigkeiten häufen sich im Spiel. Das sind nun alles keine großen Probleme (Das Verkaufen ist schon lästig), aber in der Summe macht es einen etwas unbedachten und gehetzten Entwicklungseindruck.

Auch die oben bereits thematisierte fehlende Tiefe bzw. volle Klärung bei der Story und den Charakteren wirkt, als wollte man recht fix eine originelle Idee verwirklichen, ohne aber wirklich auszubauen.

Zwischendurch gibt es kleine Soundprobleme beim Sprecher. Dies passiert zwar nicht all zu häufig, dennoch fällt es zwischendurch auf, wenn es so klingt, als hätte der Sprecher einige Silben verschluckt.

Das Bild zeigt drei Schatzkisten-Karten aus dem Spiel "Voice of Cards: The Isle Dragon Roars".
Die Qual der Wahl: Nach einigen Kämpfen erhalten wir ein Item

Der letzte Abschnitt des Spiels zieht sich sehr stark, verliert dadurch an Geschmeidigkeit und fühlt sicher eher nach Fleißarbeit an, wobei das Finale grandios ist. Gemeint sind damit lange Laufwege durch Dungeons.

Die besonderen Ereignisse berauben sich leider oft der Besonderheit, indem sie inflationär benutzt werden. Beispielsweise treffe ich fünfmal einen besonderen Gegner, der mir am Anfang des Spiel 1.000 Erfahrungspunkte gibt. Oder ich höre im Wald eine singende Stimme, die ich ignorieren oder welcher ich lauschen kann – es passiert stets das Gleiche. Von diesen Fällen gibt es leider mehrere.

Aufgrund der Detailverliebtheit der Kartendesigns kommt es dazu, dass ihr in ein und derselben Ortschaft oft Charaktere seht, die dasselbe Design zeigen. Allgemein wiederholen sich diese überall. Das ist etwas schade, da sich nicht einmal die Kleider unterscheiden in Form oder Farbe. Aber gut, dafür sehen die Designs an sich fantastisch aus. Lieber so als andersherum.

Daran anknüpfend darf nicht unerwähnt bleiben, dass Waffen und Ausrüstungsgegenstände nicht an Charakteren sichtbar sind. Leider dienen diese also nicht auch der optischen Abwechslung, sondern lediglich der Verbesserung der Spielerwerte.

Das Bild zeigt eine Okarina aus dem Spiel "Voice of Cards: The Isle Dragon Roars".
Es kommt eine Okarina vor, eine OKARINA!

Die Technik des originellen Rollenspiels

Hier gibt es nichts auszusetzen. Der minimalistische Stil durch sich wiederholende Kartendesigns auf der Oberwelt und in Dungeons sowie der Wegfall von komplexem 3D Rendering, anspruchsvolle Licht- und Schatteneffekte und Weitsicht sowie einigem mehr schafft Raum für eine gute Performance. Das Spiel schaut allgemein charmant aus und klingt sehr hochwertig. Die Ladezeiten sind angenehm kurz. Bis auf die kleinen Soundaussetzer mag ich hier nichts kritisieren.

Wiederspielwert, Sammelgegenstände und verschiedene Enden

Das schön gestaltete Rollenspiel bietet ein New Game+. Absolviert ihr einen erneuten Durchlauf, so wartet ein besonderer Gegner auf euch. Ihr könnt mit einer ungefähren Spielzeit von 12–16 Stunden rechnen, je nachdem wie viel ihr kämpft und flieht.
Was mir wirklich gut gefallen hat, sind verschiedene Enden des Spiels, je nachdem welche Entscheidung wir fällen. Im Laufe unseres Abenteuers erhalten wir „Mysteriöse Karten„, nachdem wir Bürgern geholfen haben. Solltet ihr welche verpassen, schaltet sich gegen Ende des Spiels eine Hinweisfunktion frei, damit man sich auch noch die restlichen besorgen kann. Tatsächlich lohnt es sich, all jene Karten zu sammeln. Es könnte etwas Besonderes passieren. Wie und was… das verrate ich natürlich nicht.

Generell ist es immer eine feine Sache, wenn gerade gegen Ende des Spiels noch mal Entscheidungen zu verschiedenen Ausgängen führen. In diesem Fall ist es eine äußerst harte Wahl.

Sammelt sie alle, ihr werdet es nicht bereuen!

Kostenpflichtige Zusatzinhalte

Square Enix bietet für Liebhaber des Hack&Slay-Hits NieR: Automata kosmetische Extras an. Für 7,99 € könnt ihr ein Bundle mit folgenden Inhalten erwerben (oder ihr kauft einzelne Komponenten):

Fazit zu Voice of Cards: The Isle Dragon Roars

Pros

  • Zunächst generisch wirkendende aber sich dann entfaltende Geschichte
  • Wunderschöner Soundtrack
  • Tolle detailverliebte Kartendesigns
  • Originelle Präsentationsidee durch konsequenten und kreativen Einsatz von Karten
  • Amüsante Stimmung unter den Charakteren
  • Mehrere Enden plus besondere Herausforderung
  • New Game+ mit besonderem Gegner
  • Ein exzellenter Sprecher als Game Master
  • Entscheidungsfreiheiten fördern individuelle Erfahrungen
  • Intensive Atmosphäre-Wechsel
  • Es kommt eine Okarina im Spiel vor!

Cons

  • Kämpfe wenig komplex
  • Random Encounter unvermeidbar
  • Unauthentische Übersetzung
  • Kleine Unstimmigkeiten bei einigen Features
  • Besondere Ereignisse und Charakterdesigns repetitiv
  • Lediglich ein Schwierigkeitgrad
  • Waffen und Ausrüstung nicht an Charakteren sichtbar
  • Vieles effektvoll eingeführt, aber blass und simpel gelassen
  • Klare Richtung vorgegeben, Dialogoptionen werden oft alle abgearbeitet
  • Letzter Abschnitt fühlt sich eher nach Arbeit an
Das Bild zeigt meine Wertung zu "Little Big Workshop".

Voice of Cards: The Isle Dragon Roars ist ein sehr charmantes Pen&Paper-ähnliches Rollenspiel dessen Stärken ganz klar in der Präsentation, der Atmosphäre und der überraschenden Story liegen. Sucht ihr eine Herausforderung oder eine Welt mit viel Tiefgang, werdet ihr mit diesem Titel wohl weniger glücklich.

Könnt ihr die fehlende Komplexität verkraften und seid an einem eher gemütlichen virtuellen Abenteuer in origineller Kartenform interessiert, das eventuell eure Emotionen wachkitzelt, dann dürftet ihr mit diesem Titel eure Freude haben!

Das Testmuster wurde uns von Square Enix zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!



Über Justin Aengenheyster 328 Artikel
Im Jahr 1992 erschien Mortal Kombat... und ich. Wir beide sind auf unsere Weise brutal. Ich für meinen Teil fahre brutal auf Videospiele ab und beschäftige mich gnadenlos mit verschiedenen Themen, um Gleichgesinnte zu informieren. Als treues Nintendokind befasse ich mich am liebsten auch mit Nintendospielen.

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