Timelie – Planung und Timing sind hier alles

Gleichzeitig mit dem Indie World Showcase (→ zu unserer Übersicht) ist Timelie im Nintendo eShop erschienen. Das Spiel wurde von den Urnique Studios entwickelt und von diesen zusammen mit Milk Bottle Studios für Steam im Mai 2020 veröffentlicht. Ob die Switch-Fassung gelungen ist, lest ihr hier.

Spiel mit der Zeit

Ihr erwacht als namenloses Mädchen an einem unbekannten, futuristischen Raum. Mehr Hintergrundstory gibt es nicht. Ihr bewegt das Mädchen nicht direkt, sondern „klickt“ auf den Boden auf eine „Kachel“ und die Wegfindungsroutine erledigt den Rest. Auf diese Weise müsst ihr stets ein Ziel erreichen, um in den nächsten Raum zu gelangen, was in der Regel eine Tür ist.

Nach und nach werden weitere Gameplay-Elemente eingeführt. So zum Beispiel gibt es Schalter-Konsolen, mit denen ihr Türen der Farbe öffnen könnt, die dem Schalter entsprechen. Im nächsten Raum könnt ihr eine Art Lichtkugel aufsammeln, die es euch erlaubt, die Zeit zu beugen. Steht ihr an einer Stelle, die ihr wegen einer eingestürzten Brücke nicht passieren könnt, drückt ihr ZL und wählt die Stelle mit ZR aus, schon wird die Zeit zurückgedreht, an der die Brücke noch intakt war.

Durch das Passieren einer Tür weckt ihr plötzlich Wachroboter auf, die fortan ihre Kreise ziehen. Dabei zeigt ein Lichtkegel, in welche Richtung sie blicken. Geratet ihr in den Fokus eines Roboters, nimmt er sofort die Verfolgung auf und jagt euch.

Doch jetzt kommt der Clou: unsere Heldin vermag es, die Zeit anzuhalten, vor- und auch wieder zurückzuspulen. Auf diese Weise könnt ihr euch einprägen, welche wiederkehrende Route der oder die Roboter nehmen und zu welchem Zeitpunkt sie nicht gerade in eure Richtung schauen, damit ihr hinter ihnen durchschlüpfen könnt, um euch in einer dunklen Ecke zu verstecken.

Das könnt ihr als Planungsphase verstehen, aber auch eine Phase, in der ihr einiges ausprobiert, scheitert, wieder zurückspult und es noch einmal probiert. Dabei ist neben der Planung auch das richtige Timing entscheidet. Wann ihr loslauft, um einen Schalter zu erreichen, entscheidet über Sieg oder Niederlage.

Offizieller Trailer

Eine besondere Gefährtin mit außergewöhnlichen Fähigkeiten

Nachdem ihr auf diese Weise einige Räume hinter euch gelassen habt, stoßt ihr auf eine Gefährtin, die euch fortan begleitet: eine Katze. Diese hilft euch anfangs automatisch, wenig später könnt ihr zwischen dem Mädchen und der Katze hin- und herschalten. Während das Mädchen nach Aufsammeln der Lichtkugeln die „Zeit beugen“ kann, vermag die Katze sich in Luftschächten zu bewegen und zu… nun… miauen. Auf diese Weise lenkt ihr Roboter ab, lockt sie von der Heldin weg, damit diese eine Stelle erreichen kann, auf dessen Weg sie sicher erwischt würde.

Die Planungsphase gestaltet sich dann so: ein Roboter schaut auf seiner Route immer wieder in eure Richtung. Mit der Katze schleicht ihr euch über die Luftschächte von hinten an und macht ein Geräusch. Während der Roboter hinter der Katze her ist, die sich wieder in den Luftschächten verkriecht, kann das Mädchen unbemerkt an dem Roboter vorbeischlüpfen. Dabei plant ihr erst einmal die Bewegungen der Katze, spult zurück und plant die parallelen Bewegungen des Mädchens. Auf diese Weise ergeben sich haarsträubend knappe und spannende Situationen. Habt ihr euch einmal verplant, spult ihr einfach wieder zurück und beginnt von vorne.

Das Bild zeigt einen feindlich gesinnten Roboter in "Timelie".
Geht es nur mir so oder erinnern euch die Roboter an E.M.M.I.s aus Metroid Dread?

Timelie stellt euch vor knifflige Herausforderungen

Die Rätsel in Timelie können ziemlich komplex werden. Manche Räume beinhalten Druckplatten, die Türen nur dann offen halten, wenn das Mädchen oder die Katze darauf stehen. In anderen müsst ihr zunächst einmal eine Lichtkugel mit dem Mädchen erreichen, damit ihr die Brücke für die Katze reparieren könnt. Selbstredend, dass nur das Mädchen in der Lage ist, Schalter zu betätigen, damit sich gleichfarbige Türen öffnen (andere könnten sich stattdessen schließen).

Manchmal ist es erforderlich, eine farbige Lichtkugel zu erreichen, die eine gleichfarbige Brücke wiederherstellt und dann die Zeit zurückdreht. In anderen Situationen müsst ihr durch gut getimtes Betätigen von Schalter Roboter aussperren. Roboter schauen in der Regel in Laufrichtung, haben aber auch oftmals einen Rundumblick für eine Sekunde, der regelmäßig eingesetzt wird.

Einige Level werden im wahrsten Sinne des Wortes von der Zeit zerfressen, sie zerfasern einfach von einer Seite, sodass ihr unter Zeitdruck und dem richtigen Timing das Ziel erreichen müsst.

Manchmal müsst ihr einige Dinge ausprobieren, bevor ihr auf die richtige Lösung kommt; um „trial and error“ kommt ihr oftmals nicht herum. Aber dank der Möglichkeit, durch Zurückspulen der Zeit seine Fehler unmittelbar zu korrigieren, kommt nie Frust auf. Schön finde ich auch, dass wenn ihr sowohl mit Mädchen als auch Katze das Ziel erreicht habt, das Ergebnis eurer Planung einmal vorgespielt bekommt. So könnt ihr alles in einem selbstablaufenden Film noch mal sehen; mehr als eine Spielerei ist das aber nicht, schließlich habt ihr das Level abgeschlossen. Trotzdem hat es mir gefallen, mir das Ergebnis meiner Arbeit am Ende nochmal anzuschauen.

Technisch nichts zu meckern

Timelie sieht schlicht aus, aber schön, die Umgebung ist surreal und fast schon ein bisschen alptraumhaft. Die Animationen des Mädchens, der Katze und der Roboter sind aber sehr gelungen; z.B. streift die Katze schnurrend um die Beine des Mädchens.

Eine Sprachausgabe gibt es nicht, auch auf Texte wurde komplett verzichtet. Daher wird nicht direkt eine Geschichte erzählt. So kämpft man sich durch praktisch immer gleich aussehende Räume und weiß gar nicht richtig, warum eigentlich. Die Musik ist spärlich, minimalistisch, stimmig und nicht sehr aufdringlich.

Neben der klassischen Steuerung über Stick und Knöpfe mit Joy-Con oder dem Pro Controller wird auch der Touchscreen im Handheld-Modus unterstützt.

Fazit

Pros

  • Frisches, unverbrauchtes Spielkonzept
  • Knifflige Rätsel, die gutes Timing und Planung erfordern
  • stets fair

Cons

  • Etwas triste, teils skurille Präsentation
  • Keine echte Handlung

Ungefähr 4–6 Stunden wird euch Timelie beschäftigen. Es sind Stunden voller kniffliger Rätsel, die meist Spaß machen, manchmal aber auch nicht so einen guten Eindruck hinterlassen – eher ein „gut, dass ich da durch bin“-Feeling.

Die Aufgaben werden komplexer, wenn auch repetitiv. Das Level-Design ist meist hervorragend, hier steckt viel Hirnschmalz der Entwickler dahinter. Und es sind vier Stunden, an denen ihr euch weitestgehend gut unterhalten fühlen werdet. Negativ bleibt der Fakt im Gedächtnis, dass es keine wirkliche Hintergrundgeschichte in Timelie gibt. Somit erschließt sich der Sinn hinter dem gesamten Spiel nicht.

Das Testmuster wurde uns von The Amplifier Group zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!

Über Thomas Ratzke 45 Artikel
Geboren in 1973 gehöre ich wohl schon zum alten Eisen. Videospiele (damals hießen sie noch Telespiele) haben mich schon zu C64-Zeiten begeistert. Meine erste Konsole war der N64, seitdem bin ich Nintendo immer treu geblieben.Primär begeisterten mich die Handheld-Konsolen: PSP, PSVita und natürlich Nintendo (3)DS; aber auch Wii und Wii U haben mich in ihren Bann gezogen.Als ich den ersten Ankündigungstrailer der Nintendo Switch gesehen habe, bekam ich feuchte Augen. Seitdem bin ich von der Konsole fasziniert.Meine Lieblings-Genres sind Rollenspiele, Strategie, Adventure und Knobelspiele.

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