Journey to the Savage Planet – eine phantastische Entdeckungsreise

Anmerkung: Wer ausschließlich an der Switch-Version von Journey to the Savage Planet interessiert ist, findet alle wichtigen Infos dazu im letzten Drittel des Tests.

Zuckersüß, schrill, herrlich bunt, in first person…

…und es ist nicht Overwatch! Journey to the Savage Planet (zu dt.: „Reise auf den wilden Planeten“, künftig nur noch Journey genannt) scheint nur auf dem ersten Blick wie eine etwas eigenartige Fusion aus obigem Titel, seichten Rollenspielelementen und einer ordentlichen Prise Halo zu sein – denn hier wird dem geneigten Spieler genug Eigenständigkeit geboten, um sich von der breiten Masse abzuheben und sich (ganz im Geiste eines guten Programms) somit einen hart erkämpften Rang im oberen Drittel des Genres zu sichern.

Gut, das Rad wird nicht neu erfunden, aber das hat wohl auch niemand ernsthaft erwartet. Dennoch: für ein kleines Studio mit gerade einmal gut zwei Dutzend Mitarbeitern wurden die nicht nur oberflächlich betrachtet ernsthaften Ambitionen und Ansprüche an einen unterhaltsamen Titel sehr zielstrebig verfolgt!

Wer liefert hier eigentlich ab?

Das verantwortliche Entwicklerstudio Typhoon Games ist bisher noch nicht als namhafter Softwarebetrieb in Erscheinung getreten. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Journey das Erstlingswerk der Damen und Herren darstellt. Und was für ein Debüt das geworden ist! Schnell wird klar, dass wir es hier keinesfalls mit No-Names der Branche zu tun haben: Einer der Studiogründer, Alex Hutchinson, dürfte dem einen oder anderen bereits als renommierter Developer ein Begriff sein. Er zeigt sich für mehrere Ubisoft-Spiele hauptverantwortlich, darunter weltweit erfolgreiche Titel wie Assassins Creed III oder Far Cry 4. Die jahrelange Expertise ist auch bei Journey an vielen Ecken und Enden deutlich erkennbar, ohne jemals klonhafte Züge anderer Titel anzunehmen. Wenn sich Journey ein Anbiedern ankreiden lassen muss, dann höchstens, weil es mit der Brechstange nicht so wie die breite Masse sein will, sondern stets um Eigenständigkeit bemüht ist. Und diesen Umstand wird wohl kaum jemand negativ auslegen können.

Von Commercials und Seifenopern

Als nicht näher vorgestellter Mitarbeiter der viertbesten interstellaren Erkundungsfirma namens „Kindred Aerospace“wird der Spieler auf eine Explorationsmission auf den Planeten AR-Y 26 geschickt, um sich vor Ort ein Bild über die Flora und Fauna zu machen. Und selbstverständlich auch um in Erfahrung zu bringen, ob dort ebenfalls potentieller Lebensraum für Menschen vorhanden ist. Damit hat es sich auch schon mit dem Kern der Story. Zugegeben, nicht sonderlich originell, aber für anspruchsvolle und verschachtelte Inhalte gibt es ja auch andere Spiele (Genres).

Auf diesem Bild zum Spiel „Journey to the Savage Planet“ ist eine Scanfunktion (überwiegend gelb/rot/schwarz dargestellt) zu sehen.
Im Scanmodus werden interessante Objekte hervorgehoben

Jedoch (und das ist tatsächlich ein spannendes, da selten verwendetes Stilmittel in Videospielen!) werden dem Spieler immer wieder zusätzliche Infos über die Umgebung, mögliche Gefahren und Lebewesen zugespielt. Das erfolgt jedoch nicht durch nette, aber eben schon zahllose Male verwendete In-Game Zwischensequenzen, sondern durch TV- und Projektionsbeiträge. Hier grüßt vom vorbeiziehenden Nebenraumschiff heftig winkend und wild gestikulierend der Filmkollege Starship Troopers. Eine tolle Idee und ebenbürtig mit echten Schauspielern präsentiert! Die flapsigen und herrlich trashigen Einspieler, die es immer wieder zu bestaunen gibt, legen die Vermutung nahe, dass die Laienschauspielgruppe der Typhoon Games Studios mal wieder kräftig am Proben ist. Denn so gut, so gewollt und so gekonnt unprofessionell kamen bisher keine Videospiel-Zwischensequenzen in Realgrafik auf den Bildschirm. Saubere Arbeit, absolute Punktlandung!

Selbst für Storymuffel absolut sehenswert. Während des Spielens habe ich mich richtiggehend gefreut, wenn es mal wieder „Trash-TV Time!“ hieß.

Auf diesem Bild zum Spiel „Journey to the Savage Planet“ ist eine Werbung zu sehen.
Die Commercials sind einfach zum Weglachen!

Technische Beleuchtung

Bis hierhin ist also alles im grünen Bereich, was zu großen Teilen erfreulicherweise auch auf die technische Seite des Titels zutrifft. Eine grundsätzlich gute Soundkulisse, die zwar nie überragend ist, sich aber situativ immer richtig anfühlt, erfreut die Zockerohren. Und auch die Musik ist stets passend, wobei der positiv anmutende Soundtrack direkt auffällt. Keine düsteren Chromatikmelodien, sondern stets leicht-fröhliche Untermalung, bei der man sich an Spiele wie Banjo-Kazooie oder auch an Commander Keen erinnert fühlt. Das liegt gar nicht mal zwingend an den dargebotenen Synthesizern oder anderen Instrumenten, sondern vielmehr an den musikalischen Arrangements an sich. FPShooter Elemente und Happy Music treffen in den wenigsten Fällen im Guten aufeinander, aber im spielerischen Kontext geht die Rechnung hier voll auf.

Auch die Grafik ist alles in allem als äußert gelungen zu bezeichnen. Keine neue Referenz, aber gerade in Hinblick auf die begrenzten Ressourcen und Budgets des Entwicklerstudios ist die Spielwelt ziemlich beeindruckend in Szene gesetzt worden. Weitläufige, farbenfrohe Außenwelt-Umgebungen wechseln sich mit verzweigten Höhlensystemen ab, wobei durch einen permanenten Kompass (vergeichbar mit der Orientierungshilfe aus einigen Assassins Creed-Teilen) stets die Übersicht gewahrt wird. Gerade für Einsteiger ins FPShooter–Genre eine gute Sache, hat Journey doch eine niedrige „USK ab 12“-Freigabe erhalten. Nun mag sich noch einer eventuell an der Tatsache stören, dass dieses Genre eigentlich nichts für Kinder ist, aber die Ballereien sind derart harmlos und comichaft verpackt, dass der moralische Zeigefinger an dieser Stelle schön ruhig gehalten werden sollte. Wir sind hier schließlich nicht bei Doom…

Gehüpft wie gesprungen

…wenngleich einige Gameplayelemente durchaus inhaltsähnlich sind. Damit sind nicht primär die Konfliktlösungen durch Waffengewalt gemeint, sondern manche Fortbewegungsmechaniken.  Es gibt nämlich des Öfteren Platform-Einlagen wie bei Doom (2016), wenngleich nicht ganz so ausufernd und umfangreich. Der Double Jump kommt ebenfalls zum Einsatz und sogar Turok-Flashbacks sind gerade bei älteren Spielern wohl nicht zu vermeiden – im Guten wie im Schlechten. Die Steuerung spricht aber generell gut an, so dass die meisten Jump & Run-Passagen keine ernsteren Probleme bereiten dürften.

Auch Finishing Moves bzw. Takedowns sind ausführbar, die animationstechnisch allesamt sehr gut und humorvoll umgesetzt wurden („Den Cyklopenpflanzen mal das Auge rauspieksen“). Natürlich mit viel Schleim und Co, so wie es sich für einen ordentlichen Finisher gehört, aber durch den Comic Look für (fast) alle Altersstufen witzig präsentiert.

Auf diesem Bild zum Spiel „Journey to the Savage Planet“ ist ein einäugiges Alien sowie sowie grüner Schleim in einer Eishöhle zu sehen.
Nahkämpfe resultieren ebenfalls in großzügigem Schleimvergießen

Komfortables Reisedesign

Für einen steten Spielfluss sorgt nicht zuletzt die Schnellreisefunktion. Diese ist schon sehr früh im Spiel verfügbar. Was durchaus löblich ist, denn so wird größtenteils unnötiges Backtracking vermieden. Da man sehr häufig sein Schiff, sprich Heimathafen ansteuern muss und dieses als Basis fungiert, fühlt sich der schnelle Wechsel zwischen den unterschiedlichen Spielbereichen sehr angenehm an.

Des Weiteren können durch Rohstoffe (das Sammeln dieser ist wichtiger Bestandteil der Entdeckungsreise) neue Waffen und Ausrüstungsgegenstände gebastelt werden, die RPG-like in Skill Trees gelevelt werden können. Unter anderem eine Art Enterhaken, welcher für ein zügiges Vorankommen in den teils recht umfangreichen Spielabschnitten sorgt. Jedoch kann dieser nur an vorgegebenen Stellen eingesetzt werden, was die neu gewonnene Freiheit etwas einschränkt. Die Vertikalität wird dadurch aber allemal gut eingebunden.

Die Steuerung auf Planet AR-Y 26

Kurz und knackig: Funktioniert einwandfrei und lässt auch auf Nintendos Hybrid-Konsole keine Wünsche offen. Wie bei eigentlich allen Shootern ist die Steuerung mit dem Pro Controller aber auf jeden Fall zu bevorzugen, da gibt es nichts dran zu rütteln. Für unterwegs ist die Steuerung über die Joy Con aber auch kein Problem, fühlt sich nur eben nicht so geschmeidig und gut an – ein Umstand, der (fast) jedem bekannt sein dürfte.  

Auf diesem Bild zum Spiel „Journey to the Savage Planet“ ist ein orangenes Raumschiff (Außenansicht) zu sehen.
Von hieraus koordiniert Ihr vieles

Beim Zielen gibt es ohnehin (zu) viel Unterstützung, denn der Aim Assist arbeitet und rackert, als ob es kein Morgen gäbe. Dieser kann zwar reguliert werden, greift aber gefühlt immer überdurchschnittlich stark ins Geschehen ein. Das mag an der Zielgruppe ab 12 liegen, stört aber doch arg, wenn man es nicht gewohnt ist. Für unterwegs ist das bei leicht ruckelnden Zug- oder Busfahrten vielleicht aber auch nicht das Schlechteste… womit wir bei der Switch-Version im Speziellen wären.

Switch Special! – Anmerkung

Es ist unumgänglich sowie wichtig, einen Vergleich zwischen den unterschiedlichen Konsolen-Versionen anzustellen. An dieser Stelle muss jedoch eins im Vorfeld klargestellt werden: Die technischen Limitationen der Switch im Gegensatz zu den anderen Systemen sind hinlänglich bekannt und zigfach bis zur letzten Platine analysiert worden. Von daher wird im Folgenden natürlich auf die Unterschiede und technischen Einschränkungen der Switch-Version eingegangen. Sofern die Technik mühevoll und mit guter Kompromissbereitschaft umgesetzt wurde, fließt das „Abspecken“ NICHT negativ in die finale Bewertung ein, wird aber selbstredend angemerkt (siehe auch „Pros & Cons“).

Der Grund dafür ist simpel: Wenn sich ein Team bei einem Port ordentlich ins Zeug legt, aber gewisse Dinge schlichtweg nicht umsetzbar sind, weil die Hardware dafür nicht vorhanden ist oder nicht ausreicht, sollte dieser Umstand nicht als schlechte oder gar fehlerhafte Programmierung ausgelegt werden. Denn schließlich kann nur mit dem gearbeitet werden, was zur Verfügung steht.


Das grundsätzliche Spielgefühl ist durch die Framerate von ca. 30 FPS nicht neu. Da diese leider doch recht häufig unterschritten wird, sind vor allem in der Außenwelt des Öfteren Ruckler spürbar. Das Programm ist jederzeit annehmbar bis gut spielbar, aber wenn man Journey bereits auf leistungsfähigeren Kisten gezockt hat, fällt dies doch recht stark auf. Eine Umsetzung bei 60 FPS wäre in der Waagschale mit den anderen technischen Komponenten jedoch auf der Switch nicht machbar gewesen, dieses Umstandes muss man sich beim Kauf bewusst sein. Jedoch fällt das nicht so schwer wie bei Doom (2016) oder Wolfenstein II ins Gewicht, da sich die Action nicht ganz so pfeilschnell und anspruchsvoll präsentiert. Es passiert und bewegt sich auf dem Bildschirm zwar immer was, allerdings muss bei Journey nicht auf alles und jeden sofort geschossen werden.

Unscharfes Vergnügen

Das hat hier durchaus auch seine Vorteile, denn leider ist auch die Unschärfe so präsent wie beim Switch-Port von Wolfenstein II. Im Handheldmodus fallen die grafischen Unzulänglichkeiten nicht ganz so negativ auf. Beim gemütlichen Daddeln auf dem heimischen Fernseher werden aber vor allem die Unschärfen sehr deutlich – angeben kann man mit dieser grafischen Leistung also sicherlich nicht.

Auf diesem .jpeg zum Spiel „Journey to the Savage Planet“ ist eine Leiter sowie ein Textschild  „Watch your step“ im Raumschiff zu sehen.
Die Bildunschärfe wird gerade bei Hinweisschildern sehr deutlich

Auch hier wird klar: Wer häufig im TV-Modus spielt und konsolentechnisch vielfältig unterwegs ist, der spielt eh auf der PlayStation oder der Xbox. Für Vielreisende oder für „mal eben ne Runde zwischendurch“ ist die Switch-Version aber eine gute Wahl. Nach den ganzen aufgeführten technischen Einschränkungen mag es zwar so klingen, als wäre die Switch-Version ein Fall für die Tonne, aber davon ist sie glücklicherweise meilenweit entfernt. Im Rahmen der Möglichkeiten ist dieser Port genauso gut gelungen wie der Konkurrenztitel. Nur sollte man keine großen Wunder erwarten, das ist alles. Denn die bleiben auch bei der Portierung dieses wirklich originellen und tollen Spiels aus.

Fazit zu Journey to the Savage Planet

Pros:

  • Große, stets übersichtliche Spielwelt
  • Bequeme Schnellreisefunktion
  • Tolle Fusion verschiedener Genres
  • Geeignet für viele Altersstufen, ohne dabei krampfhaft niedlich zu wirken
  • Ordentliche Spieldauer (ca. 12–15 Stunden)
  • Toller Humor, clever verpackt
  • Guter Port trotz technisch bedingter Einbußen
  • Sehr abwechslungsreich

Cons:

  • Dünne Story
  • Aim Assist assistiert nicht, sondern ersetzt fast das Zielen
  • Sehr starke Blur-Effekte
  • Teils deutlich spürbare Framerate-Einbrüche
  • Für erfahrene Gamer insgesamt zu einfach

Journey to the Savage Planet ist eines dieser Spiele, die einem sofort die verprogrammierte Liebe zum Produkt spüren lassen. Eine dichte, fast greifbare Atmosphäre und ein eher gemächliches Entdeckungstempo laden zum genauen Erkunden der Spielwelt ein. Technisch macht dieser Titel auch auf der Switch eine gute Figur, wenngleich bei diesem Port noch Luft nach oben gewesen wäre – wie es noch besser geht, haben die Genregrößen Doom (2016) und Wolfenstein II eindrucksvoll bewiesen.

Die Story ist simpel, wird aber immer wieder durch herausragend trashige Realsequenzen mit echten Schauspielern angefüttert. Die Steuerung ist ebenfalls gelungen, mit Pro Controller sogar sehr gut und auch sonst wird bei Journey to the Savage Planet vieles richtig und nur sehr weniges falsch gemacht – ein Spiel für den Casual Gamer, Feierabendspieler, Teenager oder Hardcore-Zocker, sozusagen für die ganze Gaming-Familie. Viel Spaß auf AR-Y 26!

Das Testmuster wurde uns von 505 Games zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!

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