Hellpoint – Ein mutiger Schritt! [Test]

Hellpoint erschien im Juli 2020 nach unendlichen Verzögerungen für PC, Xbox und Playstation. Ursprünglich war ein zeitgleicher Release für die Nintendo Switch vorgesehen, doch ließ diese bis Ende Februar 2021 auf sich warten. Der Entwickler Cradle Games hat uns hier ein ordentliches Soulslike abgeliefert, bei dem ich viele spannende Stunden verbracht und teilweise ordentlich geflucht habe. Um meine Erinnerungen noch einmal ein wenig aufzufrischen, hatte ich Hellpoint noch einmal neu angefangen, während ich an diesem Test schrieb. Ehe ich mich’s versah hatte ich schon wieder über zehn Stunden investiert!

Das Bild zeigt meine Spielzeit bei Hellpoint
Ob das Bild wohl ein Hinweis darauf ist, was für ein Test ebenfalls noch ansteht?

Bedenkt man meinen chronischen Zeitmangel, ist dies ein Indikator für die Qualität des Indie-Titels. Mehr darüber erfahrt ihr in diesem Test!

Die Story von Hellpoint

Wie es sich für ein Soulslike gehört, erfahrt ihr die Story nur sporadisch, indem ihr hin und wieder mit einem der wenigen NPCs sprecht oder ein paar Bücher in einer Bibliothek durchstöbert. Darum sei hier nicht zuviel gespoilert.

Ihr erwacht als namenloser Protagonist in der Raumstation Irid Novo, welche ein schwarzes Loch umkreist. Diese scheint völlig verlassen, bis auf ein paar zombieähnliche Kreaturen und allerhand dämonischer Wesen, die dort ihr Unwesen treiben. Eine Stimme sagt euch nur kurz, wo ihr hingehen sollt, um mehr zu erfahren. Bewaffnet mit einem alten Rohr und einem Heilserum schlagt ihr euch durch die ersten paar kleineren Gegenden. Am Zielort angekommen wartet der erste „Bosskampf“ auf euch. Habt ihr diesen erfolgreich beendet, landet ihr vor einem großen Terminal, welches sich als „Der Autor“ vorstellt. Ihr wurdet von ihm erschaffen, um herauszufinden, was auf Irid Novo alles schiefgegangen ist. Ihr sollt losziehen und 100% (mehr ist möglich) an Daten sammeln, um dann zu ihm zurückzukehren.

Das Bild zeigt einen Teil des Gebietes "Arisen Dominion" aus Hellpoint
Irid Novo hat ein paar wirklich beeindruckende und gefährliche Gebiete. Die Todesanzahl unten rechts stammt aus meinem Let’s Play und ist nicht Teil des Spiels

Das ist so ziemlich alles. Ein Großteil der Fragen über die seltsamen Ereignisse wird im Verlaufe des Spiels beantwortet, wenn ihr aufmerksam erkundet, kombiniert und allgemein eure Augen und Ohren offen haltet. Ein paar weitere Fragen werden allerdings auch erst auf New Game Plus, bzw. durch mehrere Enden zur vollsten Zufriedenheit geklärt. Das motiviert definitiv für weitere Durchläufe. Außerdem ist die Raumstation tatsächlich verdammt groß, da werdet ihr vermutlich beim ersten Durchlauf noch nicht alle Winkel erkundet haben.

Das Gameplay

Erkundung

Wie eingangs erwähnt ist Hellpoint ein Soulslike, welches sich in einigen Punkten sehr stark an den Genre-Vorfahr hält und in anderen Bereichen ein paar vernünftige Neuerungen einbaut.

Die offensichtlichste Neuerung ist, dass ihr springen könnt. Das ist zum einen für den Kampf interessant, da ihr auf diese Weise auch einen Sprungangriff ausführen könnt, zum anderen ist dies aber auch für die Erkundung nötig. Die Entwickler haben es sich nicht nehmen lassen, ein paar knifflige Sprung- und Kletterpassagen einzubauen, in dessen Verlauf ihr teilweise vernünftigen Loot finden könnt. Diese sind allerdings überwiegend optional. Die Steuerung ist hierbei sehr gewöhnungsbedürftig. Die ersten Versuche kosten euch mit ziemlicher Sicherheit das Leben.

Irid Novo ist riesig, genretypisch verschachtelt und an vielen Punkten miteinander verknüpft, sofern man die passenden Schlüsselkarten oder Transportmöglichkeiten hat. Mehr als einmal genoss ich den AHA-Effekt, nach einer ausufernden Passage plötzlich an einem wohlbekannten Ort herauszukommen, dessen Tür von der anderen Seite verriegelt war. Das gehört einfach dazu und macht das Erkunden der Raumstation so spaßig. Die Atmosphäre ist bedrohlich und man spürt immer den Drang, einerseits jede Ecke erkunden zu wollen, jedoch andererseits möglichst den Gegnern aus dem Weg zu gehen.

Umgekehrt wird man jedoch auch nicht an die Hand genommen. Es gibt keine Karte. Entweder, ihr erstellt euch die Karte im Kopf oder lernt einfach die Gebiete auswendig, oder ihr rennt häufig ziellos umher und sucht verzweifelt das nächste Gebiet.

Allgemeines

Das, was in Dark Souls eure Seelen sind, sind in diesem Spiel die sogenannten Axions. Es ist einfach eine Art Währung, die ihr überall findet, bevorzugt durch das Töten von Gegnern, aber auch einfach so verteilt. Hiermit könnt ihr entweder euren Charakter oder eure Ausrüstung aufleveln. Wie üblich bleiben eure Axions beim Ableben an der Stelle liegen, an der ihr krepiert seid. Schafft ihr es nicht, sie wieder einzusammeln, bevor ihr das nächste Mal ins Gras beißt, sind sie Futsch. Besonders spaßig ist, dass nach eurem Ableben ein Geist von euch mit der gleichen Ausrüstung, die ihr verwendet habt, in der Gegend herumtreibt und euch nach eurem neuen Leben trachtet. Schafft ihr es, ihn zu besiegen, erhaltet ihr zum Dank noch einige Axions oben drauf.

Das Bild zeigt einen Riss in Hellpoint
Frisch respawned nach einem verfrühten Ableben, finden wir uns am zuletzt besuchten Riss wieder

Statt eines Leuchtfeuers müsst ihr „Risse“ finden und öffnen. Dies sind buchstäblich Risse in der Raum-Zeit-Dimension, was einen Hinweis darauf gibt, dass es ein Multiversum ist, in dem zeitgleich ähnliche Geschehnisse ablaufen. Mehr darüber erfahrt ihr im Verlaufe der Story. Am Riss könnt ihr euren Charakter in verschiedenen Werten aufleveln, welche euch wie immer Lebensenergie, Ausdauer, Energie – für magische und Schuss-Waffen etc. – verbessern, oder euch ermöglichen, die unterschiedlichen Waffen- und Rüstungsarten zu tragen. Überall in der Station sind außerdem Items verteilt, mit denen ihr die Risse miteinander verbinden könnt, um somit euer eigenes Schnellreisenetzwerk aufzubauen. Achtet jedoch darauf, die wichtigsten Knotenpunkte zu vernetzen, da diese Items begrenzt sind.

An ein paar Stellen findet ihr Maschinen, mit denen ihr eure Ausrüstung aufwerten, gefundenen Schrott umwandeln und neue Ausrüstung anhand von gefundenen Blaupausen erstellen könnt. Glücklicherweise nimmt eure Ausrüstung keinen Schaden durch den Gebrauch. Im Gegenteil werdet ihr durch die Benutzung der jeweiligen Waffe immer gewandeter in ihrem Umgang. Dadurch schaltet ihr neue Angriffe oder passive Boni frei, die für ein paar interessante Builds sorgen.

Das Kampfsystem

Was wäre ein Soulslike ohne bockschweres Kämpfe? Langweilig! Zum Glück macht Hellpoint hier alles richtig. Ihr findet ein großes Arsenal unterschiedlicher Waffen, die entweder über Stärke oder Reflex genutzt werden können. Hinzu kommen, was eher unüblich für dieses Genre ist, ordentliche Schusswaffen! Nichts so stereotypes wie Bögen und Armbrüste, sondern ordentliche Schusswaffen. Im späteren Verlauf findet ihr außerdem richtig große Wummen, die natürlich ewig brauchen, bis sie ihren Schuss abfeuern, dafür jedoch auch selten etwas stehen lassen. Zu guter Letzt gibt es magische Waffen wie Würfel, Stäbe und Handschuhe, die euch in unterschiedlichen Schadensarten ausrüsten.


Ihr wollt bewegte Bilder zu Hellpoint?

Als kurzer Zwischeneinwurf – wenn ihr Hellpoint in Aktion sehen wollt, könnt ihr euch gerne mein Let’s Play dazu anschauen. Im späteren Verlauf schulte ich noch auf einen Foresight-Charakter um. Man kann sich hier also wenig „verskillen“. Als Magier ist zu beachten, dass ihr ein gutes Säbel oder eine ähnliche Waffe in der einen Hand haltet, mit der ihr eure Energie wieder aufladen könnt. Verschießt alles, was ihr habt, und wenn noch was steht, schnetzelt ein paar Mal mit dem Säbel drauf, um wieder Munition zu haben.


Es gibt natürlich auch Schilde in Hellpoint. Wenn ihr geschickt genug seid, könnt ihr gegnerische Attacken perfekt blocken, wodurch sie dann ins Taumeln geraten. Außerdem gibt es eine etwas umständliche Methode, den Gegner mit dem Schild zu rammen und ihn ebenfalls zum Straucheln zu bringen. Letzteres habe ich buchstäblich erst erfahren, als ich diese Zeilen hier schrieb, ist also offenbar nicht nötig, um im Spiel voranzukommen.

Das Kampfsystem fühlt sich wuchtig und flüssig an. Eine aggressive Herangehensweise wird definitiv bevorzugt und belohnt. Ihr könnt in einer Hand ein Schwert und einen Schild oder eine Schusswaffe in der anderen Hand halten. Die Schüsse kosten euch Energie, die durch Schwerthiebe wieder aufgeladen wird. Auch die Anzahl unterschiedlicher Gegnertypen lässt sich sehen.

Das Bild zeigt den Boss "Celestial Beast" aus Hellpoint
Dieses Kätzchen ist einer der ersten Bosse und zu diesem Zeitpunkt echt nicht zu verachten. Später sind diese Gegner kein Problem mehr

Leider lässt sich dies von den Bossen weniger sagen. Mal von den drei großen Übeln abgesehen, denen ihr im Laufe der Story gegenübertreten werdet, sind die meisten Bosse nur größere Varianten der verschiedenen Gegner-Typen, auf die ihr in anderen Gebieten ohnehin trefft. Hier hätte ich mir mehr Abwechslung gewünscht. Souls-Veteranen werden sicherlich im normalen Durchlauf wenige Schwierigkeiten mit den Gegnern und Bossen haben. Hierfür könnt ihr allerdings Effigys finden, kleine Statuen, mit denen ihr das aktuelle Gebiet verstärken oder abschwächen könnt.

Ach ja, es gibt ja noch einen Multiplayer…

Kurz vor Veröffentlichung des Tests fiel mir doch glatt wieder ein, dass man das Spiel auch im Online-Multiplayer, sowie lokal im Splitscreen zocken kann. Zur Veröffentlichung des Spiels gab es mit diesem Modus einige Schwierigkeiten, weshalb er noch einmal kurz entfernt und dann nachgereicht wurde Switcher müssen ganz auf den Splitscreen verzichten. Der Online-Modus ist noch etwas umständlich über einen Match-Code einzurichten. Beim lokalen Multiplayer könnt ihr hingegen einfach einen zweiten Controller anstecken und einen anderen Speicherstand öffnen, um den Charakter hinzuzufügen. Am besten fängt man also zwei neue Spielstände an, um das Spiel gemeinsam zu genießen. Loot und Erfahrung werden gleichermaßen aufgeteilt, sodass es hier zu keinen Schwierigkeiten kommt.

Die Performance

Das Indie-Studio Cradle Games hat sich mit Hellpoint wirklich Mühe gegeben. Es ist ihr erstes Spiel und wirklich ein besonderes Schmankerl, jedoch nicht frei von Macken. Von Release-Verschiebungen über größere Patches und Bugfixes ist alles dabei – und es gibt immer noch einige Bugs oder Glitches, die ausgemerzt werden sollten. Bei mir sind sie zum Glück nur selten aufgetreten. Lediglich der Geist, den man nach seinem Tod hinterlässt, verliert manchmal seinen Kampfeswillen und rannte einfach nur mit erhobenem Schild in mich hinein. Gut für mich, aber dennoch doof.

Der düstere Grafikstil und das ganze Design der Raumstation und der Gegner ist stimmig und höllisch gut geworden. Auf dem PC sieht der Titel wirklich ansprechend aus, selbst auf weniger starken Geräten wie meinem.

Die Switch-Version habe ich persönlich nicht gespielt, jedoch sind sich sämtliche Reviewer im Netz darüber einig, dass hier grafisch zu viele Abstriche gemacht wurden. Ich habe hier mal zwei Screenshots gegenübergestellt. Eines ist meine PC-Version und das andere ist aus dem Hellpoint-Review von NintendoLife für die Switch.

Das Bild zeigt den Ausblick im Observatorium auf dem PC bei Hellpoint
Meine bescheidene PC-Version
Das Bild zeigt den Ausblick im Observatorium auf der Nintendo Switch
Die noch bescheidenere Nintendo Switch-Version

Wie ihr seht, da fehlt einiges. Leider ist das noch das geringste Übel. Massive Framerate-Einbrüche bis hin zu Freezes oder Abbrüchen, die zurück zum Switch-Hauptmenü führen, sind an der Tagesordnung. Ladezeiten von bis zu zwei Minuten nach dem Tod – und das passiert gerade anfangs häufiger, als einem lieb ist –, sind keine Seltenheit. Seit Mitte April gibt es einen großen Patch, der zumindest die Framerate stabilisiert hat, dennoch ist damit das Problem der häufigen Abstürze und langen Ladezeiten nicht behoben.

Abgesehen davon läuft Hellpoint auf den anderen Plattformen vernünftig. Die Grafik stimmt, das Sounddesign kracht und der Soundtrack passt wunderbar zum Gesamtkonzept. Die Steuerung erinnert von der Klobigkeit her an das ursprüngliche Dark Souls, was einfach Charme hat. Man fühlt sich einfach wie zu Hause in der Welt.

Hellpoint – Das Fazit

Pros:

  • Eine fesselnde, gefährliche und drückende Atmosphäre in einer beeindruckenden Raumstation
  • Eine Geschichte zum Selbererkunden mit mehreren Enden
  • Ein hervorragendes Gegnerdesign und Kampfsystem, welches viele Stunden zu begeistern weiß
  • Ein vernünftiger Schwierigkeitsgrad für Souls-Fans
  • Multiplayer sowohl online, als auch lokal im Splitscreen

Cons:

  • Bosse sind oftmals nur größere „normale“ Gegner
  • Trotz Patches hat das Spiel noch ein paar wenige Macken
  • Die Switch-Version ist leider nicht zu empfehlen

Um mein Gedächtnis an das Spiel etwas aufzufrischen und einen neuen Blick nach einem halben Jahr draufzuwerfen, begann ich Hellpoint erneut, während ich an diesem Test schrieb. Das Gameplay ist wirklich fesselnd, es gibt Unmengen Dinge zu entdecken und das Kampfsystem wird nie langweilig, weil die Soundkulisse so wuchtig klingt! Cradle Games hat wirklich ein großartiges modernes Soulslike geschaffen, welches mit ähnlichen kleinen Macken wie FromSoftwares Dark Souls zu kämpfen hat. Das wiederum gibt dem Spiel gleich noch mehr Charme. Wer den Titel noch nicht sein Eigen nennt, sollte dies umgehend nachholen. Lediglich um die Switch-Version sollte man leider noch einen Bogen machen.

Der Review-Code wurde uns freundlicherweise vom Publisher tinybuild zur Verfügung gestellt. Vielen herzlichen Dank dafür.

Über Roger Hogh 750 Artikel
Baujahr 1987, begann bereits als Zwerg mit einem Sega Master System II zu zocken, der einzigen Nicht-Nintendo-Konsole, die er je besessen hat. Begeisterter Fan von guten Metroidvanias und The Legend of Zelda. Überwiegend Einzelspieler, aber man findet ihn gerne mal bei einer Runde Smash Bros, natürlich als Link.

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