Heute veröffentlichte United Label/CI Games den Titel Tails of Iron, ein handgezeichnetes Soulslike-Action-RPG, das von Indie-Entwickler Odd Bug-Studios entwickelt wurde. Das Spiel ist sowohl digital als auch in physischer Form erhältlich. Wir wollen dir nachfolgend nun unsere Eindrücke von diesem Spiel näherbringen und dir eventuell sogar die Kaufentscheidung vereinfachen.
Story
Tails of Iron spielt in einer mittelalterlich-anmutenden Zeit, in der die Frösche das Land terrorisieren, dabei ihr Territorium erweitern und über alles und jeden herrschen wollen. Direkt davon betroffen ist die Purpurfestung, das Heim von Redgi, dem Sohn des alternden Königs Rattus, der den Fröschen in der Vergangenheit Einhalt gebot und somit der Retter von Feldern wurde. Während eines zeremoniellen Aktes, das den neuen Thronfolger bestimmen soll, kommt es zu einer gewaltsamen Störung durch Grünwartz, den Anführer des Froschclans, der Redgis Vater mit einem Speer aufspießt.
In einem aussichtslosen Kampf versucht der tapfere kleine Nager, den Frosch zu attackieren, doch dieser ist ihm haushoch überlegen und befördert ihn in die Bewusstlosigkeit. Nachdem Redgi erwacht, findet er sich inmitten der teils brennenden und überwiegend zerstörten Burg wieder.
Das Gameplay von Tails of Iron
Innerhalb des Komplexes der Purpurfestung beginnt Redgis Reise kurz vor den brutalen Geschehnissen und das Tutorial startet vorerst friedlich. Dabei lässt mich das Spiel die wichtigsten Grundlagen kennenlernen: Es gibt Kisten, in denen ich meine Kleidung aufbewahren kann, Waffen, die ich später in einem speziellen Übungsbereich einsetzen darf, einige NPCs, die mir via Piktogrammen mitteilen, in welche Richtung es geht und welche Personen mit mir kommunizieren wollen, beziehungsweise, welche Räumlichkeiten ich aufzusuchen habe. Diese Methode zieht sich, neben den auch vorkommenden Monologen von Sprecher Doug Cockle (u.a. The Witcher), durch die ersten Spielstunden und erweist sich als gute Verständigungsmethode.
Während des Tutorials werden in ca. 15 Minuten alle wissenswerten Möglichkeiten vermittelt, die für den Beginn wichtig sind, bis zu dem Überfall des Froschclans. Redgi erwacht nach dem feigen Angriff der Frösche ohne Waffen oder Schutzkleidung. Er findet auf dem Boden einen Stock, mit dem er sich zunächst aushelfen muss, anschließend werden Maden erschlagen, über die er etwas schildähnliches erhält. Er und sein Equipment sind in wirklich miserablem Zustand und kaum eines Ritters würdig. Doch sein Wille und sein Mut sind stark genug, um sich den Unterdrückern zu stellen und, wie sein Vater einst, wieder für Frieden und Freiheit zu kämpfen.
Performance
Das Spiel ist handgezeichnet und ich bin beim Anblick der Figuren und den Hintergrundkulissen, welche die Grundlage für das Szenario bilden, wahrlich begeistert. Es gibt im Indie-Bereich unglaublich viel Kreativität und Potenzial, welches regelmäßig den Beweis dafür liefert, dass grandiose Spiele auch von kleinen Studios entwickelt und liebevoll umgesetzt werden können. Aber das ist meine subjektive Meinung. Jedenfalls bin ich grafisch direkt dabei, weil das einfach sensationell gut passt. Punkt.
Die Steuerung von Redgi läuft auch sehr rund und der Soulslike-Faktor zeigt sich dabei sehr gut im Kampfsystem. Es gilt die altbewährte Formel: rollen, springen, blocken, parieren, angreifen, Energieleiste auffüllen. Recht überschaubar also. Weiter gibt es auch ein dreiseitiges Menü, mit wenig, aber sehr überschaubaren Inhalten. An entsprechenden Kisten können die Kleidung und Waffen angepasst werden. Im Spielmenü werden Kartenabschnitte eingesehen und Ziele verfolgt werden. Es gibt die aktive Quest plus die Option auf Nebenquests. Auf Wegen und in neuen Dörfern gibt es Landkarten, mit denen eine Schnellreisefunktion möglich ist, wenn Gebiete betreten/freigespielt wurden.
Klassischerweise startet das Spiel, wie viele Genrevertreter, mit einem voll ausgerüsteten Helden, nur um diesem, zu Beginn des echten Spieles, wieder alles zu nehmen. Ist gemein, aber auch altbekannt. Ja, und so startet es auch in des ersten Spaßes, denn wo sich das Kämpfen im Tutorial noch eher locker-flockig anfühlte, zeigt sich beim ersten Aufeinandertreffen mit den ersten drei Gegnern gleich, was das Spiel einem abverlangen will.
Das erste Aufeinandertreffen mit dem Soulslike-Genre
Ich hab kassiert. Mehrfach. So lange, bis ich meine Gegner in ihren Bewegungen auswendig gelernt habe und in der Lage war, sie zu besiegen. Das war ok, hat mir dabei jedoch den Anspruch demonstriert, welchen Tails of Iron von seinem Spieler erwartet.
Sehr positiv zu erwähnen ist hier, dass beinahe nach jedem Gegner erst einmal eine Bank kommt, auf der ich meinen Spielstand speichern kann. Das ist wirklich ein extrem motivierender Faktor, denn hier folgt wirklich Gegner, auf Speicherbank, auf Gegner. Wobei Gegner hier im Plural gemeint ist und diese nur sehr selten alleine auftreten.
Streitkolbenfrösche zusammen mit Ritterrüstungsfröschen, mit Schwertfröschen mit Bossen. Es gilt, sich immer auf zwei Bewegungs- und Angriffstypen zu konzentrieren, eine Taktik zu entwickeln, wer als Erstes zu besiegen ist und um wen man entspannt herumrollen kann. Muster müssen schmerzhaft und in Form vieler Tode auswendig gelernt werden. Wenn das mal nicht für etwas steht, das sich Soulslike nennt, dann weiß ich auch nicht weiter.
Mehr als nur Kampf
Wobei hier auch noch mehr passiert, als das stetige Überleben und Bekämpfen von Feinden. Zwischendurch gilt es, Ratten ausfindig zu machen, die mir den Weg in die richtige Richtung vorgeben, ihnen zu helfen oder diese zu beschützen. Dabei gilt es Items einzusammeln, die teilweise anfänglich noch weniger relevant sind, aber ab einem gewissen Zeitpunkt gebraucht werden.
Untermalt wird hier alles mit Umweltgeräuschen. Tosender Donner trifft auf das Zucken und einschlagen des Blitzes oder dem Regen, der fortwährend auf den Boden prasselt. Den Gesang dazu bieten die aufeinanderprallenden Waffen, die stöhnenden und sterbenden Figuren und deren knarzende Rüstungen.
Das ist atmosphärisch wunderbar aufeinander abgestimmt und lässt mich beim Hören mit Kopfhörern sogar dann und wann mal zucken, wenn gerade mal wieder der Blitz einschlägt. Ein harmonisch düsteres Szenario entsteht, als ich all diesen Geräuschen, in Kombination mit einem Bossfight – ja, auch der hatte einen kleinen Helfer dabei… – ausgeliefert bin. Und was hat der mir den Hintern aufgerissen!
Innerhalb meiner knapp fünfundzwanzig Versuche empfand ich sämtliche Emotionen und durchlief dabei die klassische Kübler-Ross-Schule (nicht-wahr-haben-wollen, Zorn, Verhandeln, Depression, Akzeptanz). Gut, nicht ganz so dramatisch, dennoch mit Parallelen. Und ich dachte: „Das kann doch nicht so schwer sein“. Doch. Das war es. Sehr sogar! Jeder seiner Angriffe zog mir direkt die Hälfte meiner Energie ab und um diese trinkend wieder aufzufüllen, brauchte ich Abstand. Da war aber noch der kleine Kerl, der mir auch ans Fell wollte.
Ne, was hab ich gelitten. Raus aus dem Spiel: „Ne, das ist nix für mich“. Switch an: „Verdammt, ich will das aber jetzt schaffen – ich will wissen, wie es weiter geht“. Ich habe resigniert, habe aufgegeben, habe mich über meine immer gleichen Fehler geärgert, habe das zu harte Gameplay verflucht, habe mich aber zusammengerissen, den Feind analysiert und ihn mit mächtig Herzrasen und riesengroßer Freude besiegt. Ja, so war das. Und ich bin mega angefixt, auch wenn es oft brutal und unbarmherzig erscheint. Genau darin liegt für mich der Anspruch dieses Titels: die Herausforderung, sich einer Sache zu stellen, welche augenscheinlich zu schwer erscheint.
Fazit zu Tails of Iron
Pros:
- Die Grafik ist herrlich
- Ein überschaubares und auf das Wichtigste reduzierte Menü
- Redgi lässt sich gut und sauber steuern
- hoher Anspruch an den Spieler
- „Blood, Gore and Violence“ sind hier wahrlich ein Gütesiegel
- Minimalistische und gerade deshalb stimmungsvolle Soundkulisse
- Die Cons richten sich ausschließlich an genrefremde Spieler, denn ich finde es auf eine sadistische Weise ganz besonders
Cons:
- Kein Schwierigkeitsgrad
- Nichts für Anfänger (Frustrationstoleranz sollte definitiv vorhanden sein)
- Starke Gegner (subjektiv)
- Durchhaltevermögen ist gefragt
Leben heißt leiden, sagt so in ungefähr die buddhistische Weisheit. Vielleicht bedeutet es auch, dass wir als Menschen gerne leiden, was aufs Gaming bezogen bedeutet, dass wir uns gerne mal die Fresse polieren lassen, um uns dann zu ärgern, nur um es dann doch wieder auf ein Neues zu versuchen.
Soulslike war ein mir sehr bekanntes, aber praktisch weniger gespieltes Genre. Ich kann nun einigermaßen nachvollziehen, was viele Fans dieses Genres empfinden und werde mich dem wohl etwas ausführlicher widmen.
Das Testmuster wurde uns von Swordfish PR zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!
Im Orwell-Jahr 1984 geboren, gab es ca. 1992 den klassischen Gameboy samt Super Mario und Tetris. Der Beginn der Gaming-Sozialisation war somit geebnet und wurde dank eines Amiga 2000 im darauf folgenden Jahr intensiviert. Damals wie heute besteht eine große Begeisterung für jedwede Art von Pixelverarbeitung. Ob Indie oder AAA spielt keine Rolle, solange das Spiel fesselt wird alles gleichermaßen wertschätzend gespielt und auch gerne weiter empfohlen.
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