Under Night In-Birth Exe:Late [cl-r]

Under Night In-Birth Exe:Late [cl-r] ist ein Anime-Beat-em-up der feinsten Sorte. Wer auf einen ordentlichen 2D-Prügler der alten Schule steht und nichts gegen quietschige japanische Stimmen hat, die die ganze Zeit irgendetwas vor sich hinsabbeln, während sie ihre Moves ausführen, sollte einfach zugreifen. Alle anderen können sich mit dem nun folgenden Test weiter überzeugen lassen.

Der Hintergrund zu Under Night In-Birth Exe:Late [cl-r]

Under Night In-Birth Exe:Late [cl-r] ist das dritte Update der Under Night-Reihe und der erste Ableger auf der Nintendo Switch.

Der erste Teil erschien bereits 2012 für Arcade-Automaten in Japan, damals mit gerade einmal 10 spielbaren Charakteren. Zwei weitere Kämpfer kamen ein paar Monate später noch hinzu. Das erste richtige Update Exe:Late erschien ein Jahr später ebenfalls zuerst für Arcades und fügte zwei weitere Kämpfer hinzu. 2014 wurde diese Version dann für die Playstation 3 veröffentlicht, mit exklusiven Charakteren für die Konsole. Ende des gleichen Jahres erfolgte die Lokalisierung ins Englische, sodass auch Spieler außerhalb von Japan in den Genuss der Reihe kamen.

2015 erschien das nächste Update Exe:Late[st], wie immer zuerst für die Arcades. Die ehemals exklusiven Kämpfer wurden nun auch in diese Version implementiert und es wurden ein Story-Modus (Chronicles), ein Tutorial-Modus und die Arcade-Missionen für die einzelnen Kämpfer eingebaut.

Für Konsolen wurde es erst zwei Jahre später veröffentlicht, und erst 2018 ins Englische übersetzt. Ende 2019 war Under Night In-Birth Exe:Late[st] zum ersten Mal auf dem EVO Tournament vertreten, dem größten Kampfspiel-Turnier der Welt. Dort wurde auch das letzte Update angekündigt, welches am 20. Februar auf allen Konsolen und PC veröffentlicht wurde.

Under Night In-Birth Exe:Late [cl-r] enthält 21 Kämpfer. Auch auf der EVO 2020 wird dieses Spiel vertreten sein, was sicherlich für den Erfolg der Reihe spricht.

Die Story

Ich fasse mich kurz, denn für die Story müsste ich vermutlich ein Buch schreiben und noch viele weitere Stunden in das Spiel investieren, um überhaupt alle Zusammenhänge zu finden.

In solchen Story-Szenen wird der Arcade-Modus vorangebracht.

Es gibt zwei Modi, in denen die Story erzählt wird. Zum einen habt ihr beim Arcade-Modus mit jedem der 20 Kämpfer zehn Kämpfe zu bestehen. Hierbei wird in kurzen Zwischendialogen ein wenig mehr zur persönlichen Motivation des Kämpfers erzählt. Hierbei erfährt man vor allem, welche Charaktere welcher Fraktion angehören und wer Freund oder Feind ist.

Chronicles ist der „Story-Modus“.

Der Hauptteil der Geschichte wird im Chronicles-Modus erzählt, dem eigentlichen Story-Modus. Nachdem ihr euch den Prolog angeschaut habt, werden ein paar Kapitel freigeschaltet, die sich jeweils hauptsächlich um einen Charakter drehen. Jeder Kämpfer hat weitere Unterkapitel, welche seine Geschichte voranbringen – warum er in der Stadt ist, an diesen nächtlichen Kämpfen teilnimmt et cetera. Es gibt eine ganze Menge zu lesen und die Dialoge sind alle japanisch vertont. Es ist buchstäblich eine Visual Novel, mit der man locker zehn Stunden verbringen kann.

Das Problem hierbei ist, dass die Terminologie kaum wirklich erklärt wird. Es gibt keinen Anime dazu, den man schauen kann, um sich damit auseinanderzusetzen, keine chronologische Abfolge der Geschehnisse, auch wenn der Chronicles-Modus einem das gerne vorgaukeln würde. Es wird einfach davon ausgegangen, dass man früher oder später einfach weiß, was Void, oder auch In-Births sind, was Re-Births sind oder wer diese seltsame Organisation „Licht Kreis“ ist. Stellt euch einfach vor Bleach oder Dragonball oder irgendeinen beliebigen Anime einfach in der Mitte zu starten, ohne ihn überhaupt zu kennen. So fühlt ihr euch anfangs bei dem Spiel.

Aber da es ein Prügelspiel ist, ist das alles nur halb so wild. Die Story ist ein netter Bonus und wer will, findet sich auch irgendwann zurecht.

Die Action

Hier mal ein kleiner Anreger:

Die Action ist ordentlich

Under Night In-Birth Exe:Late [cl-r] ist schwer. So schwer, dass Neulinge, die gutmütig und nichtsahnend den eShop durchsuchen und auf das Spiel stoßen, ohne sich vorher darüber zu informieren, wenig Spaß daran haben könnten. Mein altes Ich, bevor ich die hohe Kunst der Disziplin und Geduld durch Dark Souls gemeistert hatte, hätte das Spiel nach dem ersten Versuch vom Datenträger gelöscht und dessen Existenz verdrängt. Ich spielte es mit einem Kumpel an und wir stellten sofort fest: Button-Mashing funktioniert nicht. Gegeneinander schon, dann macht es aber keinen Spaß. Gegen die AI auch, bis ca. Level 4 im Arcade-Modus, dann wird man rasiert. Ohne Schaum. Mit einer stumpfen klinge. Langsam und qualvoll!

Wobei, streicht das Wort langsam. Das Spiel ist schnell! Der wichtigste Punkt, den man hier erst einmal verinnerlichen muss, ist das Combo-System. Ihr habt wie in anderen normalen Beat-em-ups eine schwache, mittlere und starke Attacke und könnt durch bestimmte Richtungseingaben Spezialattacken ausführen. Soweit, so klar. Das Combo-System unterscheidet sich jedoch deutlich von den anderen Spielen, weil ihr für Combos beliebig zwischen diesen drei Angriffstasten wechseln und auch Sprung und Crouch-Attacken mit einbauen könnt. Das müsst ihr auch, sonst blockt euch der Gegner leger alles ab, wie ihr im obigen Video gut erkennen könnt.

Under Night In-Birth Exe:Late [cl-r] Promo-Bild von Mika und ihrer Tornado Attacke
Das Bild ist direkt aus dem Promo-Pack von ARC SYSTEM WORKS / FRENCH BREAD. Es ist einfach zu gut, um es nicht zu teilen!

Die Charaktere selbst könnten kaum klischeehafter sein, aber das hat Charme. Bei der quirligen Mika auf dem obigen Bild erwartet man förmlich kindliche Schusseligkeit und wird absolut nicht enttäuscht. Sie ist überwältigend präsent, laut, flink und stark, mit dem IQ einer Scheibe Weißbrot und einer völligen Abwesenheit von Zurückhaltung.

Das Tutorial

Kämpfen will gelernt sein. Hat euer Kämpfer nicht die Reichweite, wie Seth, der nur mit einem kurzen Dolch kämpft, müsst ihr näher ran oder dessen Spezialattacken gut beherrschen, um schnell an den Gegner zu gelangen. Manche Kämpfer sind riesig und stark, aber langsam, oder klein und flink, dafür machen ihre Angriffe weniger Schaden. Waldstein hingegen ist groß genug, um den halben Bildschirm zu füllen und braucht sich um Reichweite keine Gedanken zu machen. Dafür ist er träge wie ein Panzer.

Zum Glück gibt es sowohl einen Trainings-Modus, als auch ein Tutorial.

Der Font ist zwar hässlich, aber die Tipps sind für Spieler jedes Fähigkeitsniveaus hilfreich

Das letzte Tutorial, welches mir so gut gefallen hat, war von Mortal Kombat 11. Ihr werdet wirklich in alle Grundlagen eingeführt. Unter Novice findet ihr so hilfreiche Tipps wie „Stehen bedeutet, dass ihr euch nicht bewegt“, oder wo der Lebensbalken des jeweiligen Spielers ist. Auch lernt ihr dort die drei Grundangriffe kennen. Unter Beginner geht es bereits los mit den ersten Combos, mit Dash- und Spezialattacken. Kaum hatte ich diese Tipps durch, konnte ich mich auch im eigentlichen Getümmel gleich besser behaupten.

Je fortgeschrittener die Stufen, desto speziellere Tipps wie „Invincibility Frames“ und „Counter“ werden euch beigebracht. Wer möchte, kann diese so oft wiederholen, bis er sich darin sicher fühlt und sich Stück für Stück zum Profi hochtrainieren. Und das ist auch bitter nötig, wenn man online den Hauch einer Chance haben möchte.

Der Mission-Modus gehört ebenfalls in die Trainings-Kategorie. Hier könnt ihr die einzelnen Combos jedes Charakters üben, bis ihr sie perfekt drauf habt.

Jede Menge Content

Euch wird so schnell nicht langweilig

Was mir persönlich überhaupt nicht gefällt, ist, dass es keine freischaltbaren Kämpfer gibt. Das hat mir in Beat-em-ups immer Spaß gemacht. Alle 21 Charaktere sind von Beginn an spielbar. Das heißt allerdings nicht, dass es nichts freizuschalten gäbe.

Under Night In-Birth Exe:Late [cl-r] Das Bild zeigt haufenweise freischaltbare Farbsets für Hyde
Skins kosten im Schnitt 2000 IP pro Stück

Für alles, was ihr erfolgreich absolviert, erhaltet ihr IP, die Währung des Spiels. Mit dieser könnt ihr für jeden einzelnen Charakter dutzende Skins freischalten. Das sind zwar „nur“ unterschiedliche Farbsets, aber immerhin.

Die Plates zeigen eure gekauften Titel an

Des Weiteren könnt ihr Titel und Plates und Icons freischalten, die beim Ladebildschirm vor jedem Kampf angezeigt werden.

Habt ihr den Arcade-Modus mit einem Charakter überstanden, erhaltet ihr ein hübsches Artwork mit dem jeweiligen Kämpfer, das ihr euch in der Galerie anschauen könnt. Dort erhaltet ihr auch diverse weitere Artworks durch den Chronicles-Modus.

Under Night In-Birth Exe:Late [cl-r] Das Bild ist ein Artwork, welches man nach erfolgreichem Abschluss des Arcade-Modus erhält
Die Artworks sind schon nice

Alles in Allem gibt es also eine Menge freizuschalten. Wer auf sowas steht, wird einige Stunden beschäftigt sein. Ich bin froh, dass nichts davon Geld kostet, finde den Großteil dieser Dinge jedoch überflüssig.

Was das Gameplay betrifft, habt ihr neben dem Arcade-, Versus– und Network-Modus noch weitere Kampf-Modi. In Score Attack müsst ihr so viele Punkte sammeln wie möglich, wobei ihr zehn Kämpfe überstehen müsst. In Time Attack habt ihr zehn Kämpfe so schnell wie möglich zu überstehen und im Survival Mode müsst ihr einfach nur mit einer Lebens-Anzeige soweit kommen wie möglich, wobei ihr für ordentlich besiegte Gegner etwas Leben zurück erhaltet. Das sind alles nette Herausforderungen, deren Ergebnis man auch online mit Spielern aus aller Welt teilen kann.

Die Präsentation

Das Spiel läuft in flüssigen 60 FPS und soweit mein ungeschultes Auge das erkennen kann, durchgehend in 720p. Im Handheld-Modus sieht es super aus, aber am Fernseher merkt man, dass in der Switch-Version auf Dinge wie Kantenglättung verzichtet wurde, um die Framerate zu halten. Das stört bei dem schnellen Kampfgeschehen jedoch kaum, da ist man eh mit anderen Dingen als der schicken Kulisse beschäftigt.

Under Night In-Birth Exe:Late [cl-r] Das Bild zeigt zwei Kämpfer und das quasi keine Kantenglättung vorhanden ist auf der Switch
Schaut euch das Bild mal in groß an. Ihr erkennt überall die Treppchen

Die Animatinen der Kämpfer sind hervorragend und werden mit einer klasse Soundpräsentation untermalt. Jeder Treffer wirkt wuchtig und energiegeladen, es kracht und rummst und hinterlässt ein zutiefst befriedigendes Gefühl, den Gegner geplättet zu haben.

Der Soundtrack ist ein Genuss. Ein bisschen Elektro, ein bisschen Rock, ein bisschen Pop, alles gut gemischt. Nicht so aufdringlich, dass man viel Aufmerksamkeit drauf hätte, aber Nahrung für den Ohrwurm, der mir so gerne im Kopf sitzt und mitsummt.

Fazit zu Under Night In-Birth Exe:Late [cl-r]

Pros:

  • Mit 21 Kämpfern eine ordentliche Auswahl unterschiedlicher Charaktere
  • Diverse Modi, um etwas Abwechlsung ins reine Kämpfen zu bringen
  • Eine solide audiovisuelle Präsentation auf der Switch
  • Ein hervorragendes Tutorial, welches mir den Hintern gerettet hat für diesen Test
  • Eine kostenlose Visual Novel von mehreren Stunden Länge inklusive

Cons:

  • Für Neulinge ein schwerer Einstieg, es wird einem selbst auf einfachen Schwierigkeitsstufen nichts geschenkt.
  • Online-Kämpfe für ungeübte Spieler quasi nicht bestreitbar
  • Keine freischaltbaren Kämpfer, nur diverse Skins und Plates, Bildchen, etc.
  • Nur japanisch und englische Sprache verfügbar.

Under Night In-Birth Exe:Late [cl-r] ist kein Street Fighter. Es ist für Leute, die sich mit solchen Kampfspielen wirklich gut auskennen oder sich gerne darauf einlassen und sich durch das Tutorial prügeln, um überhaupt Sonne zu sehen. Der Anime-Stil und die Kampf-Präsentation hat mich jedoch gefesselt und auch die Visual Novel finde ich bislang ganz angenehm. Diese ist jedoch in fortgeschrittenem Englisch. Man sollte die Sprache gut beherrschen. Wer Lust hat, sich mit Schwertern, Peitschen, riesigen Fäusten, Magie und Messern auf die Mütze zu geben, und sich nicht vor einer ordentlichen Herausforderung scheut, wird mit diesem Spiel seine Freude haben. Für Beat-em-up-Fans, die mit dem Anime-Setting etwas anfangen können, ist Under Night ein Pflichtkauf.

Und wer lieber auf Egoshooter steht, sollte sich mal unseren Test zu Metro Redux durchlesen.

Das Testmuster wurde uns von PQube zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!

Über Roger Hogh 750 Artikel
Baujahr 1987, begann bereits als Zwerg mit einem Sega Master System II zu zocken, der einzigen Nicht-Nintendo-Konsole, die er je besessen hat. Begeisterter Fan von guten Metroidvanias und The Legend of Zelda. Überwiegend Einzelspieler, aber man findet ihn gerne mal bei einer Runde Smash Bros, natürlich als Link.

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*