RPG Maker MV: Spiele-Entwicklung auf der Switch mit Technik-Tücken

Wer sich den RPG Maker MV für Switch zulegt, erhält kein fertiges Spiel. Vielmehr handelt es sich um ein Tool, mit dem man selbst Spiele entwickeln kann. Die Besonderheit: Programmierkenntnisse sind nicht erforderlich. Wie gut der Einstieg gelingt, zeigt der Test. 

Wie der Name bereits vermuten lässt, ist das Programm auf die Erstellung von klassischen Rollenspielen (RPGs) ausgelegt. Die Maker-Spiele sind im Pixellook gehalten und erinnern an die frühen Teile der Final Fantasy-Serie.  

Entsprechend haben die Entwickler Features integriert, mit denen man Kämpfen, Questen und Leveln ins eigene Spiel bringen kann. Bevor der erste Boss-Battle oder eine umfangreiche Questreihe gestaltet werden kann, führt zunächst ein Tutorial in die Funktionen des Makers ein. 

Darin werden Grundlagen vermittelt und die Bedienung näher erklärt. Wer bereits den RPG Maker auf dem PC verwendet hat, dem dürfte die Anordnung der Menüs bekannt vorkommen. Bei der Switch-Version handelt es sich im Wesentlichen um eine Portierung des bereits 2015 erschienenen Spielentwicklungstools. Daraus ergeben sich Vor- und Nachteile, auf die wir später genauer eingehen. 

Die ersten Schritte zur eigenen Spielwelt 

Um die Spielentwicklung für Neueinsteiger einfach zu gestalten, können auf den Karten (Maps) ähnlich wie in einem Grafikprogramm mitgelieferte Häuser, Wege, Bäume oder sonstige Dekoration gezeichnet werden. Jede Map ist dabei in Kacheln unterteilt, auf die der Nutzer ein zuvor ausgewähltes Objekt setzt.  

Das Bild zeigt das Mapping in "RPG Maker MV".
Gutes Mapping wie hier erfordert viel Einarbeitungszeit

Um dem Spiel Leben einzuhauchen, bedarf es allerdings an Interaktion: sprich NPCs, welche die Spielwelt bevölkern, jede Menge Gegner und Truhen voller Gold. Dafür hat der RPG Maker die sogenannten Ereignisse (Events) an Bord. Im Event-Modus lässt sich auf einer jeden Map etwa ein NPC platzieren, der den Spieler mit einem kurzen Dialog in dem Startdorf begrüßt. Was sich zunächst nach viel Programmieraufwand anhört, stellt sich nach kurzer Eingewöhnung auch für Laien als gut machbar heraus.

Jedes Event ist aus einem oder mehreren Aktionsblöcken aufgebaut. Soll der Spieler einen NPC ansprechen können, wählt man dafür den Eintrag „Text zeigen“ im Eventmenü aus und gibt eine Textnachricht (z.B. „Hallo Fremder!“) ein. Später kann der Dialog zwischen dem NPC und dem Spieler erweitert werden. Der RPG Maker erlaubt zudem, dass einige NPC-Antworten nur dann erscheinen, wenn man einen bestimmten Gegenstand im Inventar hat. Wer bislang noch keinen RPG Maker verwendet hat, wird dafür etwas Einarbeitungszeit benötigen – super ist allerdings, dass man keine einzige Zeile Code schreiben muss.

Das Bild zeigt den Event Editor in "RPG Maker MV".
Die erste Dialogzeile lässt sich per Eventeditor innerhalb von Sekunden schreiben

Um dem NPC ein Aussehen zu verleihen, entscheidet man sich aus einer Vorauswahl, darunter Frauen, Männer oder auch Tiere, für eine Pixelfigur. Findet sich auf Anhieb keine passende Figur, kann auf den Charakter Generator zugegriffen werden. Damit lässt sich etwa die Haarfarbe des Protagonisten oder NPCs anpassen oder der Umhang kann von grün zu blau umgefärbt werden.

RPG Maker MV – Let’s Play & Community-Sharing 

Die erste Map steht, der NPC hat einen Dialog und unser Protagonist ist ebenfalls einsatzbereit. Zur Überprüfung, ob alles passt, kann man mit einem Touch auf den Play-Button den Spieltest starten. Das Spiel öffnet sich und man kann wie von herkömmlichen Switch-Games gewohnt die Spielfigur über die Map bewegen und per Aktions-Taste mit Gegenständen und NPCs interagieren, die man zuvor im Editor erstellt hat. 

Beim Testspielen haben wir festgestellt, dass noch gar keine Musik zu hören war. Wir durchforsten daher die umfangreiche Bibliothek an Musikstücken & Tönen und fügen passende Sounds in unser erstes Spielprojekt ein. 

Das Bild zeigt das Debugging-Feature in "RPG Maker MV".
Praktisch: Beim Testspielen kann schnell geprüft werden, ob alles wie geplant funktioniert

Sofern man mit dem Ergebnis derart zufrieden ist, dass man die Community zum Testen einladen möchte, kann man das Spiel teilen. Über das Startmenü des RPG Maker MV ist es zudem möglich, sich Werke anderer Spieler kostenfrei herunterzuladen und auszuprobieren. Für unseren Test haben wir uns ein englischsprachiges RPG eines Users geladen, in dem man unter anderem Fische fangen kann.   

Fummelige Steuerung bremst schnelle Fortschritte in RPG Maker MV

Was zunächst danach klingt, dass auch Einsteiger in Windeseile umfangreiche RPGs erstellen können, bleibt leider ein Trugschluss. Und damit kommen wir auf die Schwächen der Switch-Portierung des PC-Originals zu sprechen.  

Dass das Bedienkonzept einer Windows-Software nicht optimal auf der Switch funktionieren kann, leuchtet ein. Leider scheinen die Entwickler diese Einsicht weitestgehend ignoriert zu haben. Gerade bei dem Gestalten von Karten und dem Platzieren von Objekten machen sich Schwächen beim Bedienkomfort bemerkbar: Man muss mehrere Eingaben hintereinander ausführen, um in den richtigen Modus zu wechseln und etwa den passenden Baum in die Grünfläche zu pflanzen. Nach etwas Eingewöhnung geht es zwar besser voran, doch ein echter Flow will einfach nicht entstehen. Das liegt auch daran, dass der RPG Maker MV eher rudimentär von den Vorteilen der Touch-Funktionalität der Switch Gebrauch macht. Kein Vergleich zur PC-Version, bei der dank Mauseingabe vor allem die Gestaltung der Karten sehr spaßbringend und belohnend ist. 

Bevor man den RPG Maker für die Switch (bzw. den PC) ordert, kann man zunächst den kostenfreien RPG Maker MV Player aus dem eShop laden, mit dem sich Games aus der Community kostenfrei herunterladen und spielen lassen.  

Fazit zu RPG Maker MV

Pros:

  • Umfangreiche Materialbibliothek 
  • Tutorial gibt Überblick über Kernfunktionen
  • Erstellung eines RPGs ohne eine Zeile Code 
  • Spieltest lässt sich schnell über Editor starten 
  • Eigene Spiele können mit Community geteilt werden 

Cons: 

  • Bedienkomfort lässt zu wünschen übrig 
  • Performance könnte besser sein 
  • Vereinzelt Übersetzungsfehler in der deutschen Version 

Der RPG Maker MV bietet zwar ein tolles Grundkonzept, doch hapert es an der Umsetzung. Für Hobby-Spielentwickler klingt die Switch-Version auf dem Papier nach einer Offenbarung: Ohne Programmierkenntnisse ein eigenes RPG per Baukastenprinzip erstellen.  

Weite Teile der gelungenen PC-Version sind auch im Switch-Ableger enthalten. Zudem finden sich RPG Maker-Kenner durch die nahezu identische Aufteilung des Interfaces schnell zurecht. Auf der Haben-Seite kann zudem die Möglichkeit angeführt werden, das Spiel rasch Probe zu spielen und mit anderen aus der Community zu teilen.

Da allerdings ein Rollenspiel nicht in Minuten entwickelt ist und oft etliche Stunden investiert werden müssen, ist es umso schwerwiegender, dass der Bedienkomfort der Portierung jäh abfällt. Unstimmigkeiten bei der Performance trüben zusätzlich das Gesamtbild.  

Wer einen PC sein Eigen nennt und auf den Switch-Vorteil der Portabilität verzichten kann, sollte eher zu dem kürzlich erschienen RPG Maker MZ greifen, der vor allem bei Bedienung sowie Performance deutlich vorne liegt und sich zudem durch kostenfreie Inhalte aus der Community stark erweitern lässt.

Das Testmuster wurde uns von Koch Media zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!


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