Gleamlight – Vorsicht, Bruchglas!

Gleamlight hätte besser sein können. Soviel sei im Voraus verraten. Warum das Metroidvania rund um eine gläserne Welt leider ein Scherbenhaufen ist, erkläre ich euch in diesem Kurztest.

Die Story von Gleamlight

Es gibt keine. Zu Beginn seht ihr ein Schwert im Boden stecken und habt keine Ahnung, was ihr machen sollt. Es wird euch nichts erklärt und von sich aus passiert nichts. Das ist sogar so schlimm, dass die Entwickler bei Twitter einen eigenen Tweet dazu erstellen mussten.

Ihr seid das „Child“, eine gläserne Figur in einer dunklen Glaswelt. Warum? Keine Ahnung. Wo müsst ihr hin? Wen kümmert’s. Was müsst ihr tun? Lauft los.

Gameplay

Die Entwickler Dico Co. Limited versuchten im Trailer ein Feature zu verkaufen. In Gleamlight habt ihr nämlich kein Interface. Keine Lebensanzeige, keine Ausrüstung, keine Anzeige für Spezialattacken oder Fähigkeiten, nichts. Dieses Feature stellt sich binnen Minuten als vollkommen unnütz, sogar hinderlich dar. Die Idee, die Lebensanzeige durch Farbe darzustellen, die den Wesen entweicht, finde ich an sich cool. Je grauer man wird, desto brenzliger ist die Sache. Mit jedem Treffer zieht man allerdings auch wieder ein wenig Leben zu sich zurück, sodass man sich im Kampf auf diese Weise etwas erholen kann.

Das sorgt in Bosskämpfen jedoch blitzschnell dafür, dass sämtliche Taktiken über Bord geworfen werden. Man rennt einfach auf den Gegner zu und knüppelt drauflos. Üblicherweise heilt man sich schneller, als der Gegner Schaden verursacht. Hurra, Sieg!

Wir laufen weiter und stoßen direkt auf das nächste Problem – und den Grund, weshalb dieses „No-Interface-Feature“ kompletter Bullshit ist: Ihr habt eine neue Fähigkeit erlernt, wisst aber nichts davon. Ihr erfahrt weder, dass ihr etwas erlernt habt, noch was das ist und wie ihr es nutzen könnt. So steht ihr also vor einer Stachelfalle, an der ihr auf normalen Wege nicht vorbei kommt und müsst erstmal wild alle Knöpfe ausprobieren, bis einer davon dann eine Ausweich-Drehung macht. Aha!

Tut mir Leid, liebes Entwicklerteam, aber das ist Faulheit, kein Feature!

Performance

Man merkt an jeder Ecke, dass die Entwickler eine tolle Idee hatten, ihnen aber das Know-How, das Geld oder die Motivation fehlte, um diese Idee umzusetzen.

Die Grafik ist an sich hübsch. Die gläserne Welt gefällt mir, es lässt sich vieles zerstören und auch das Gegnerdesign ist jetzt nicht sooo schlecht. Aber die Hitboxen sind absolut grässlich und die Gegner können schneller angreifen, als man ausweichen kann. Selbst einfache Gegner können einen mit etwas Pech dauerhaft treffen, ohne dass man sich wehren kann.

Die Ausweich-Drehung ist herrlich unpräzise, genau wie laufen und springen oder angreifen. Ihr könnt nicht nach unten schauen – ein absolutes Muss, wenn eure Map eventuell Stacheln außerhalb des eigentlichen Sichtbereiches hat. Mehr als einmal stürzte ich blindlings nach unten, nur um direkt auf Stacheln oder Gegnern zu landen.

Apropos Map / Level: Das Leveldesign ist grässlich. Ihr müsst in so gut wie jedem Raum ein paar bestimmte Knöpfe finden und anschlagen, damit ihr eine Tür öffnet. Nicht, dass euch das erklärt würde – das findet ihr raus, nachdem ihr minutenlang fluchend die ganze Ebene auf und ab gehüpft seid, bis ihr zufällig die richtige Scherbe getroffen habt. Die Plattformen sind gefühlt willkürlich platziert worden, Oh, und Gegner sind auch teilweise so verteilt, dass man in jedem Fall von einem davon erwischt wird. Das ist alles nicht gut durchdacht.

Sound

Meine armen Ohren! Es wurden gerade einmal vier oder fünf unterschiedliche Klirr-Geräusche ausgesucht. Jeder Schlag klingt gleich, jeder Treffer klingt gleich, jedes Monster macht das ewig gleiche Geräusch beim Sterben… und damit der Effekt auch so wirklich schön klirrend klingt, hat man scheinbar in der Soundfile den Bass komplett rausgenommen und die Soundfile in der geringsten Qualität abgespeichert. Erst dachte ich, es sei etwas mit meinen Kopfhörern nicht in Ordnung. Es schadet einfach meinen Ohren und Nerven. Hinzu kommt ein „Soundtrack“, der diese Bezeichnung nicht verdient. Das gesamte Spiel ist mit ein paar Klirr- und Pling-Klingel-Geräuschen überdeckt, die sich alle fünf Sekunden wiederholen. Wenn man darin eine Melodie erkennen kann, wiederholt sich diese ebenfalls nach wenigen Sekunden. Es fühlt sich fast so an, als hätten die Entwickler die erste Sounddatei irgendeiner beliebigen Datenbank gegriffen, die das Wort „Glas“ enthielt und diese bis zur Unendlichkeit wiederholt.

Zum Glück ist das „Spiel“ bereits nach etwas über einer Stunde vorbei, denn herausfordernd ist es ebenfalls nicht.

Entschuldigung, wie viel wollt ihr dafür?!

Fazit zu Gleamlight

Pros:

  • Das Gegnerdesign ist akzeptabel
  • Die Grafik ist ganz okay

Cons:

  • Ganz mieses Sounddesign
  • Langweiliges Gameplay
  • Sehr kurz (wobei das hier eher Segen als Fluch ist)

Gleamlight wurde Ende 2019 bei der Indie-World Präsentation angekündigt und ist damit so etwas wie das Life of Black Tiger der Nintendo Switch. Das war ein Titel, der von Sony für die PlayStation 4 angepriesen wurde und qualitativ genauso unterirdisch ist, wie dieser Scherbenhaufen hier. Kurz nach der Präsentation deuteten viele Gamer auf das offensichtliche Vorbild Hollow Knight hin. Ob das nun das Vorbild war oder nicht, sei dahingestellt. Es fühlt sich jedenfalls so an, als hätte ein Kind einen Superhelden im Fernsehen gesehen und begierig diesen versucht, nachzumalen. Man kann anhand der Farben, der Umrisse und der Erklärung des Zwerges zwar erkennen, wen er darstellen soll, aber mehr auch nicht. Für diese Zumutung 16,99 € zu verlangen, ist eine absolute Frechheit. Finger weg von Gleamlight. Holt euch lieber etwas anständiges wie Ori and the Will of the Wisps. Das ist jeden Cent wert.

Das Testmuster wurde uns von ONE PR Studio (D3PUBLISHER) zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!

PS: Die ganz Harten unter euch schauen sich jetzt noch mein „Angespielt“ zu diesem Desaster an.

Über Roger Hogh 750 Artikel
Baujahr 1987, begann bereits als Zwerg mit einem Sega Master System II zu zocken, der einzigen Nicht-Nintendo-Konsole, die er je besessen hat. Begeisterter Fan von guten Metroidvanias und The Legend of Zelda. Überwiegend Einzelspieler, aber man findet ihn gerne mal bei einer Runde Smash Bros, natürlich als Link.

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