Bastion – packendes, aber geradliniges Abenteuer

Bastion ist ein Action-RPG des Indie-Entwicklers Supergiant Games und kam 2011 auf diversen Konsolen und PC heraus. Der Vertrieb erfolgt durch Warner Bros. Interactive. Während einer Indie Direct wurde das Spiel auch für die Switch angekündigt und erschien im August 2018. Ich habe mir das Spiel mal genauer für euch angeschaut.

Die Story

In Bastion spielt ihr „The Kid“, einen Jungen, der die sogenannte Calamity – eine große Verheerung, welche die ganze Welt in unzählige Bruchstücke zerrissen hatte – überlebt hat. Ihr macht euch auf den Weg zur Bastion, dem letzten Zufluchtsort, an dem ihr nur eine einzige Person trefft, die für den größten Teil des Spiels „Fremder“ heißt.

Ihr müsst die Bastion erst Stück für Stück wiederaufbauen

Euer Ziel ist es, Teile des sogenannten Core, also eines Kerns, zu finden, mit denen ihr eure Zuflucht Stück für Stück wieder aufbauen könnt. Mit jedem Kernstück könnt ihr ein weiteres Gebäude platzieren, welche euch mit diversen Upgrades und Hilfsmitteln versorgen.

Das Interessante an der Story ist ihre Erzählweise. Der „Fremde“ ist gleichzeitig der Erzähler der Geschichte, als auch einer der wenigen Charaktere in ihr. Er kommentiert eure Handlungen aktiv, während ihr sie durchführt und geht hierbei auch auf Zockertypische Verschrobenheiten ein. Ich zeige euch das anhand eines Beispiels:

Zum Wegschmeißen komisch!

Das lockert einerseits die Stimmung auf, während es andererseits auch den Spieler mit ins Geschehen einbindet. Die komplette Vertonung ist auf Englisch und ich empfehle euch sehr, vor dem Start des Spiels unter Optionen die Untertitel einzustellen. Der Sprecher hat einen starken Akzent, um wie ein Cowboy zu wirken, weshalb er manchmal nicht so einfach zu verstehen ist. Sämtliche Menüs und Texte sind allerdings auf Deutsch.

Das Präsentation

Bastion spielt sich in einer isometrischen Perspektive. Ihr wandert durch die Welt Caeldonia, die sich mit jedem Schritt vor euch aufbaut. Sämtliche Texturen und Figuren sind von Hand digital gemalt worden. Das Spiel wurde damals von einem winzigen Team anfangs drei ehemaligen EA-Mitarbeitern, die unter Anderem an Command & Conquer 3: Tiberium Wars mitgearbeitet hatten, entwickelt.

Der Soundtrack entstammt der Feder von Darren Korb, der diesen damals in seiner Abstellkammer zu Hause produziert hat. Er beschreibt den Stil selbst als Acoustic Frontier Trip-Hop. Zusammen mit der Stimme des Erzählers, gesprochen von seinem Kumpel Logan Cunningham, vermitteln beide ein düsteres, raues Bild eines einsamen Cowboys, der durch eine triste und gefährliche Welt wandert. Ich habe mich sofort in diesen Soundtrack verliebt. Er geht sofort ins Ohr und lässt nicht mehr locker. Sofort möchte ich mir einen abgewetzten Mantel, dreckige Cowboy-Stiefel anziehen, Holster mit zwei Sechsschüssern umschnallen und mir an der Siegessäule in Berlin einen Showdown zur Mittagszeit liefern, während ich einen Klumpen Tabak kaue und nach billigem Whiskey stinke.

Aber hört selbst:

Ansonsten gibt es nichts an der Präsentation zu meckern. Keine Framerate-Einbrüche, keine Ruckler, Bugs, Glitches, soweit ich das erkennen kann. Das Spiel läuft einfach flüssig. Allerdings hat es ja auch schon ein paar Jährchen auf dem Buckel und existiert auf allen erdenklichen Plattformen, inklusive Mobilgeräten. Die Ladezeiten sind moderat.

Das Gameplay

Wie schwer darf es sein?

Zuerst einmal entscheidet ihr euch, ob ihr im Normalmodus oder im Null-Problemo-Modus starten wollt. Wählt ihr Normal, könnt ihr pro Level einmal an Ort und Stelle wiederbelebt werden (ein zweites Mal mit dem richtigen Destillat), bevor es euch an den Anfang des Levels zurückbefördert. Im Null-Problemo-Modus könnt ihr euch so oft wiederbeleben, wie ihr wollt. Zum Sterben zählt übrigens nur, keine Lebensenergie mehr zu haben. Von Klippen zu stürzen zieht euch ein wenig Energie ab, tötet euch aber nur, wenn ihr dadurch wirklich kein Leben mehr habt.

Falls euch der Normalmodus noch zu einfach ist, schaltet ihr im späteren Verlauf des Spiels den Schrein frei. Dort könnt ihr verschiedene Götter anbeten, ruhig auch mehrere gleichzeitig, welche euch das Spiel wesentlich schwerer machen. Entweder halten die Monster mehr aus, oder ziehen euch mehr ab, sind schneller oder verlangsamen euch – es gibt insgesamt 10 Götzen, die ihr finden und dort platzieren könnt. Für jede aktive Gottheit erhaltet ihr mehr Erfahrung und Splitter, der Spielwährung.

Umgekehrt könnt ihr mit jedem weiteren Level, das ihr aufgestiegen seid, die Destille besuchen. Dort könnt ihr Tränke platzieren, welche euch dauerhafte Boni wie zusätzliche Heiltränke, mehr Schaden, eine zusätzliche Wiederbelebung etc. bieten. Das könnt ihr aber auch lassen, wenn ihr es gerne so richtig schwer mögt.

Die Welt Caeldonia

Eure Suche nach Kernfragmenten führt euch zu verschiedenen, in sich abgeschlossenen Gebieten, die ihr über eine Himmelsbrücke von der Bastion aus erreichen könnt. Stück für Stück erscheinen weitere Orte auf der Karte. Interessant sind die sogenannten Übungsgelände. Für jede Waffe, die ihr im Spiel erhalten könnt, gibt es ein Übungsgelände, auf dem ihr eure Fertigkeit im Umgang damit unter Beweis stellen könnt. Je besser ihr seid, desto bessere Preise gibt es. Für jede Waffe könnt ihr als ultimativen Preis eine zusätzliche Geheimfähigkeit gewinnen. Die Herausforderungen sind kein Problem, sobald man die Waffen jeweils ein klein wenig aufgewertet hat. Ich bin allerdings überzeugt davon, dass manche der Geheimfähigkeiten nicht ohne Aufwertung der Waffe erlangbar sind.

Mit einem Stern markierte Gebiete sind abgeschlossen

Des Weiteren findet man in der Bastion selbst mit fortschreitendem Spiel Gegenstände wie eine Wasserpfeife, die The Kid in eine Arena werfen. Dort müsst ihr Wellen an Gegnern überleben, während der Erzähler zwischendurch immer wieder Teile der Geschichte einwirft.

Die unterschiedlichen Gebiete haben verschiedene Stile, mal durchwandert ihr eine Art Minen-Gebiet, mal eine verlassene Stadt und mal einen Dschungel. Keines der Gebiete ist sonderlich lang, bestenfalls habt ihr mal 15-20 Minuten am Stück zu tun.

Waffen und Fertigkeiten

Ihr findet unterwegs ein überschaubares Arsenal der unterschiedlichsten Waffen, sowohl für den Nah-, als auch Fernkampf. Ihr könnt jeweils zwei Waffen gleichzeitig mit euch in den Kampf nehmen und müsst euch für eine Geheimfähigkeit entscheiden, die ihr in diesem Level nutzen wollt. Für jede Waffe gibt es zwei Geheimfähigkeiten zu erlernen. Das Nutzen der Geheimfähigkeit kostet ein Schwarztonikum, von denen ihr zu Beginn drei mit euch herumschleppt.

Besiegte Gegner und zerschlagene Gegenstände lassen solche Tränke hin und wieder fallen, sodass ihr in gefährlichen Situationen nicht komplett machtlos seid.

Das Fundbüro hat einige nützliche Dinge für euch

Ausrüsten könnt ihr eure Waffen und Fähigkeiten im Waffenlager, aufwerten in der Schmiede, sofern ihr das passende Material dafür habt.

Insgesamt lässt sich sagen, dass der Rollenspiel-Anteil für ein Action-Rollenspiel ziemlich gering ausfällt. Ihr könnt maximal 10 Level aufsteigen, was ihr aber sehr wahrscheinlich erst im New Game Plus erreicht, denn dafür gibt es zu wenig Erfahrungspunkte. Ihr könnt jede beliebige Kombination an Waffen, Destillaten, Götzen und Fähigkeiten aktivieren, um das Spiel nach euren Wünschen zu gestalten, aber da hört es dann schon auf mit dem Rollenspiel. Was bleibt ist eine ziemlich geradlinige Story und Action. Und ausgerechnet die ist nur mittelmäßig.

Die Kämpfe sind schnell und der Umgang mit jeder Waffe sollte gut geübt sein. Ihr erhaltet im Laufe des Spiels den Stierkopfschild, mit dem ihr parieren und Projektile zurückschlagen könnt. Dies und die Ausweichrolle werden euch immens helfen. Leider ist konstantes Rollen schneller als laufen, was generell ein Minuspunkt in meinen Augen ist. Ich hasse es, ständig einen Button spammen zu müssen, nur um schnell genug vorwärts zu kommen. Tatsächlich finde ich die Laufgeschwindigkeit für die Action zu langsam. Weder die Nah-, noch die Fernkampfwaffen fühlen sich wuchtig genug an. Gegner werden mit einer normalen Attacke überhaupt nicht am Aufbau der eigenen Attacken gehindert, weshalb Nahkampf bei vielen Gegnern überhaupt keine Option ist, wenn man eigenen Schaden vermeiden möchte. Die Anzahl unterschiedlicher Gegnertypen hält sich in Grenzen.

Nach 12-15 Stunden sieht man das Ende, hat jedoch die Möglichkeit, mit New Game Plus weiterzumachen und die bisherigen Upgrades in den neuen Spielstand zu übernehmen.

Fazit

Pros:

  • Tolle grafische Präsentation und mitreißender Soundtrack
  • Eine Vielzahl Anpassungsmöglichkeiten, um die Schwierigkeit nach eigenem Geschmack zu gestalten
  • Eine spannende und packende Erzählweise

Cons:

  • sehr geradlinig, wenig Motivation, erneut durchzuspielen, trotz NG+
  • Nahkampfwaffen hätte man auch weglassen können
  • Rollen ist schneller als Laufen

Bastion ist eine schöne Spielerfahrung. Die Story ist packend und stimmig erzählt, die Kämpfe sind nie unfair, außer man stellt es explizit so ein, und man spürt die Aufwertungen der einzelnen Waffen in der Schmiede deutlich. Ein einzelner Durchlauf macht Spaß, ein weiterer in New Game Plus sicherlich auch noch, dann kann man das Spiel für eine Weile beiseite legen und irgendwann von vorne anfangen, wenn man mal Lust auf ein kurzes Abenteuer zwischendurch hat. Mit 12–15 Stunden Spielzeit gehört es zu den kürzeren Spielen. Der normale Preis von 12,49 € ist völlig okay. Sollte das Spiel mal im Angebot sein, braucht ihr nicht lange überlegen. Schlagt einfach zu.

Und wer Lust auf weitere Action-RPG…äh…Action hat, sollte Children of Morta eine Chance geben.

Über Roger Hogh 750 Artikel
Baujahr 1987, begann bereits als Zwerg mit einem Sega Master System II zu zocken, der einzigen Nicht-Nintendo-Konsole, die er je besessen hat. Begeisterter Fan von guten Metroidvanias und The Legend of Zelda. Überwiegend Einzelspieler, aber man findet ihn gerne mal bei einer Runde Smash Bros, natürlich als Link.

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