Der Glaube im Gaming-Bereich – alle paar Jahre wieder…

Was hat Glaube mit Gaming zu tun? Alle paar Jahre wieder beglückt uns ein altbekanntes Phänomen.
Einer Stampede-artigen Panik gleichkommend flippen die Gamer – das *innen lasse ich, Damen kommen mir hier generell cooler vor – komplett aus und lassen alle Vernunft und Würde fahren.

Was mit dieser Aussage gemeint ist: Natürlich der Next-Gen-Release.

Neben dem gewünschten Zieldatum zum Jahresende für besonders erfolgreiche Releases haben beide Ereignisse eine weitere Verbindung. Den Glauben! Dieses Trauer-…äh Schauspiel erfolgt als Aufführung in mehreren Akten.

Das Bild zeigt den Dual Sense Controller der PS5.
Bei Sony ist der Controller der Star…

Akt 1: Öffentlichkeitsarbeit, um Glauben zu generieren

Natürlich veröffentlicht man im Vorfeld ein paar Specs. Die eine oder andere nebulöse Aussage kommt würzend hinzu. Natürlich generiert genau das viel Mythos und wiederum Glauben. Eben dies ist die Absicht und gehört zum „Spiel“. Denn es geht um den ersten Hype. Die eigentliche Werbung findet dann nach der Auslieferung der ersten „Testkonsolen“ statt. Die wissen schon ganz genau, wie sie uns Menschlein nehmen müssen.

Nachdem diese ersten Konsolen ausgeliefert sind geht’s dann los. In diesem Fall mittels gefühlt tausenden Konsolen und Influencer. Daneben dann auch an die bewährte Fachpresse und Online-Medien. Abgesehen davon, dass diese Konsolen im Verkauf fehlen – geschenkt – kam auch nicht wirklich viel dabei heraus.

Wir haben gelernt, dass die Konsolen ja ganz toll aussehen – beide. Dabei auch ziemlich schwer und klobig sind – mehr oder weniger beide.

Wir haben erfahren, dass damit sowieso noch nicht – öffentlich – gespielt werden darf, da sie nicht fertig sind.
Ebenso haben wir erfahren, dass beide Konsolen auch über den Release hinaus noch nicht fertig waren und sind.
Wir haben gelernt, dass der Controller der Star ist. Wie bescheiden…
Wir haben uns gefragt – ich zumindest – warum dann einige eine gestellt bekommen, wenn sie die Konsolen nicht auf Herz und Nieren testen und dies publizieren dürfen. Vielleicht, weil sie eben noch nicht fertig, also Beta-Testversionen, sind? Vielleicht, weil dies alles überwiegend und in erster Linie dem Zweck der Werbung dient? Aber man möchte ja an das Gute im Publisher und den Influencern glauben. Der Glaube versetzt schließlich Berge, nicht wahr?

Die ersten Konsolen waren natürlich nur Testkonsolen zu Werbezwecken und keine finalen. Dies betrifft die Hard-, hier aber entscheidender, die Software. Man sieht es an Sony. Hier wurden gar bei den finalen Konsolen zwei unterschiedliche Lüfter verbaut. Ein leiserer Lüfter und ein etwas lauterer. Wer letztere erwischt hat bekommt hier einen dicken Gruß von mir mit den Worten: ,,Sony: Das ist mehr als einfaches Gaming“.

Jawoll, Recht haben sie! Viel Emotion steckt nämlich auch dahinter. Bevor sich nun jemand diskriminiert fühlt: Microsoft war auch nicht viel besser.

Ein offizielles Video von Sony und Microsoft hätte wohl auch ausgereicht. Bis die ersten bewegten Bilder und Tests erscheinen. Aber so macht das Spiel einfach mehr Spaß und erzielt dabei auch die erwünschte Wirkung.

Akt 2: Vorbestellphase

Im guten – und nicht zum ersten Mal enttäuschten – Glauben an das Bestreben der Publisher, nur unser Bestes zu wollen, handeln wir. Somit wird fleißig vorbestellt. Und, ja natürlich, die Publisher wollen selbstverständlich nur unser Bestes. Was das dann genau ist liegt wiederum im Blickpunkt des Betrachters.

Es wird gehofft, gebangt, die Bestellseite über Stunden aktualisiert und sich dann gefreut, wenn man eines der raren Exemplare abstaubt. Ja, selbst doppelte Preise und mehr werden an Skalper gezahlt.

Oder vor lauter gierender Panik auf Ebay (legal) 500 € für ein Foto bezahlt. Das alles nur, um von Anfang an dabei zu sein. Begleitend wird bereits im Vorfeld spekuliert und gestritten, sich übereinander lustig gemacht und jede noch so hirnrissige Behauptung geglaubt. Hauptsache, man schadet der „Gegenseite“. Bis hin zu Liquid dampfen und in eine Series X blasen, damit es dann so aussieht als würde sie wegen Überhitzung qualmen. Befeuert werden diese trüben Tassen dann von Clickbait-Medien, die jede noch so belanglose Meldung verbreiten. Die nehmen es dann mit der Wahrheit leider auch nicht so genau, doch der Glaube ist stark in den Lesern. Das betrifft allerdings nicht nur den Gaming-Bereich. Aber letzten Endes will ja jeder nur unser Bestes. Und nicht zu vergessen, negative Berichterstattung kann auch Werbezwecken dienen. Man erinnere sich an die legendären Konsolenkriege zwischen Sega und Nintendo.

Das Bild zeigt die beiden Series X Modelle von Microsoft.
…bei Microsoft der Game Pass

Der Glaube wurde während dieser Vorbestellphase übrigens hart auf die Probe gestellt. Wo kommen wir denn da hin, wenn man mir von drei vorbestellten Konsolen zwei storniert.
Schlauere Zeitgenossen nahmen Bots. Mit diesen saugten sie tausende Konsolen aus dem Verkauf. Es existieren sogar entsprechende Discord-Server. Nur, um sich nun hinzustellen und diese dreiste Masche mit Corona zu erklären. Der Blitz soll diese Wegelagerer beim S………n erschlagen.
Aber sie wissen eben, dass der Glaube auch ein bisschen doof machen kann.

Davon abgesehen traf es auch viele, die nur eine Konsole – im guten Glauben – vorbestellten. Manche dürfen trotz bereits erfolgter Zahlung immer noch warten. Andere wissen bereits, dass es vielleicht erst Mitte bis Ende des ersten Quartal 2021 etwas wird. Vielleicht auch erst im Sommer 2021, aber wir glauben einfach mal daran.

Akt 3: Katerstimmung

Dieser setzt dann ein, wenn die ersten Verkaufsversionen in den Wohnzimmern stehen. Man bemerkt nämlich – Überraschung – Kinderkrankheiten. Denn obwohl dies eigentlich immer so ist und sich gefühlt mit jedem Next-Gen-Release steigert, bleibt unser Glaube trotz Fakten unerschüttert. Die ersten ausgelieferten Konsolen sind und bleiben Beta-Versionen. So wie es sich bei Spielen immer mehr durchsetzt, geschieht es nun auch bei der Hardware. Denn dort erweist sich das Betriebssystem als noch nicht rund und auf die Hardware abgestimmt. Manche Games sehen dadurch – noch – nicht besser aus als auf Old-Gen-Konsolen.

Zur Katerstimmung gehört auch dazu, dass nun ein gewisses Problem mit den TVs besteht. 4k, HDR, 120 Hz und HDMI 2.1 haben aktuell noch nicht ansatzweise alle Gamer im Wohnzimmer stehen. Nun betrachte man sich bitte die Preise entsprechender Modelle und vor allem, wie weit diese aktuell verbreitet sind. Selbst 4k ist in aktuellen Wohnzimmern noch NICHT Standard.

Wer also in den vollen Genuss der aktuellen Next-Gen kommen möchte, muss hierfür inklusive TV so etwas um die 2000 Euronen hinlegen. Und ich rede – Stand jetzt – nicht von 65 Zoll+ Displays.

Ich persönlich habe noch „Glück“. Mein TV kann zwar kein HDMI 2.1. Dafür aber 4k, HDR und 100Hz (nativ). Das reicht mir persönlich. Ray Tracing ist nur ein Grafikeffekt und 120 Hz werden die Konsolen – so glaube ich zumindest – nicht nativ darstellen können. Eher so etwas um die 60–100 Hz. Das wäre trotzdem noch deutlich flüssiger als mit Old-Gen, also alles in Ordnung.

Aber was ist mit all jenen, die entweder auf Monitor (2560p) oder gar auf HD (1080p) gezockt haben. Von den letztgenannten kenne ich persönlich zwei und die erstere Auflösung wird aktuell nicht unterstützt.

Fazit

Es beweist sich auch in diesem Fall wieder: Wer vorbestellt, ist klar im Nachteil. Erstens werden Vorbesteller sowohl bei Games als auch bei Hardware als Beta-Tester missbraucht. Zweitens müssen sie dafür noch zahlen und ja auch ich fiel – niemand ist vor dem Glauben gefreit – darauf herein und zwar erst kürzlich bei Assasins Creed Valhalla. Mein allerletztes Release-Game. Das ist kein Glauben, sondern eine Ansage. Glaube ich…

Was beide Hersteller sehr gut umgesetzt haben, ist die Abwärtskompatibilität und diese Absicht ehrt die Hersteller wirklich. Nintendo möge hier bitte unbedingt in Zukunft nachziehen.

Auch wenn – ich zitiere nun einen „Experten“ – dadurch, dass die Games auch auf Old-Gen erscheinen, dies die Next-Gen-Games schlechter macht. Wer sich einmal, objektiv gesehen, hinsetzt und über diese Aussage sinniert, könnte zu folgender Annahme gelangen: Sofern man generelles Multi-Plattforming und den PC mit einbezieht, ist diese Aussage schlicht Bullshit. Jeder PC ist anders und dort ist Multi-Plattforming und das Anpassen der Games auf die gegebenen Umstände der Hardware seit Jahrzehnten möglich. Beginnend bei diversen unterschiedlichen Eingabegeräten bis hin zur Grafik-Engine.

Zwar besitzen auch die Konsolen natürlich unterschiedliche Specs und Betriebssysteme, man beachte hier jedoch, dass sich die Old- und Next-Gen von Microsoft das annähernd gleiche Betriebssystem teilen. Also eine angepasste Windows 10-Version. Diese treibt zufällig auch den PC an und spätestens nun fängt der Haufen gewaltig an zu stinken.

Konsolen haben hier nämlich gegenüber dem PC einen gewaltigen Vorteil. Die jeweiligen Betriebssysteme sind optimal auf die Hardware abgestimmt. Dies bewirkt unter anderem auch, dass Games auf einer 500-Euro-Konsole fast genauso gut aussehen wie auf einem 2.000-Euro-PC. Ein ähnliches Phänomen sehen wir im Vergleich AppleOS und Windows sowie Android. Erstgenanntes Betriebssystem ist optimal auf die Hardware angepasst. Man nennt dies ein geschlossenes Hardware-System. Android und Windows sind offene Hardwaresysteme.

Lange Rede, kurzer Sinn: eigentlich sollte Abwärtskompatibilität auf Konsolen sogar leichter umzusetzen sein als auf einem PC. Die Programmierer finden sehr zuverlässig immer die gleichen Specs vor. Hardware, die auch im PC zum Einsatz kommt.

Es ist also nur konsequent, dass diese beiden kleinen „Wohnzimmer-PCs“ auch abwärtskompatibel sind. Denn, wer aufmerksam dem Geschäftsgebaren von Microsoft zusieht, wird ganz schnell merken, dass durch die Software das Geld verdient wird. Wer Microsoft kennt, weiß, dass dieses Unternehmen auch nichts zu verschenken hat.

Bilder: © Sony, Microsoft

Über Christian Walter 90 Artikel
1978 konnten dank fleissiger Gamer die ,,Space Invaders" aufgehalten werden. Im gleichen Jahr erblickte ich das Licht der Welt. Im Jahre 1987 zog dann ein Atari 2600 in unserem Wohnzimmer ein. Fortan blieb ich in Form von diversen Systemen dem Phänomen Video- und Computerspielen treu. Nintendo nahm dabei in meinem Herzen immer einen besonderen Platz ein.

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