Spielfime – wenn aus Spielen Filme werden

Spielfilme, seit jeher eigentlich der Begriff für stinknormale Filme in deutschen Fernsehzeitschriften, sollte eigentlich die korrekte Bezeichnung von Filmen werden, die ein Videospiel als Vorlage hatten.

Spielfilme haben unter Gamern und Filmkritikern im Allgemeinen eher einen schlechten Ruf. Viel zu oft ist offensichtlich, dass die Regisseure und Produzenten, unabhängig davon, wie oft sie in Interviews das Gegenteil zu behaupten versuchen, absolut keine Ahnung von der ursprünglichen Quelle haben.

Aller Anfang ist Schwer

Schon Anfang der Neunziger gab es die ersten Versuche, an den Erfolg von Videospielen mit passenden Spielfilmen anzuknüpfen. Jeder, der sich auch nur oberflächlich mit Nintendo auseinandergesetzt hat, wird früher oder später auch auf den Film Super Mario Bros. aus dem Jahre 1993 gestoßen sein.

Spielfilme - Super Mario Bros. von 1993. Mario und Luigi im Fahrstuhl
Mario Mario und Luigi Mario retten die Welt

Als Kind fand ich den Film herrlich und als lustiger Trash-Film kann man ihn sich auch ab und an mal anschauen, doch hat der Film wenig bis gar nichts mit der Spielereihe zu tun. Oder mit einem guten Film.

1994 folgte ein Spielfilm, der sich selbst in keinster Weise ernst nahm und dadurch zum absoluten Kult-Trash wurde: Street Fighter.

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Raoul Julia und Jean-Claude Van Damme liefern sich eine Sprücheschlacht der Extraklasse. Dieser Film hat eine Menge gemein mit dem ein Jahr später erschienenen Mortal Kombat. Dumme Sprüche, alle möglichen bekannten Charaktere wild zusammengeworfen in eine herrlich oberflächliche Story, gewürzt mit einer Menge Action. Was will „Mann“ mehr? Beides sind Filme, die ich immer mal wieder gerne anschaue und einfach Spaß habe.

Das dunkle Zeitalter der Spielfilme

Es gibt einen Oberschurken, der es sich leider auf die Fahne geschrieben hat, mit völliger Ignoranz und einer gehörigen Portion Selbstüberschätzung das Genre der Spielfilme vollständig in Verruf zu bringen: Uwe Boll!

Bei meiner Recherche kamen mir diverse Filme vor die Augen, dessen Existenz ich gerne weiter verdrängt hätte. Angefangen mit House of the Dead, Alone in the Dark und dem ersten BloodRayne-Film (zwei weitere folgten aus irgendwelchen Gründen noch einer schlimmer als der andere), gefolgt von einem unglaublich schlechten Schwerter des Königs – Dungeon Siege, trotz Jason Statham, über den noch viel unglaublich schlechteren Far Cry mit der deutschen Nuschelbacke Til Schweiger in der Hauptrolle; einfach alles, was Uwel Boll anfasste, wurde von Fans und Kritikern gleichermaßen gnadenlos zerrissen.

Es folgte 2008 eine Petition, die Uwe Boll zwingen sollte, damit aufzuhören, Videospiele zu verfilmen. Leider erreichte sie nur 300.000 von einer Million benötigten Stimmen, sodass noch ein zweiter Alone in the Dark-Film und noch zwei weitere Schwerter des Königs-Filme folgten, die zum Glück genau wie alle anderen seiner Projekte überwiegend ignoriert oder zerrissen wurden. 2018 gab der Herr zum Glück auf und betreibt nun ein Restaurant in Vancouver.

Ausnahmen bestätigen die Spielfilme-Regel

Wie bei fast allen Dingen gibt es hier und da mal ein paar Glückstreffer. Der beste Spielfilm ist meiner Meinung nach Silent Hill aus dem Jahre 2006.

Spielfilme - Silent Hill aus dem Jahr 2006. Leere Straße
Der Film fängt die Stimmung der Spiele gut ein

Silent Hill hat sich gut von der Vorlage inspirieren lassen. Der Film ist von vorne bis hinten atmosphärisch, die Stadt gibt dieses verlorene Gefühl perfekt wieder und auch bekannte Kreaturen wie der Pyramid Head sind vertreten. Sechs Jahre später folgte ein zweiter Teil, der leider nicht an den Erfolg des ersten Films anknüpfen konnte.

Ein weiteres Beispiel, wie man es überwiegend richtig macht, ist Prince of Persia.

Jake Gyllenhaal auf einem Poster für Prince of Persia
Jake Gyllenhaal ist dem Spielprinzen wie aus dem Gesicht geschnitten

Die Story des Films ist genauso oberflächlich wie die der Spiele, aber das Setting, die Aufmachung und Präsentation sowie der Spaß sind gleichgeblieben. Es wird geklettert und gekämpft und man hat einfach einen netten Abenteuer-Film, der sich irgendwie um den Sand der Zeit dreht. Die Einspielergebnisse geben dem Film recht – nicht erfolgreich genug, um ein Sequel zu fordern, aber für sich genommen ein gutes Ergebnis.

Meine Meinung

Es gibt noch ein paar weitere Filme, die ich auf die Liste der zumutbaren Spielfilme setzen würde. Der erste wäre Hitman aus dem Jahre 2007, mit Timothy Oliphant als Agent 47.

Hitman - Jeder stirbt alleine, Close-up von Timothy Oliphant als Agent 47
Glatze, schwarzer Anzug, rote Krawatte: passt.

Ein Meisterwerk, vergleicht man ihn mit der Katastrophe von 2015 namens Hitman: Agent 47.

Und jetzt die unpopulärste Meinung: Ich mag den Assassin’s Creed-Film. Bevor ich nun mit Heugabeln und Fackeln zur nächsten Dorfkirche getrieben und aufgeknüpft werde, lasst mich bitte erklären.

Sieht aus wie Assassin’s Creed, oder?

Ich sage nicht, dass Asssassin’s Creed als Film die Videospielreihe adäquat repräsentiert. Ich bin auch nicht in der Position, in diesem Punkt irgendwie zu argumentieren, da ich keines der Spiele selbst gespielt, sondern mir lediglich teilweise das Gameplay angeschaut habe. Aber: Nimmt man diesen Faktor einfach mal weg, hat man Popcorn-Kino. Und das ist, worauf ich eigentlich am meisten achte. Ich möchte im Kino unterhalten werden.

Hitman, Assassin’s Creed, Prince of Persia – man kann sich lange darüber streiten, ob diese Spielfilme wirklich das jeweilige Spiel repräsentieren. Das tun die Fans auch meistens: sich streiten. Ich genieße derweil einfach einen Film, der an ein Universum angelehnt ist, das ich durch ein paar Videospiele kennen und lieben gelernt habe. Ich habe alle Prince of Persia-Teile mehrfach durchgespielt, sogar den verhältnismäßig schlechten Versuch einer Neuauflage. Ich habe nicht erwartet, dass der Film eine Story des Spiels komplett wiedergibt, sondern ein eigenständiges, ähnliches Abenteuer aufzeigt – und wurde nicht enttäuscht. Ich habe auch von vornherein nichts vom Hitman-Film erwartet – und wurde nicht enttäuscht. Bei Assassin’s Creed erwartete ich eigentlich nur Action, basierend auf dem, was der Trailer gezeigt hat – und wurde nicht enttäuscht.

Auch wenn ich mir die Spucke sparen könnte, so will ich dennoch versuchen, meine Meinung zu formulieren: Nehmt doch mal alles nicht so ernst! Es gibt Dinge, die wirklich wichtig sind und um die man sich auch ruhig mal aufregen kann und sollte – Videospiele, Filme und alles, wo man sonst ein Fan von sein kann, gehören nicht dazu.

Es wird meiner Meinung nach ohnehin viel zu viel gemeckert auf der Welt. Man kann etwas mögen oder nicht. Man kann auch seine Meinung äußern. Aber wie oft ich im Internet lesen muss, dass Fans die Entwickler von Spielen oder die Regisseure und Produzenten von Filmen beleidigen oder attackieren, weil sie mit Entscheidungen, wie mit dem Franchise umgegangen wird, nicht zufrieden sind, finde ich erschreckend.

Damit möchte ich jetzt nicht zwangsläufig Entwickler oder Regisseure etc. in Schutz nehmen. Natürlich sollten alle Parteien darum bemüht sein, dem letztendlichen Kunden oder Nutzer ein erfreuliches Produkt abzuliefern. Hierzu habe ich sogar schon einmal eine Montagsmeinung verfasst. Wenn EA seine Spiele mit Mikrotransaktionen vollpumpt heiße ich das genauso wenig gut wie Disneys Praxis, aus hervorragenden, quasi perfekten Zeichentrickfilmen Live-Adaptionen zu machen, weil „Nostalgie = Kohle“ bedeutet. Sobald die Dollarzeichen in den Augen größer werden, als der Wunsch, dem Spieler oder Zuschauer das bestmögliche Werk abzuliefern, ist Kritik vollkommen gerechtfertigt. Aber es gibt zwei Redewendungen, die hier perfekt zu passen.

  1. Der Ton macht die Musik: Niemand möchte gerne abgewertet oder beleidigt werden. Gut, jemand hat einen Spielfilm produziert und es ist schon vom Trailer her abzusehen, dass er grässlich wird, z.B. weil Mark Wahlberg mitspielt und der Film Max Payne heißt. Berechtigte Kritik ist angebracht. Diese könnte in etwa so lauten:
    „Das ist ein purer Cash-Grab! Das sieht man doch sofort. Die haben sich nur am Namen bedient, aber das richtige Max Payne hat doch keine Dämonen, die Leute aus dem Fenster schmeißen! So ein Blödsinn!“
    Das klingt doch wesentlich netter als „Diese dummen XXXXXXX können sich ihren SSSSSS-Film in den AAAAA stecken! So einen VVVVVVVVV Dreck will doch keiner sehen! Die HHHHHHHHHH sollte man alle aufhängen!!!!!!!1elf!!“
    Ich habe Verständnis dafür, dass bei leidenschaftlichen Themen die Emotionen etwas hochschwappen können. Dafür gibt es Ballerspiele zum Abreagieren. Wenn einem dieses Stereotyp doch so gerne vor die Nase gehalten wird, warum nicht ausnutzen. Doch bevor jemand ruft „Ihr habt mit diesem Film mein Leben zerstört“, gibt es immer noch die zweite Redewendung:
  2. Taten sprechen lauter als Worte: Das will zwar auch wieder niemand hören, aber wenn man durch die ganze Wut hinweg einfach mal tief durchatmet, ist die vernünftigste Reaktion tatsächlich, sich diesen Film nicht anzuschauen oder das Spiel nicht zu spielen. Wenn es so offensichtlich ist, dass es ein purer Versuch ist, mit dem Namen Geld zu machen wie bei Need for Speed, tut eurem Portemonnaie, eurem Gewissen und der Welt einen gefallen und schaut euch etwas anderes an. Wenn die Verkäufe mies sind, wird es sich der Regisseur nie wieder wagen, dieses Franchise anzupacken und der Film verschwindet so schnell in der Versenkung, dass man getrost so tun kann, als hätte es ihn nie gegeben. Es ist tatsächlich nicht nötig und niemandem damit geholfen, sich den Film gegen Geld anzuschauen, nur um darin bestätigt zu werden, dass er eine miese Abzocke ist.

Ich finde, dass man sich richtig üble Kritik, also mit wüsten Beschimpfungen und Bedrohungen aller Art, einfach sparen kann. So verfasse ich auch meine Tests. Ich schaue auf all das Positive und oftmals fällt es mir sogar schwer, wirklich etwas zu kritisieren. Ein Spiel muss schon echt schlecht sein, wenn ich viel daran auszusetzen habe. Und selbst dann wird es Leute geben, denen es trotzdem gefällt. Ich halte sie deshalb nicht für dumme Spinner oder Fanboys oder was auch immer mir gerade so an Beleidigungen einfällt. Ich halte sie für Menschen mit einer anderen Meinung. Völlig wertungsfrei. Das ist wahre Toleranz. Lasst die anderen die Dinge so sehen, wie sie es möchten. Im Streit hört man dem Gegenüber meistens eh nicht zu, also wird kaum je jemand seine Meinung dadurch ändern, dass er angegriffen wird.

So und bevor ich jetzt weiter den Moralapostel spiele, spiele ich lieber Fire Emblem: Three Houses weiter.

Switch on!
Roger

Über Roger Hogh 750 Artikel
Baujahr 1987, begann bereits als Zwerg mit einem Sega Master System II zu zocken, der einzigen Nicht-Nintendo-Konsole, die er je besessen hat. Begeisterter Fan von guten Metroidvanias und The Legend of Zelda. Überwiegend Einzelspieler, aber man findet ihn gerne mal bei einer Runde Smash Bros, natürlich als Link.

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