Cyberpunk 2077 – Warum es dem Hype nicht gerecht wird

Seit so vielen Jahren erwartet die Spielerschaft die dystopische Welt von Cyberpunk 2077. Ich persönlich bin mittlerweile für 25 Spielstunden (PC) eingetaucht und mag einmal einen Rundumschlag vollführen, welcher sowohl die Qualität des Titels an sich, die Firmenpolitik sowie die Reaktionen der Fachpresse und Spielerschaft mit einbindet.

Die Qualität zu bewerten, ist kein leichtes Unterfangen. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass der Entwickler CD Projekt Red sein Software-Baby sowohl für Last-Gen-Konsolen, Current-Gen-Konsolen als auch den PC veröffentlicht hat. Nicht auf jeder Plattform erwartet die Spieler dasselbe Erlebnis. Im Gegenteil – die Erfahrungen weichen extrem voneinander ab.

Auf PS4 und Xbox One ein Graus

Nicht wenige Gamer orientieren sich gerne mal an den Metascores auf metacritic.com. Schauen wir uns dort einmal die PS4-Fassung an, erblicken wir den Wert 50 (fünf Reviews) der Fachpresse und gerade mal den Wert 2,9 bei über 6.500 Spielerwertungen. Bei der One-Fassung sieht es nicht besser aus. Hier sehen wir 51 Punkte der Fachpresse (vier Reviews) und einen User Score von 4,0 bei über 4.000 Spielerwertungen.

Und ja, ich höre schon die kritischen Stimmen brüllen: „Ach, metacritic hat null Aussagekraft, alles Hater und viel zu undifferenziert!“

Fakt ist, dass die Last-Gen-Versionen mit massiven technischen Problemen zu kämpfen haben. Matschige und nachladende Texturen, lange Ladezeiten, viele Bugs, schlechte Lichteffekte, Pop Ins, massive Framedrops, Spielabstürze usw.
Das deutsche Magazon 4Players wertete mit 39 Punkten und dem Fazit „Mangelhaft“ ebenfalls sehr streng.
Gamepro hingegen spricht sogar eine Kaufwarnung aus, ist aber bereit, die Wertung in Zukunft anzupassen.

Sollte euch ein Vergleich zwischen der PS4- und der PS4 Pro-Version interessieren, schaut euch doch gerne das Video von Digital Foundry an:

Da schneidet die PS4 Pro deutlich besser ab

Entwickler CD Projekt Red persönlich gesteht sich diesen miesen Umstand sogar öffentlich ein. Die Firma entschuldigt sich via Twitter und bietet Rückerstattungen an. Besonderheit dabei ist die Ehrlichkeit sowie die Möglichkeit sowohl digitale als auch physische Fassungen erstattet zu bekommen. Sollten Probleme auftreten, könnt ihr CD Projekt Red kontaktieren und sie werden euch dabei unterstützen.

Wenigstens sind sie ehrlich

Doch anscheinend gibt es sowohl bei Sony als auch bei Microsoft Probleme bei der Rückerstattung. Es scheint etwas voreilig von CD Projekt Red gewesen zu sein.

Sony verweist wie folgt auf die Problematik:

Digitale Inhalte, bei denen du bereits den Download oder das Streamen gestartet hast, sowie Ingame-Consumables, die bereits geliefert wurden, können nur erstattet werden, wenn sie fehlerhaft sind.

Sony

Stellt sich die Frage, was „fehlerhaft“ nun bedeutet. Bugs weist jedes Spiel auf und spielbar ist es auch so. Dazu kommt, dass der Entwickler bereits zwei große Patches angekündigt hat. Auch bei Microsoft treten solche Probleme auf.

Update: Die Wende von Sony um 180°

[EDIT]: Mittlerweile hat Sony Cyberpunk 2077 aus dem PlayStation Store entfernt und alle Kunden bekommen tatsächlich ihr Geld zurück. Nach einer Absprache mit CD Projekt Red ist dies ein gewaltiger Schritt und als Präzedenzfall zu betrachten.
Wie Microsoft in Zukunft verfahren wird, bleibt abzuwarten. Sollten diesbezüglich neue Informationen vorliegen, reichen wir diese in diesem Artikel nach.

Zu dieser Thematik hat sich YouTuber und Entwickler SambZockt mal umfassend geäußert:

[EDIT]: Auch Microsoft hat sich via Twitter an die Spielerschaft gewendet:

Entgegenkommend und dreist zugleich

So sehr der Entwickler den vielen Cyberpunks auch entgegenkommt, bleibt ein herber Beigeschmack. Dieser entsteht durch die Tatsache, dass CD Projekt Red zuvor keine Testversionen von Cyberpunk 2077 der Last-Gen-Versionen verschickt hat. Der Fokus lag ganz klar auf den aktuellen Konsolen von Sony und Microsoft. Bedenkt man aber, dass seit dem Launch im November 2013 bisher ungefähr 115 Millionen PS4-Konsolen und seit dem fast zeitglichen Launch der Xbox One weit über 40 Millionen (Microsoft mag keine Verkaufszahlen ihrer Konsolen mehr nennen) abgesetzte Konsolen im Umlauf sind, dürften viele Käufer auf genau diesen Systemen zugeschlagen haben. Und das ohne vorherige Transparanz wie gut denn genau diese Versionen laufen.
In diesem Kontext spricht Open Critic von einer irreführenden, egoistischen und ausbeuterischen Täuschung.

Das Bild zeigt das Verhältnis der Vorbestellungen von "Cyberpunk 2077" zwischen PC und Konsolen.
Immerhin verdammt viele Konsolen-Vorbestellungen!

Klar dürfte auch sein, dass es unter all den Gamern viele Menschen gibt, denen eine Rückerstattung zu aufwendig ist und sie deshalb diese Möglichkeit nicht nutzen. Dazu kommt der Umstand, dass sowohl die PS5 als auch die Xbox One X überall ausverkauft sind. Somit ist ein Konsolen-Upgrade zurzeit nicht einmal möglich. Was da bleibt ist der PC, welcher dann aber bitte mit ordentlich Hardware-Power ausgestattet sein sollte. Ist dieser nicht vorhanden, muss mehr investiert werden als in eine Current-Gen-Konsole.

Die Vorbestellungen beliefen sich im Übrigen auf satte acht Millionen Einheiten, wodurch Einnahmen von fast 500 Millionen US-Dollar entstanden sind.

Da sollte man eventuell Vorbestellungen gründlich überdenken

Auf PS5 und Xbox One X besser, aber ebenfalls mit Nachteilen

All jene, die Cyberpunk 2077 auf den neuen Konsolen spielen, profitieren von einer hübscheren Optik (HDR-Features), besseren Ladezeiten, einer stabileren und höheren Framerate und weniger Spielabstürzen. So weit so gut. Allerdings sind auch diese Versionen sehr weit von der PC-Fassung entfernt. Dies liegt daran, dass CD Projekt Red das Next-Gen-Update erst im nächsten Jahr nachliefert. Es handelt sich hierbei also lediglich um die Standardversionen, welche von der zusätzlichen Hardware-Power profitieren.
Doch auch auf den aktuellen Konsolen haben Spieler mit bekannten Problemen zu kämpfen. Der Zustand ist alles andere als zufriedenstellend. Das ersehnte Update soll die Konsolen voll ausschöpfen. Wie die Qualität ausfällt, bleibt abzuwarten.

Das Erlebnis von Cyberpunk 2077 auf dem PC

Auf einem potenten PC läuft Cyberpunk 2077 am geschmeidigsten. Hier kann man eigentlich fast gar nicht über das audiovisuelle Erlebnis meckern – absolutes Top-Niveau! Nichtsdestotrotz erwarten uns auch in dieser Version viele Bugs und Glitches. Teilweise hängt man irgendwo fest oder ist in einem Quest-Bug gefangen. In beiden Fällen ist man gezwungen Spielstände neu zu laden. Es gibt eine Vielzahl verschiedener Spielfehler, die von KI-Aussetzern, Teleportationen bis hin zu unsichtbaren Wänden und vielem mehr reichen.
An dieser Stelle stellte CD Projekt Red am 11. Dezember einen Hotfix zur Verfügung, welcher Cyberpunk 2077 auf die Version 1.04 hob.
Auch was Ladezeiten, Performance und Spiel-Abstürze angeht, kann ich mich hier keinesfalls beklagen.
Und selbst auf PC mag der Entwickler noch nachbessern, da es auf aller höchsten Einstellungen inklusive Raytraycing noch zu Performance-Einbußen kommen kann, selbst bei den aktuellsten Grafikkarten und guter CPU.

Auf metacritic erreicht die PC-Fassung den Wert 89 von der Fachpresse (58 Reviews) und einen User Score von 7,0 bei über 17.300 Wertungen. Der Metascore lag zunächst bei 90 Punkten.
Dabei ist anzumerken, dass beispielsweise die Herrschaften von GameStar eine Abwertung vorgenommen haben.

Für die Leute unter euch, die Erfahrung mit etwas komplexeren Einstellungen haben, verlinke ich hier zwei Tipps, welche eure Performance potenziell boosten können (keine Gewähr):

Einstellungen allgemein für PCs
Einstellungen speziell für Ryzen-CPU mit acht oder weniger Kernen

Allgemeine Probleme von Cyberpunk 2077

Es gibt leider einen negativen Aspekt der extrem heraussticht und das unabhängig von der Plattform. Und das ist die KI. Ich habe selten so etwas Unausgereiftes in einem modernen Videospiel erlebt. Die Umwelt reagiert entweder übertrieben, gar nicht oder völlig unlogisch auf uns.
Als ziemlich akkurate Veranschaulichung mag ich euch an dieser Stelle ein YouTube-Video des deutschen Entwicklers und Technik-YouTuber Samb ans Herz legen:

Wenn auch scherzhaft präsentiert, zeigt es massive Probleme der KI

Gerade die KI und das Reagieren auf den Spieler lassen eine virtuelle Spielwelt zum Großteil glaubhaft oder eben unglaubhaft wirken. Mir persönlich versaut es an vielen Stellen leider die Immersion und schreit mir geradezu ins Gesicht: „Ha, du spielst hier ein unfertiges Spiel!“

Ein weiterer Negativpunkt, welcher mir einen ordentlichen Dämpfer verpasst hat, richtet sich an die Abstinenz der Dialog-Möglichkeiten außerhalb von Missionen mit hochwertig ausgearbeiteten NPCs. Wir können in Cyberpunk 2077 kaum Gespräche mit NPCs führen. Was mir beispielsweise in einem Fallout 3/New Vegas/4 so gut gefallen hat, waren die für ein RPG typischen Gespräche. Egal wen ihr in der Stadt außerhalb von Missionen und einigen Verkäufern ansprecht: Kein Dialog und die meisten Leute sind patzig oder ängstlich.
In Kombination mit der ziemlich dämlichen KI wirken fast sämtliche Bewohner wie völlig unausgereiftes Füllwerk und bewirken das Gegenteil des eigentlichen Ziels: Immersion zu schaffen!

Dabei versprach der Entwickler das genaue Gegenteil. Und zwar über 1000 NPCs, die einen eigenen Tagesablauf leben. Beobachtet man diese, laufen viele einfach nur stumpf hin und her (Siehe Video von Samb).

Ich weiß nicht, ob ich es witzig oder traurig finden soll, wenn Passanten panisch vor mir wegspringen, wenn ich auf einem Motorrad nicht mal im Schritttempo nach hinten rolle, obwohl ich gut zwei Meter entfernt bin.

Das Bild zeigt, wie ein Motorradfahrer gegen ein Kaktus fährt.
Das KI-Verhalten schmerzt ähnlich wie diese Fahrt in den Kaktus

Weitere Immersions-Killer

Die dystopische Stadt von Night City beherbergt viele verschiedene Klans und Fraktionen. Zu Anfang des Spiels können wir sogar zwischen drei Pfaden wählen: Nomade, Streed Kids und Konzerner.
Je nachdem welchen Pfad wir wählen, startet unsere Reise auf andere Weise. Außerdem schalten wir dadurch einzigartige Dialogoptionen frei. Das klingt nun echt aufregend, oder?
Ist es nur leider nicht wirklich. Ja, der Anfang spielt sich anders und wir können bestimmte Sätze vom Stapel lassen, doch weitreichende Auswirkungen erwartet man vergebens.

Allgemein fühlen sich Dialog“erfolge“ wenig wie solche an. Clevere oder mutige Antworten belohnt das Spiel weder mit Erfahrungspunkten noch mit anderen Mitteln. Auch ein Beziehungs-Barotmeter scheint nicht zu existieren. Selbst die Dialogoptionen, welche durch unsere Attribute verfügbar sind, lassen starke Reaktionen oft missen. Es ist einfach nur eine zusätzliche Option und fühlt sich wenig befriedigend an.
Ähnlich verhält es sich mit den Fähigkeiten beim Öffnen von Türen oder dem Hacken von Terminals. Sind vorausgesetzte Werte nicht vorhanden, können wir nicht einmal versuchen, Türen aufzubrechen oder Terminals zu hacken. Das haben spiele wie Skyrim und Fallout 3 seinerzeit schon spannender und innovativer gelöst. So wirkt es leider etwas flach.

Leider interessiert es viele Gangs nicht, wenn wir Leute aus deren Reihen eliminieren. Ebenfalls hatte ich nie das Gefühl, mit meinen Aktionen großen Einfluss auf die Spielwelt auszuüben in Bezug auf Fraktionskriege und dergleichen. Was man aus dem Fallout-Universum kennt, ist hier nur vereinzelt bis gar nicht vorhanden. Einzelne Missionen lassen zwar im kleinen Rahmen Entscheidungen zu, doch bleibt die Auswirkung im Mikrokosmos der jeweiligen Missionen gefangen – weitreichende Konsequenzen feiern in Cyberpunk 2077 Abstinenz.

Das Bild zeigt eine Klan-Diskussion in der Wüste aus "Cyberpunk 2077".
Weitreichende Fraktionskonflikte sind eher in der Theorie vertreten

Cyberpunk 2077 ist nicht innovativ, unbalanced und teils unübersichtlich

So groß der Hype um Cyberpunk 2077 auch ist/war, glänzt der Titel nicht mit Innovation. Weder das durchschnittliche Gunplay, das Hacken von technischen Geräten, der Nah- oder Fernkampf, die Dialoge, die Fahrzeuge (samt Fahrphysik), die Fraktionen, das Rufsystem, das Setting, die Thematik oder sonst etwas sind wirklich neu. Selbst der sogenannte Braindance ist von seiner Idee her nichts Neues. Platinum Games‘ Astral Chain beispielsweise bot ein Ermittlungstool, welches den Tathergang rekonstruierte, um zur Lösung eines Falls nach Hinweisen suchen können.
Zugegebenermaßen präsentiert der Entwickler CD Projekt Red hier ein sehr hohes Niveau. Eine innovative Idee finden wir aber auch in diesem Feature nicht.

Das Balancing stellt ein weiteres „Problem“ dar. Vielerorts erwähnt man die viel zu starken Klingen und Smart-Waffen-Features. Ich rate dringend davon ab, den Cyber-Trip auf dem ersten oder zweiten Schwierigkeitsgrad zu spielen. Doch selbst auf höheren Stufen, sind diese Waffen schlichtweg zu stark. Ich vermute, dass die Entwickler an diesem Punkt noch mal nachjustieren.
Außerdem dauert es recht lange, bis man im Fertigkeitenbaum die wirklich coolen Features freischaltet. Klingt im ersten Moment logisch, kann aber auch dazu führen, dass wir im Verlauf schon relativ weit fortgeschritten sind, bevor wir davon Gebrauch machen.
Ebenso verhält es sich mit der Cyberware, die wir uns implantieren lassen können. Diese ist extrem kostspielig. Das passt zwar zum Setting von Night City, wo vor allem die Reichen profitieren, doch ist das spielmechanisch potenziell frustrierend. Der Aspekt ist keine direkte Kritik, da dies wohl jeder anders sieht – unerwähnt wollte ich es aber nicht lassen.

Auch bei der Übersicht, etwa bei Waffen im Rucksack oder angenommenen Aufträgen, welche via Smartphone zwischendurch zu Hauf reingerasselt kommen, verliert man beim Nachlesem im Journal gerne mal den Überblick, von wem der Auftrag überhaupt war. Das hätte man besser strukturieren können.

Das Bild zeigt eine Übersicht der Aufträge im Journal.
Öhm, wer war das doch gleich?

Charakter-Erstellung und der Ripperdoc

Auch wenn einige der Charakter-Einstellungen – allen voran die Intim-Optionen – zum Schmunzeln einladen, fällt der Editor doch vergleichsweise mager aus, was Tattoos, Narben, technische „Accessiores“ und andere Einstellungen anbelangt.

Leider lohnt sich ein Blick in den Spiegel nicht, da wir stets mit Glatze ohne Kopfbedeckung gezeigt werden, was ebenfalls ein Bug ist.

Ein weiteres Malheur ist ein obszöner Penis-Glitch, welcher Aufsehen erregt hat.

Die Implementierung der Ripperdocs hatte mich zunächst beeindruckt, da der erste Eingriff eindrucksvoll in Szene gesetzt ist. Doch dies geschieht leider nur zu Anfang des Spiels. Später redet ihr mit einem Ripperdoc, wählt die gewünschte Modifikation aus und zack… ihr habt sie ausgerüstet, ohne sichtbare OP. Dass man ein solches Features, welches sehr bedeutungsschwer für das gesamte Setting ist, so billig implementiert, lässt die Spielwelt noch unglaubwürdiger wirken – schade!
Leider ähnlich plump wie die Physik-Engine in Bezug auf angefahrene Passanten. Wirklich, probiert es mal aus, das wirkt wie in einem PS2-Spiel.

Und? Habe ich eure Aufmerksamkeit noch? Hier kurz etwas Erfrischung, dann geht es weiter:

Das Bild zeigt einen weiblichen Charakter aus dem Spiel "Cyberpunk 2077", welcher sich vornüber lehnt und an einem Automotor arbeitet.
Gemeint ist natürlich der schöne Motor

[EDIT]: Entfernter Content spürbar

YouTuber Gethip zeigte in zwei seiner Videos, welche Inhalte CD Projekt Red zunächst geplant, erwähnt und auch in Trailern bereits 2018 zeigte, leider nicht in der fertigen Fassungs von Cyberpunk 2077 zu finden sind.

Schön wäre es gewesen

Das Video zeigt sehr deutlich, warum beispielsweise viele Dialogoptionen oftmals schlichtweg Abstufungen von einer einzigen Richtung sind.
Ein Erkläransatz ist die Einbindung des beliebten Hollywood-Schauspielers Keanu Reaves, welcher sein Interesse an einer Mitarbeit zu einem sehr weit fortgeschrittenen Entwicklungszeitpunkt bekundete, woraufhin viele Szenen über Bord geworfen und komplett neue Elemente implementiert worden sind.
Die nicht vorhandene Thrid-Person-Perspektive war zunächst ebenfalls geplant, wurde aber gestrichen. Dadurch sind viele Dialogoptionen, die den Hauptprotagonisten dann als Konsequenz in eine Handlung einbetteten, die ihn/sie aus der Drittperspektive gezeigt hätten, nicht vorhanden.

Schade

Dies unterstreicht meinen Eindruck über die Unausgereiftheit des Titels, welche weit über die technischen Patzer hinausgeht. Es ist dem Titel an vielen Stellen des Spiels anzumerken, dass den kompetenten Entwicklern von CD Projekt Red schlichtweg einiges an Entwicklungszeit fehlte.

Cyberpunk 2077 und das gebrochene Versprechen mit der Crunch-Time

CEO von CD Projekt Red, Marcin Iwiński, hatte in der Vergangenheit (E3, 2019) in einem Kotaktu-Interview verlautbaren lassen, dass man Crunch-Times während der Entwicklung von Cyberpunk 2077 vermeiden werde. Schon zuvor sind diese harten Entwicklungszeiten während der Produktion von „The Witcher 3: Wild Hunt“ aufgetreten. Dies wollte das Unternehmen nicht wiederholen.

Daraufhin äußerte sich Studiochef Adam Badowski in einer Mail wie folgt zu diesem Thema:

Ich übernehme die volle Verantwortung für die Gegenreaktionen auf diese Entscheidung. Ich weiß, dass dies in direktem Widerspruch zu dem steht, was wir über Crunch gesagt haben. Es steht zudem in direktem Widerspruch zu dem, was ich persönlich vor einiger Zeit glaubte – dass Crunch niemals die Antwort sein sollte. Aber wir haben keine anderen Möglichkeiten mehr, die Situation zu meistern.

Adam Badowski – Studiochef und Creative Director bei CD Projekt Red

Tatsächlich wollte man Bonus-Prämien an die Entwickler auszahlen, dessen Voraussetzung an einen gewissen Wertungdurchschnitt der Fachpresse sowie an das Release-Datum gekoppelt war.
Allerdings sollen diese finanziellen Boni von 10 % des Umsatzes nun unabhängig davon ausgezahlt werden:

Wir haben ursprünglich ein Bonus-System einsetzen wollen, das auf die Wertungen des Spiels und das Release-Datum fokussiert war, aber nach einiger Überlegung glauben wir, dass das unter den gegeben Umständen nicht fair ist. Wir haben die Dauer und Komplexität unterschätzt, die notwenig war, um [Cyberpunk 2077] zu realisieren, und ihr habt trotzdem alles getan, um ein ambitioniertes, besonderes Spiel zu erschaffen.

Adam Badowski – Studiochef und Creative Director bei CD Projekt Red

Wie diese allerdings aufgeteilt werden, ist unklar. Zu bedenken ist auch, dass die Crunch-Time noch kein Ende gefunden hat. In den nächsten Monaten wartet weiterhin viel Arbeit auf das Team.

Das Bild zeigt einen weiblichen Charakter aus "Cyberpunk 2077". Sie schaut sehr skeptisch.
So könnte man schauen, wenn jemand versichert, dass es keine Crunch-Time gibt

Beleuchtungseffekte mit Vorsicht genießen

Wir kennen es: Starten wir ein Spiel, informiert man den Spieler häufig über Gesundheitswarnungen. Im Fall von Cyberpunk 2077 konfrontiert uns CD Projekt Red mit deftigen Lichteffekten. Effekte, die ich persönlich genießen kann. Doch gibt es auch Gamer unter uns, welche an Epilepsie leiden und somit sehr empfindlich auf solche Lichterspiele reagieren können.

Genau dies passierte Spieletesterin Liana Ruppert von GameInformer – sie erlitt einen epileptischen Anfall* beim Spielen.

*Was ist Epilepsie? Bei Epilepsie handelt es sich um eine neurologische Erkrankung mit verschiedenen Formen und Symptomen, die genetisch und/oder durch andere Erkrankungen wie Hirnhautentzündungen bedingt sein kann. Verschiedene Auslöser führen dabei zu einer Fehlfunktion im Gehirn und verursachen eine extreme elektrische Entladung von Nervenzellen. Das kann zu leichten Muskelzuckungen bis hin zu unkontrollierbaren Krampfanfällen und sogar Bewusstlosigkeit führen.

Daraufhin meldete sich der Entwickler via Twitter zu Wort und versprach dieses Problem in zwei Schritten anzugehen. Zum einen implementierte man eine Epilepsie-Warnung in der Bootsequenz des Spiels (also auch außerhalb des Endbenutzer-Linzenzvertrages) und zum anderen arbeite das Team an einer „dauerhaften Lösung“. Wie diese aussehen wird, bleibt abzuwarten. Solltet ihr von dieser Krankheit betroffen sein, kann es bereits helfen, wenn euer Bildschirm über die Funktion verfügt, blaues Licht zu dimmen.

Das Bild zeigt einen weiblichen und glamorös gekleideten Charakter.
Ja, Cyberpunk 2077 geizt nicht mit Lichteffekten

Bei den sogenannten Braindances sollten betroffene Personen besser wegschauen. Liana Ruppert beschrieb es folgendermaßen:

Wenn V für eine BD „geeignet“ ist, insbesondere bei Judy, erhält V ein Headset, mit dem die Instanz gestartet werden soll. Das Headset passt über beide Augen und verfügt über einen schnellen Ansturm von weißen und roten blinkenden LEDs, ähnlich wie die tatsächlichen Geräte, die Neurologen im wirklichen Leben verwenden, um einen Anfall auszulösen, wenn sie einen zu Diagnosezwecken auslösen müssen. Wenn es nicht dem IRL-Design nachempfunden ist, ist es ein sehr genauer Zufall, und aus diesem Grund würde ich Ihnen persönlich raten, dies ganz zu vermeiden. Wenn Sie bemerken, dass das Headset ins Spiel kommt, schauen Sie ganz weg oder schließen Sie die Augen. Dies ist ein Lichtmuster, das eine epileptische Episode auslösen soll, und das hat es in meinem persönlichen Durchspielen extrem getan.

Liana Ruppert – Spieletesterin bei GameInformer

Was kann Cyberpunk 2077 verdammt gut?

So, nach all dem Meckern kommt nun auch ein weiterer wichtiger Part: Ich beschreibe, was dieser Hype-Titel einfach grandios umsetzt.
Zu allererst mag ich hier einmal den technischen Aspekt auf dem PC (!) loben. Es schaut geil aus und hört sich geil an. Ich habe bis her noch keine Kulisse gesehen, die so verdammt eindrucksvoll mit Schatten, Lichtern, Reflexionen, Texturen und vielem mehr arbeitet. Es ist eine reine Augenweide, wenn man einen potenten PC sein Eigen nennt. Ebenso erfreulich sind die schnellen Ladezeiten und das butterweiche Spielerlebnis.

Die Spielwelt an sich schaut allerdings nicht nur klasse aus, nein, sie bietet auch aus architektonischer Sicht so einiges. Auf verschiedenen Ebenen und bei per Hand designten Bereichen fällt einem gerne mal die Kinnlade runter. Mit viel Liebe zum Detail stellt CD Projekt Red eine seiner besten Qualitäten zur Schau: Das Kreiren einer wunderschönen Spielwelt!

Das Bild zeigt einen Ausschnitt der Stadt Night City aus "Cyberpunk 2077". Zu sehen sind holografische Fische, Hochhäuser und viele Lichter.
Die Spielwelt ist mehr als ansehnlich!

Lebendige Charaktere und tolle Geschichten

Eine weitere immense Stärke des Studios ist die Erstellung von realistischen Charakteren und mitreißenden Geschichten. Hier fährt Cyberpunk 2077 sämtliche Geschütze auf. Ich habe schon viele Missionen gespielt, dessen Charaktere mich haben vergessen lassen, dass ich in einer virtuellen Welt unterwegs bin. Die Art und Weise wie die sie miteinander umgehen, ist so greifbar, nachvollziehbar und einfach menschlich. Bisher kam es auch schon vor, dass mir ein Charakter zu Anfang sehr unsympathisch war, doch im Verlauf der Questreihe echt ans Herz gewachsen ist.

Ja, ich war sogar emotional ein wenig enttäuscht, als diese virtuelle Person den Schritt über Freundschaft hinaus mit mir nicht eingehen wollte. Der Grund waren die chaotischen Umstände und dass der Charakter momentan endlich wieder eine Familie in Form eines Klans gefunden hat. Meine Beziehung zu ihr war gut, so wie sie war und alles andere war in dem moment ebenfalls erst mal geregelt. Dies wollte sie nicht zerstören. Somit schafft es das Spiel, mir sogar völlig nachvollziehbar klarzumachen, warum im Moment einfach nicht mehr als Freundschaft drin ist.
Wer für solche Situationen empfänglich ist, findet mit Cyberpunk 2077 eine fesselnde Achterbahnfahrt der Gefühle!

Gegenteiliges war ebenso schon der Fall: Zunächst war mir ein Charakter sympathisch, doch dann driftete das Ganze in eine Richtung, die mir so gar nicht gefiel. Oftmals war ich am hadern, ob ich einer Person nun helfen soll, auch wenn dies bedeutete, gewisse Grenzen zu überschreiten.

Auf erzählerischer Ebene vollführt Entwickler CD Projekt Red eine Glanzleistung.

Das Bild zeigt einen weiblichen Charakter, der in die Kamera schaut. Außerdem sind Dialogoptionen zu sehen.
Glamoröser Auftritt für Charaktere und Geschichte!

Sammelfreude überall, Street Cred

Ebenfalls positiv wiegt die Sammellust. Überall findet man nützliche Items und Gegenstände in verschiedenen Seltenheitsstufen. Immer wieder wird man zwischendurch überrascht oder freut sich. Schön ist in diesem Zusammenhang, dass selbst kleinere Aufträge fernab der Haupt- und Nebenquests coole Goodies bereithalten können.

Streed Cred ist der Status den man sich durch seine Handlungen aufbaut. Von Entwicklerseite heißt es dazu wie folgt:

Deine Street Cred öffnet dir Türen – im wörtlichen und im übertragenen Sinn. Davon hängt ab, ob dir andere Punks auf der Straße dumm kommen. Und was für Aufträge man dir anbietet. Und was für geile Knarren ein Waffenhändler nur für dich aus seinem Hinterzimmer holt. Night City bietet dir viele Möglichkeiten, deine Street Cred aufzupolieren.

Website des Entwicklers CD Projekt Red

Dieses System motiviert und beschert uns coole Vorteile.

Abschließende Worte

Cyberpunk 2077 ist ein Videospiel, das nun ganze acht Jahre Entwicklungszeit gefressen hat, 130 Millionen US-Dollar verschlang und dreimal verschoben wurde. Ein weiteres Mal konnte und/oder wollte CD Projekt Red dieses Projekt nicht verschieben.
Allein mit den gigantischen Vorbestellungen konnte der Entwickler die Entwicklungskosten wieder reinholen.

An diesem Projekt sieht man ganz deutlich die Probleme, die es mit sich bringt, wenn man ein Videospiel für neun (!) Plattformen simultan veröffentlicht. Die Entwickler stehen noch immer vor einer großen Baustelle und veröffentlichen im Januar und im Februar jeweils ein großes Update, um sämtliche Probleme anzugehen.

Wir als Gaming-Community sollten uns die Frage stellen, ob es in Ordnung ist, teilweise so intransparent (fehlende Testmuster bei Last-Gen-Konsolen) vorzugehen und ob wir in Zukunft in Bezug auf Vorbestellungen nicht besser Vorsicht walten lassen.

Wird diese dystopische Odyssey dem Hype gerecht? So wie Cyberpunk 2077 zum jetzigen Zeitpunkt allumfassend mit Berücksichtung jeder Plattform ist? Meine Antwort darauf lautet: Leider nein.
Und selbst auf dem PC fehlt mir an entscheidenen Stellen die Innovation und die Tiefe, die alles perfekt miteinander verwoben hätte. Denn gerade die starken Aspekte des Spiels werden durch die extrem schwachen Patzer erheblich konterkariert.

Leider höre und lese ich immer wieder, dass es eh irgendwann in ein paar Monaten bis zwei Jahren besser ist, weil ordentlich gepatcht wird. Doch ist dies keine Entschuldigung. Produkte sollten in einem guten Zustand direkt auf den Markt kommen. Ich beziehe mich natürlich auf den aktuellen Zustand des Spiels. Ein Verweis auf eine rosigere Zukunft sollte nicht die Norm sein.

Ich gönne jedem seinen Spaß mit dem Spiel und ich persönlich habe ja auch meinen Spaß damit und werde nach diesem Blog hier weiterzocken: Nur bitte, lasst andere Meinungen in Diskussionen zu und lasst den Hype gerne mal sacken sowie die rosarote Brille im Nachtschrank liegen.
Denn eines ist wohl sicher: Cyberpunk 2077 hat mit mehreren Problemen/Schwächen zu kämpfen und ist nicht die Perfektion aus Bits und Bytes, die es hätte sein können, hätte das Entwicklerteam mehr Zeit zum Optimieren gehabt.

Launch-Trailer

Viel Spaß mit dem Titel!

Und bitte… schreit nicht nach einer Switch-Version.

So, nun seid ihr gefragt! Was haltet ihr von „Cyberpunk 2077“ und CD Projekt Reds Arbeit? Könnt ihr meine und die momentan laute Kritik nachvollziehen oder ist das für euch alles nicht von Belang? Falls ihr anderer Meinung seid und euch zur Thematik äußern wollt, fühlt euch frei, uns mit Kommentaren zu beglücken!

Über Justin Aengenheyster 328 Artikel
Im Jahr 1992 erschien Mortal Kombat... und ich. Wir beide sind auf unsere Weise brutal. Ich für meinen Teil fahre brutal auf Videospiele ab und beschäftige mich gnadenlos mit verschiedenen Themen, um Gleichgesinnte zu informieren. Als treues Nintendokind befasse ich mich am liebsten auch mit Nintendospielen.

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