Rad Rodgers – Radical Edition [Test]

Stefan Wagner – guter Freund und Moderator der „Nintendo Switch Gruppe Germany“ – hatte die Gelegenheit beim Schopfe gepackt, Rad Rodgers für die Switch zu testen. Nachfolgend ist sein Resümee davon.

Gastbeitrag von Stefan Wagner

Durch eine erfolgreiche Kickstarter-Kampagne 2016 auf den Weg gebracht, mit dem Ziel ein Plattform-Game „der guten alten Appogee Sharewarespiele“ zu erschaffen, kam fast auf den Tag vor einem Jahr Rad Rogers auf PC, PS4 und Xbox One zur Welt. Jetzt, ein Jahr später, bekommt Rad Rodgers mit Rückendeckung von Publisher Handygames, wie schon zuvor Gianna Sisters und Townsmen, eine Generalüberholung spendiert und ist nun in der Radical Edtion für Nintendo Switch erhältlich. Und die hat es im Vergleich zur ursprünglichen Fassung radikal in sich:
Neue Level, Minispiele, eine neu gestaltete Oberwelt, neue Spielercharaktere, einen neuen Battlemodus und einen Couch-Coopmodus plus ungefähr Zipzillionen Collectibles und freischaltbare Items.

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Lets do the timewarp… again?!

Damals, ganz zu Beginn der 90er, also wirklich 1990, noch ein paar Jahre bevor ID Software mit Wolfenstein 3D die Spielewelt auf den Kopf stellen sollte, machte man etwas gänzlich anderes: 2D Jump ’n Run Platformer. Doch auch hier leistete man quasi Pionierarbeit, da weich scrollende Jump ’n Runs wie sie auf den Konsolen schon lange bekannt waren, auf dem MS-DOS PC quasi nicht existent waren. Mit Commander 1-7 und auch den ersten beiden Duke Nukem-Spielen (zu dieser Zeit noch Duke NukUM), zeigte man der Spielerschaft, das flüssiges Parallaxscrolling auch am PC möglich war und gewann durch das von Appogee benutzte Sharewaresystem in Windeseile eine große Fangemeinde. Während Mario und Sonic auf ihren hauseigenen Systemen ihre goldenen Zeiten verlebten, zuckelten auf dem PC kleine Sprites in maximal 16 Farben über den Schirm, obwohl der PC zu dieser Zeit schon deutlich mehr konnte, schließlich erschien Wing Commander auch schon 1990.
Heute heißt Appogee übrigens 3D Realms, gehört wie Handygames zur THQ Nordic-Familie und vertreibt auch wieder den ganzen Spaß – es kann manchmal so einfach sein. Generell ging es damals bei diesen Spielen auch um einiges einfacher zu als heute und genau da reiht sich nun auch Rad Rodgers ein.
Die Story ist so einfach wie überflussig und auch schon zig Mal gespielt worden, wenn auch im Intro nett dargeboten: Der kleine Rad spielt spät abends noch immer an seiner Konsole, seine Mutter regt sich auf, Rad regt sich auf, ein wenig mürrisch geht er zu Bett, die Konsole fängt an zu spinnen, öffnet ein Raum/Zeit/Realitätstor und zieht den Jungen auf die andere Seite. Dort angekommen stellt er fest, dass seine Konsole Rusty (eine unrasierte, verkatert wirkende und recht mürrische Version eines Antihelden à la Bruce Willis) ein eigenes Bewusstsein und eine Mission für den Jungen hat: Die Rettung des Pixelversums!

Durch die insgesamt 9 Hauptlevel steuert man fortan Rad und den stets auf seinem Rücken sitzenden Rusty wahlweise mit Analogstick oder D-Pad, wobei sich Letzteres natürlicher anfühlt, und hat noch jeweils einen Button zum Springen, Schießen und für eine starke Nahkampfattacke von Rusty, welche für Notsituationen gedacht ist und sich über eine Anzeige allmählich wieder auflädt. Generell fungiert Rusty als Rads helfende Hand, welche öfters beim Klettern oder Fallen einen Vorsprung ergreift oder das Hangeln an Stangen und Lianen übernimmt, sodass Rad die Hände frei zum Schießen hat.

Hier macht sich die erweiterte Überarbeitung deutlich bemerkbar: War in früheren Versionen die teils schwammige und zeitlich verzögerte Steuerung ein den Spielspaß schmälernder Kritikpunkt, steuert sich Rad nun angenehm knackig und reaktionsschnell. Von der Haptik eines Hollow Knight ist man zwar weit entfernt, die muss aber auch nicht sein, da die Zielvorgabe nicht darin besteht, super genau geplante Sprünge und Angriffe auszuführen. Dauerfeuer geht immer und überall ohne Probleme.

Genauso spaßig wie simpel ist auch der Rest des Gameplays, welches genauso Appogee-Retro ist wie alles andere: Die großen, teilweise sehr verschachtelten Level, sind nach allen möglichen Sammelobjekten abzusuchen, unter ihnen jeweils insgesamt vier Pizzastücke, welche zusammengesetzt eine verschlossene Tür am Ende öffnen, die in das nächste Level führt. Zwischendurch gibt es immer wieder kleinere Schlüssel- und Schalterrätsel, welche das Ganze ein wenig auflockern. Rad Rodgers ist nicht Super Mario. Stets gibt es zum Überwinden der Gegner nur die Wahl der Waffen wie Blaster, Laser oder Flammenwerfer, ein Sprung auf den Kopf der Gegner schadet nur euch selbst.

Auch gibt sich das Spiel über die Sprachausgabe nicht unbedingt kinderfreundlich und vor allem nicht 100% politisch korrekt. Grummelkonsole Rusty hält so den einen oder anderen Spruch unter der Gürtellinie bereit und als neuer Retro-Content ist der King of Incorrectness Himself, Duke Nukem als Spielercharakter schon früh im Spiel verfügbar. Wenn man nur noch mit ihm das Spiel bestreitet, kann man ohne Weiteres vergessen, dass zwischen Duke Nukem 2 und DREI D nicht doch auch dieser Teil mal gestanden hat. Lo Wang aus Shadow Warrior, Bombshell aus dem kommenden Retroshooter Ion Maiden und Cosmo aus Cosmo’s Cosmic Adventures sind ebenfalls vertreten.

Retro soweit Augen und Ohren reichen? Ja, aber nicht ganz

Synchronsprecher-Legende (in Spielerkreisen) John St. John spricht im englischen Originalton Konsolen-Sidekick Rusty wie auch Duke Nukem, daher wundert es nicht, das einige der markigen Sprüche wirklich nichts für Kinderohren sind. Die Synchronisation ist auch im Deutschen gut gelungen, selbst Duke Nukem kommt angenehm bei weg, wenn man auch dem Original nicht das Wasser reichen kann.

Besorgte Eltern können unter dem Menüpunkt „Elterliche Führung“ jederzeit die Sprachausgabe wie die Trefferrückmeldung an Gegnern auf ein für alle Altersgruppen taugliches Level setzen. Menütexte wie Audiosprache des gesamten Spieles können übrigens getrennt von einander aus den gängigsten Weltsprachen gewählt werden.
Noch mehr Retro geht nicht? – Geht doch! Aberdutzende Anspielungen an alte Videospiele, Musik, Filme usw. geben sich die Klinke in die Hand, selbst die Anzeigen, Menüschrift wie die Textfafeln der Ingame-Hilfe sind mit ihrem Schrifttyp und Design den alten AppoID-Spielen voll nachempfunden. Das Gefühl von „damals“ wird doch schon ziemlich groß geschrieben.

Weit entfernt ist man auch beim Thema Grafik und Sound wenn einem oftmals „90s RETRO“ auf Kickstarter begegnet und so gibt es hier auch keine Optik in Pixelart, noch minimalistisch handgezeichnete Sprites. Rad Rodgers ballert für einen 2D Shoot ‚em Up aus ziemlich vollen Rohren: Teils extrem farbenfrohe, detaillierte Polygonmodelle vor Polygonhintergründen in einer sehr lebendig wirkenden, vollen Spielwelt. Wobei ich öfters Momente hatte, an denen ich die Fülle an Objekten und Details schon fast störend empfand, z.B. dann, wenn nicht mehr wirklich klar erkennbar ist, wo der Hintergrund aufhört und eine entscheidende Plattform beginnt.

Jedenfalls ist man keinesfalls sparsam gewesen, was den Einsatz von Effekten und Explosionen angeht, was eigentlich ja selten verkehrt sein kann. Apropos Effekte: Da man sich eh schon auf dem extremen Retrotrip befindet, macht man selbstredend auch nicht bei der Musikuntermalung halt und so drückt ein sehr knackiger Soundtrack aus Gitarrenriffs und vielen, wirklich sehr vielen, Synthesizersounds aus den Boxen, welcher sehr gut mit Bild und Gameplay harmoniert. An den regulären Soundeffekten gibt es ebenfalls nicht wirklich etwas auszusetzen.

Was damals völlig unvorstellbar war, ist jetzt auch kein Problem mehr: Mehrspieleroptionen. Die Radical Edition verfügt nun über einen Couch-Coop in dem zwei Spieler miteinander die Story spielen oder aber sich im Battlemodus beharken können. Beide Modi sind durchaus kurzweilig und können einen Abend mit Spaß füllen.

Fazit

Wem kann ich Rad Rodgers Radical Edition empfehlen? Spielern, die mit Commander Keen, Duke Nukem, Jazz Jackrabbit, Monster Bash usw. groß geworden sind und nochmal eine kleine Zeitreise in diese unschuldige Zeit des Videospielens erleben möchten. Oder solchen, die mal wissen wollen, wie das so war, als Laufen, Schießen und Springen voll ausgereicht haben um ein ganzes Spiel zu füllen.
So ganz ohne Skilltree und aufgesetzten RPG-Elementen.
Denjenigen, die gerne nach Feierabend einfach mal nur ein wenig abschalten wollen, volle Farben, Sound und etwas sinnlose Comicgewalt erleben wollen.
Rad Rodgers ist für ca. 30€ als Modul im Handel erhältlich und bietet dafür ein recht gutes Preis-/Leistungsverhältnis. Es kommt halt doch irgendwo auf einen selber an wie man das Spiel angeht.
Fängt man Feuer und begibt sich intensiv in die verworrenen Level, um auch noch das letzte Secret zu erhaschen, hat man wirklich einiges vor sich.
Ich hatte jedenfalls meinen Spaß auf diesem Retrotrip.

Über Marcel Eidinger 1839 Artikel
Marcel ist im Jahr 1986 geboren, dem Jahr, wo seine Lieblings-Spielereihe ihren Ursprung hat: The Legend of Zelda. Mit seinen nun mehr als 30 Jahren Lebens- und ca. 25 Jahren Nintendo-Erfahrung versucht er euch mit Liebe und Leidenschaft auf dem Laufenden zu halten!

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