Blasphemous, gebeichtet wird später [Test]

Schon der erste Ankündigungstrailer für die Nintendo Switch machte vielerorts neugierig auf dieses Setting. Mich reizte vor allem die Atmosphäre, welche mich echt in den Bann gezogen hat.

Die makabere Story

Ich zitiere einfach mal die Spielbeschreibung:

Das Land Cvstodia und seine Bewohner werden von einem üblen Fluch heimgesucht: ‚Das Wunder‘. Spiele als ‚Der Reumütige‘: ein einziger Überlebender des Massakers von ‚Stiller Schmerz‘. Du bist im endlosen Kreislauf von Tod und Wiedergeburt gefangen und musst die Welt von diesem schrecklichen Schicksal befreien.

Erkunde diese albtraumhafte Welt voller verdrehter Religion und entdecke die vielen tief verborgenen Geheimnisse. Verwende verheerende Combos und brutale Hinrichtungen, um Horden grotesker Monster und titanischer Bosse niederzustrecken, die dich alle auseinanderreißen wollen. Finde und benutze Relikte, Rosenkranzperlen und Gebete, die die Kräfte des Himmels herbeirufen, um deiner ewigen Verdammnis ein Ende zu setzen.

Die Story ist recht schnell erklärt, aber sehr eindrucksvoll inszeniert

Feeling der Steuerung

In diesem Hack&Slay bin ich nicht enttäuscht worden. Die Steuerung geht flüssig von der Hand und reagiert sehr direkt.
Schläge sind standardgemäß im normalen Stand zur Seite und nach oben, in der Hocke nach links und rechts und auch in der Luft nach oben möglich. Ihr schafft im Sprung zwei Schläge bevor ihr den Boden berührt. Auch könnt ihr in der Luft eure Schlagrichtung fix wechseln.
Was dem Spielfluss sehr zugute kommt, ist der nichtvorhandene Lag nach einer Landung. Ihr könnt sofort erneut zum Sprung ansetzen, was das Kampfgeschehen und auch die Sprungpassagen deutlich dynamischer gestaltet.
Eine coole Funktion ist der Spurt, bei welchem ihr in fast liegender Position über den Boden rutscht, um hinter Gegner zu dashen, Projektilen auszuweichen oder Hindernisse zu unterwinden. Glücklicherweise müsst ihr, um einen Sprung ausüben zu können, nicht warten, bis die komplette Animation abgelaufen ist. Diese könnt ihr unterbrechen, um schnell reagieren zu können. Allerdings könnt ihr zwischenzeitlich keinen Angriff starten. Das klappt erst am Ende des Spurts, was ein wenig schade, aber auch nur ein kleines Detail, ist.

Der Spurt erleichtert euch die Kämpfe deutlich und bringt Geschwindkeit ins Geschehen

Um euch an Vorsprüngen festzuhalten, springt ihr einfach darauf zu. Nun ist es möglich, sich wieder fallenzulassen, sich hochzuziehen oder auf unbestimmte Zeit hängenzubleiben, um den richtigen Moment abzupassen. Ihr könnt nicht direkt aus der Luft von der Kante aus attackieren.
Die Animation zum Hochziehen läuft schnell ab, sodass ihr auch hier wieder agil unterwegs seid.
Auch Leitern erklimmt ihr schnell genug, indem ihr daneben springt und den Stick einfach hochhaltet. Von hier aus könnt ihr in alle Richtung abspringen.
Eure Schwertkombo wird recht schnell geschwungen.
Auch ist es ratsam, vom Konter/Parieren Gebrauch zu machen, um starke Angriffe in einen Nachteil für den Gegner zu verwandeln. Schafft ihr es, die Aktion richtig zu timen, wird der Angriff zunächst pariert. Greift ihr dann unverzüglich an, wird der Konter ausgeführt. Doch manche Gegner stellen sich als harte Hunde heraus, dessen Attacken so kraftvoll sind, dass ihr diese lediglich parieren könnt, da ihr von der Wucht nach hinten rutscht, aber keinen Schaden erleidet.

Ein sehr nützlicher Move, umso ärgerlicher, wenn das Timing versagt

Generelle Features

Einige dürften sich bei den beiden kommenden Features an die Dark Souls-Reihe erinnert fühlen.
Da haben wir als Erstes die Gallen-Flaschen, mit der ihr euch ein wenig Lebenskraft einverleiben könnt. Die Menge ist gut gewählt, ähnlich wie in Dark Souls. Ihr habt die Möglichkeit, eure Flaschen an den sogenannten Betpulten wieder aufzufüllen.
Außerdem könnt ihr in der Welt weitere leere Flaschen finden und diese gegen Entgelt aktivieren. Setzt sie aber mit Bedacht ein, denn die Heilanimation ist nicht die kürzeste und kann auch nicht unterbrochen werden.

Stellt eure Lebensenergie wieder her

Das vorhin genannte Betpult erinnert an die Leuchtfeuer aus Dark Souls. Hier habt ihr die Möglichkeit zu speichern sowie eure Tränke und eure Lebensleiste aufzufüllen. Des Weiteren entstehen hier Respawn-Punkte.
Ihr könnt auch in euer Inventar klicken und sogenannte Mea-Culpa-Herzen ausrüsten, die euch einen gewissen Vorteil gewähren.

Immer wieder beruhigend, wenn man solch ein Betpult findet

Um euch an verschiedene Situationen anzupassen, stehen euch Rosenkranzperlen zur Verfügung. Je nachdem, wieviele Slots ihr freigeschaltet habt, könnt ihr euch mehrfach wappnen. Zu Anfang könnt ihr zwei nutzen, insgesamt jedoch acht. Findet Knoten, um die Anzahl zu erhöhen. Ein Detail stellen die Sagen dar, die ihr euch dazu durchlesen könnt.
An bestimmten Orten werden die Mauern von Rissen geziert, durch welche ihr in einen Shop gelangt. Dort könnt ihr verschiedene Gegenstände kaufen, die als Rosenkranzperlen registriert werden. Die Preise sind sehr unterschiedlich und die Verkäuferin dezent gruselig. Etwas nervig ist die Tatsache, dass sie erst immer ihren kurzen Spruch aufsagt, bevor ihr ins Kaufmenü gelangt.

Verschafft euch Vorteile in dieser gandenlosen Welt

Reliquien statten euch mit besonderen Fähigkeiten aus. Als Beispiel ist die Fähigkeit zu nennen, dass ihr neue Vorsprünge erkennen könnt. Nicht selten werdet ihr euch denken, dass es unmöglich ist, einen gewissen Punkt zu erreichen, doch werden diese Fragezeichen durch diese Fähigkeit oft in Luft aufgelöst. Es ist keine Selbstverständlichkeit, die Reliquien zu finden, also seid wachsam und forscherfreudig.
Auch hier kommt ihr wieder in den Genuss, euch Sagen durchlesen zu können.

Erhaltet besondere Fähigkeit, die nicht auf dem Silbertablett serviert werden

Quest-Objekte verschaffen euch Zugang zu gewissen Arealen und/oder können an bestimmte NPCs gegeben werden, um ein Event auszulösen. Oftmals wisst ihr gar nicht, wofür ihr was gebrauchen könnt. Hier gilt es, geduldig zu bleiben und auszuprobieren.
Abermals stehen euch Sagen zur Verfügung, die die Spielwelt umreißen.

Sucht, probiert aus und verzweifelt teilweise

Mea-Culpa-Herzen verschaffen euch Stat-Boosts. Rüstet ihr diese aus, wird ein Attribut, beispielsweise Verteidigung, dauerhaft erhöht. Wählt Weise und situationsabhängig, da ihr nur eines zur selben Zeit nutzen könnt.
Was darf nicht fehlen, um dem Ganzen noch mehr Flair zu verschaffen? Genau: Weitere Sagen zu den verschiedenen Herzen.

An Betpulten könnt ihr die Mea-Culpa-Herzen austauschen

Gebete stellen Kampf-Fertigkeiten dar. Ihr könnt, ähnlich wie bei den Mea-Culpa-Herzen, nur eine Fertigkeit gleichzeitig ausrüsten. Diese Spezialfertigkeiten kosten Inbrunst, welche als blaue, in Abschnitten unterteilte, Leiste unter der Lebensleiste zu finden ist. Somit wird sichergestellt, dass ihr solche Manöver nicht unnötig oft durchführt.
Hier eine kleine Überraschung: Jedes Gebet wird von einer Sage umschrieben.

Wählt eure Lieblingsart, euren Widersachern die Hölle heiß zu machen

Dazu kommen noch Fähigkeiten. Die allgemeine Währung im Spiel, genannt Tränen der Abbitte sowie Mea Culpas, die man an dafür vorgesehen Schreinen erbittet, werden hier investiert, um weitere permanent gültige Kampfmoves freizuschalten. Als Beispiele zu nennen sind ein Abschlussangriff nach der Standardkombo oder der Sturzangriff senkrecht nach unten aus der Luft.

Oben rechts die Tränen der Abbitte, die ihr investiert und links Mea Culpas, welche erhalten bleiben

Schuldfragmente entstehen an eurer Todesstelle. Sie sorgen dafür, dass ihr weniger Inbrunst und Tränen der Abbitte für besiegte Gegner erhaltet, außerdem ist eure maximale Inbrunst nun verringert. Sammelt ihr sie ein, erholt ihr euch. Habt ihr keine Lust an die verschiedenen Todesstellen zurückzugelangen, habt ihr die Option, euch der Bürde zu erleichtern, indem ihr euch ebenso an bestimmten Orten um ein paar Tränen der Abbitte erleichtert.

Das Gewicht der Schuld steigert sich nach dem Ableben

Sammlerfreunde aufgepasst! Euch erwarten in diesem Game 38 Kinder des Mondlichts. Kleine Kinder, umhüllt von einem Glaskasten, welche von Fluggegnern in der immergleichen Route herumgeflogen werden. Nicht selten fragt man sich, wie man diese denn erreichen soll. Ihr greift an, trefft und schon habt ihr das Sammelobjekt ergattert.

Noch makaberer ist echt schwierig…

Und hier noch ein Bonus für die gerade erwähnten Sammlerfreunde! Die Sammelstücke! Ihr findet an verschiedenen Orten, manchmal sehr gut versteckt, verschiedene Körperteile von einst bekannten Menschen. Jedes Teil bietet eine kleine Geschichte. Die Welt wird also durch weitere Sagen lebendiger. Die Texte sind interessant und düster.

Sammelt Körperteile und erfahrt düstere Schicksale der Vergangenheit

Blasphemous ist am ehesten dem Metroidvania-Genre zuzordnen. Die Welt ist in einzelne Abschnitte gegliedert und sobald ihr eine gewisse Fähigkeit erworben habt, werdet ihr für Backtracking belohnt. Da wäre es ziemlich mühselig, jedes Mal weite Wege auf sich zu nehmen.
Deshalb finden wir eine praktische Schnellreisefunktion im Spiel.
Allerdings existieren auch wirklich clevere Abkürzungen.

Wählt einfach euren Wunschort aus und ab dafür

Die Atmosphäre

Für mich persönlich der relevanteste Kaufgrund für dieses finstere Game. Sei es die schonungslose Exekution verschiedener Gegner; die sehr verstörenden Cut-Scenes; die ebenfalls verstörenden (Boss-)Gegner; die seltsamen Gespräche; die vielen düsteren Sagen; das religiös-durchtränkte und daher sehr einschüchternde Thema; die Musik und das Sounddesign oder auch allein schon die erste Ortschaft Albero, die von Verderben, Leiden und Hoffnungslosigkeit geprägt ist.
Ein weiterer Pluspunkt ist die Vollvertonung der NPCs, welche meist gut gesprochen wurden. An die Qualität der Cut-Scenes kommen diese jedoch nicht heran.

Dieses leidliche Szenario unterstreicht die Atmosphäre perfekt

Der 32-Bit-Look fängt dieses Szenario gekonnt ein. Hintergründe sind toll ausgearbeitet, auch wenn sie statisch sind. Vögel beispielweise fliegen im Hintergrund nicht herum, auch ziehen keine Wolken vorbei oder dergleichen.

Solche Hintergründe unterstreichen den Eindruck der Welt gekonnt

Generell wurde sich sehr viel Mühe bei den Animationen gegeben. Sowohl beim Büßer selbst, als auch bei Gegnern oder NPCs sowie Tieren im Hintergrund. Das ist Detailarbeit auf hohem Niveau.

Orientierungs-Manko

In einem Metroidvania-Titel ist die Orientierung von entscheidender Bedeutung. Eine übersichtliche Karte ist zwar gegeben, allerdings nur über die Minus-Taste aufrufbar. Auf eine Minimap wurde, zum Unverständnis meinerseits, verzichtet. Das Spiel soll einigermaßen schwierig sein, doch ist dies eine Komfortfunktion, die in diesem Genre zum Standard gehört. Jedes Mal muss man zurück ins Menü, um sich zu orientieren. Ich hoffe, eine Minimap wird noch in einem Patch nachgereicht.

Eine Karte, die nur über die Minus-Taste aufgerufen werden kann

Spielablauf

Der Spielablauf gestaltet sich manchmal unfreiwillig knackig, vor allem dann, wenn knifflige Sprungpassagen mit Gegnern bestückt sind, welche den Spieler direkt in den Abgrund oder in Stacheln befördern. Die Konsequenz ist der direkte Tod. Dann kann es mühselig sein, vom letzten Betpult wieder dorthin zu laufen, nur um wieder zu sterben. Dabei verstreicht einiges an Zeit, die wenig befriedigend wirkt oder sogar etwas Frust aufbauen lässt. Einige Passagen sind etwas fragwürdig designt.
Viele Stimmen vergleichen auch den Kampfablauf mit der Souls-Reihe, wo ich aber Widerspruch einlegen würde. Die Atmosphäre und einige Features erinnern an den finsteren Klopper, nicht aber die Kämpfe. Diese sind tatsächlich sehr simpel und zu leicht berechenbar, selbst bei den Bossgegnern. Dadurch, dass wir hier in der zweiten Dimension spielen, bieten sich natürlich auch viel weniger Möglichkeiten. Generell fühlt man sich aufgrund des Spurts und der vielen Fähigkeiten mächtiger als in Dark Souls.
Ich hätte mir mehr Komplexität und vor allem eine ausgefeiltere Gegner-KI gewünscht. Eine Ausnahme stellen Gegner dar, die Projektile werfen. Agiert man hier etwas zu früh, wird man hart abgestraft.
Zwischenzeitlich leidet das Spiel unter Minirucklern.
Die Spielzeit kann stark variieren, je nachdem wie viel man erkundet und das Spiel vervollständigen mag. Es ist aber gut möglich, das Game in ungefähr 15-20 Stunden durchzuspielen.
Das Leveldesign, ist weniger auf die Fähigkeiten ausgelegt als bei anderen Titeln dieser Art.
Die Erzählung der Geschichte fällt etwas kryptisch aus.
Manchmal sucht man etwas länger, bevor man weiterkommt.

Noch mal ein Beispiel für eine skurrile Szene

Das… ist verstörend…

Fazit

Pros

  • Starke Atmosphäre
  • Sehr direkte und präzise Steuerung
  • Vollvertonte NPCs
  • Viele Hintergrundinformationen
  • Detaillierte Animationen
  • Wunderschöner 32-Bit-Look
  • Interessante Features perfekt ins Setting eingebunden
  • Verschiedene Pfade
  • Dynamischer Spielablauf

Cons

  • Miniruckler
  • Recht stupide KI
  • Kämpfe eher simpel
  • Umständliche Orientierung
  • Sprungpassagen mit Frustpotenzial
  • Nebenquests schwierig zu durschauen
  • Recht kryptische Erzählweise

Blasphemous ist ein einzigartiger Titel, der klare Stärken als auch Schwächen präsentiert. Zur größten Stärke zählt die dichte und düstere Atmosphäre sowie die schöne Präsentation, gepaart mit einem präzisen Gameplay.
Punktabzüge gibt es für den fehlenden roten Faden in einigen Designelementen sowie dem Frustpotenzial der Sprungpassagen. Gegner können teilweise ausgetrickst werden, in Kämpfen, die etwas simpel ausfallen.
Nichtsdestotrotz überzeugt Blasphemous gekonnt.

Über Justin Aengenheyster 328 Artikel
Im Jahr 1992 erschien Mortal Kombat... und ich. Wir beide sind auf unsere Weise brutal. Ich für meinen Teil fahre brutal auf Videospiele ab und beschäftige mich gnadenlos mit verschiedenen Themen, um Gleichgesinnte zu informieren. Als treues Nintendokind befasse ich mich am liebsten auch mit Nintendospielen.

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