Final Fantasy IX Half Definition Remaster [Test]

Wie mittlerweile vielen bekannt sein sollte, hat Square Enix den Weg zurück zu ihren Wurzeln – der Plattform Nintendo – gefunden. Dazu gehört auch, dass alle Nintendo-Fans nach Final Fantasy VI auf dem Super Nintendo erstmals in den Genuss von Titeln der Final Fantasy-Hauptreihe kommen können. Dazu zählt auch das sogenannte HD Remaster von Final Fantasy IX. Bevor ich meine Einschätzung zum Spiel gebe, möchte ich gerne noch meine Geschichte zum neunten Teil der erfolgreichen RPG-Spielereihe mit euch teilen.

Verrückte Vergangenheit

Nachdem ich einige 100 Spielstunden in den Welten von Final Fantasy VII und VIII verbracht hatte und es endlich klar war, wann der neue Eintrag der Spielereihe erscheinen wird, hatte ich mich schon sehr auf das Spiel gefreut. Damals konnte man noch nicht in dem großen Ausmaß Trailer auf YouTube anschauen, denn das Videoportal wurde erst vier Jahre später gegründet. Man war auf Vorberichte angewiesen, die man in etlichen Videospiel-Zeitschriften – wie N-Zone, Bravo Screenfun oder ähnlichen – durchlesen konnte. So war das nun mal vor nicht ganz 20 Jahren, die Zeit fliegt und die Technik hat sich grundlegend verändert.

Auf jeden Fall war es dann endlich soweit und ich bin ohne Vorbestellung am Erscheinungstag, den 16. Februar 2001 schnell zum Woolworth gelaufen – panisch in der Sorge kein Exemplar zu erhalten – und habe tatsächlich eins der vielen Exemplare für 99,99 DM ergattern können. Meine Freude war riesig, obwohl es für einen Schüler nicht wenig Geld war und habe – zu Hause angekommen – direkt begonnen, in Gaia, der Welt von Final Fantasy IX einzutauchen.

Seitdem ist viel Zeit vergangen, vieles hat sich verändert: Woolworth gibt es zwar noch, aber zumindest bei uns verkaufen sie seit etlichen Jahren keine Multimedia-Artikel mehr, die Deutsche Mark gibt es nicht mehr, genauso bin ich auch schon lange kein Schüler mehr und das HD Remaster habe ich auch nicht im Laden erworben, sondern digital im Nintendo eShop heruntergeladen.

Nun aber genug zur Vorgeschichte, kommen wir zum Wichtigen: Dem Testbericht zu Final Fantasy IX HD Remaster.

Das Theater geht los…

… in Alexandria, der Hauptstadt des gleichnamigen Königreichs. Zum Anlass ihres 16. Geburtstags wird der Prinzessin das Theaterstück „Deine Taube möcht‘ ich sein“ von der Schauspieltruppe und gleichzeitig Diebesgruppe Tantalus präsentiert. Diese wurde beauftragt, die Prinzessin zu entführen. Jedoch leistet die Prinzessin entgegen den Erwartungen von Tantalus keine Gegenwehr und verlässt das Schloss vielmehr aus freien Stücken, da sie schon länger das Gefühl hat, dass mit ihrer Stiefmutter – der Königin von Alexandria – etwas nicht stimmt. Diese Vermutung soll sich letztendlich als wahr herausstellen. Worum es im Detail geht und wieso ihr auf einmal die Welt retten müsst, verrate ich euch nicht, denn ihr sollt das Spiel und die Story unvoreingenommen erleben können.

Schluss mit dem Theater

Stattdessen möchte ich mehr auf das technische Gewand und Gameplay eingehen.

Gaia nicht mal so schön

Square Enix hat es sich meiner Meinung nach etwas einfach gemacht, denn es wurde die Mobile- bzw. PC-Version – welche 2016 erschien – als Grundlage für das Final Fantasy IX HD Remaster gewählt. Im Vergleich zum Original aus dem Jahre 2001 wurde die Grafik zwar verbessert, indem Kantenglättungsfilter, HD-Zwischensequenzen und optimierte Charakter-Modelle implementiert wurden, jedoch hätten sich die Entwickler deutlich mehr Mühe geben und die komplette Grafik näher in Richtung aktuellen Standard bringen können. Dass dies möglich ist, zeigen diverse HD-Mods von Fans und externen Grafik-Designern.

So könnte es aussehen

Es wurde allerdings nicht nur an der Grafik geschraubt, sondern auch zusätzliche Optionen hinzugefügt, wie Auto-Save, das Überspringen von Zwischensequenzen oder das Beschleunigen des Gameplays (Speed-Boost), sodass lästige Zufallskämpfe schneller erledigt werden können. Außerdem können Booster bzw. Cheats aktiviert werden, sodass die HP-Leiste beispielsweise immer gefüllt ist, den Gegnern jedes Mal 9999 Schaden zugefügt wird oder Zufallskämpfe vermieden werden.

Das Warten nervt, zag‘ ich

Apropos Zufallskämpfe: Von vorne bis hinten zieht sich das Problem, dass ihr vor jedem Kampf erstmal nur schwarz seht, denn aus irgendeinem unerfindlichen Grund wurde eine Ladezeit von bis zu 30 Sekunden in den Port „optimiert“, die man so selbst aus dem Original auf der Playstation 1 nicht kennt. Das stört den Spielfluss schon erheblich, da es nicht gerade selten zu Zufallskämpfen kommt und könnte sicherlich mit einem Update behoben werden. Ein weiteres Problem wurde bereits durch ein Update behoben. Nach jedem Kampf wurde der Overworld-Track wieder von vorne abgespielt, sodass man nie in den Genuss des gesamten Musikstücks kommen konnte.

Warten macht keinen Spaß

Ansonsten kann man nicht über die Performance meckern. Sowohl die Zwischensequenzen sehen wunderschön aus als auch das Gameplay an sich läuft sehr flüssig. Allerdings muss man schon sagen, dass die Steuerung und teils auch die Menüführung nicht mehr Stand der Dinge sind. Klar handelt es sich hier um ein Remaster eines nun mehr 18 Jahre alten Spiels, dennoch hätte ich mir beispielsweise gewünscht, dass die Steuerung nicht nur auf vier mal 90° Bewegungen ausgelegt ist, sondern die volle 360°-Freiheit unterstützt. So kommt es nicht selten dazu, dass man an Ecken hängen bleibt oder nicht auf dem direkten Wege zum Ziel navigiert.

Soundtrack und Dialoge und so

Auch heute noch ist der Soundtrack ein Meisterwerk. Er ist abwechslungsreich komponiert und fängt stets die Atmosphäre der Szene perfekt ein. Ob melancholisch, dramatisch, groovig oder episch – für jede Stimmung gibt es das passende Musikstück. Der Soundtrack trägt den Spieler gewissermaßen durch das Spiel und sorgt für unvergessene Spielstunden. Zudem kann bei dem Spiel zwischen dem klassischen und neu orchestrierten Soundtrack gewechselt werden.

Unvergesslich sind auch die Dialoge im Spiel: Jeder Charakter hat seine eigene Sprechweise, welche sich teils in urkomischen und wirren Dialekten und Ausdrucksweisen zeigt und einen immer wieder zum Schmunzeln bringt.

Rüsten für den Kampf, zefix!

Ein JRPG – wie Final Fantasy IX nun mal eins ist – lebt natürlich vor allem von seinem Kampfsystem und das kann auch heutzutage noch überzeugen, wenn man sich für rundenbasierte Kämpfe begeistern kann. Jeder Charakter verfügt über individuelle Fähigkeiten, welche durch Anlegen von Ausrüstung und Erhalten von AP (Ability Points) erlernt werden können. Diese bekommt man durch das Besiegen von Gegnern. Wenn diese Fähigkeiten nicht komplett erlernt wurden, sind diese nur so lange in Kämpfen einsetzbar, wie ihr den Gegenstand ausgerüstet habt. Dies sind nicht nur „einfache“ Fähigkeiten wie z. B. Immunitäten oder andere Status- oder Kampfvorteile, sondern es können so auch Zauber und Bestia – mächtige Beschwörungen, welche elementaren, magischen Schaden anrichten – erlernt werden.

„Pestizid“ ist fast erlernt und kann dann auch ohne Mithrilfäustlinge angelegt werden

Dadurch, dass die Charaktere unterschiedliche Fähigkeiten beherrschen und an sich auch verschiedene Aktionen ausführen, könnt ihr eure Party nach euren Belieben zusammenstellen und die Kämpfe anders erleben als andere Spieler, die auf andere Charaktere setzen. Zudem kommt ihr auch nicht mit einfachem Dauerangriff weit, denn vor allem Bosse verlangen etwas mehr taktisches Geschick, denn sonst kann es ziemlich schnell düster aussehen. Der Schwierigkeitsgrad an sich ist jedoch ausgewogen, sodass auch Einsteiger in RPGs relativ gut zurecht kommen sollten.

Spielen wir mal ein bisschen Karten

Irgendwann muss man sich aber auch mal von den anstrengenden Kämpfen und der Story erholen. Dies kann man sehr gut beim Tetra Master – einem spielinternen Kartenspiel – tun und ich kann euch versprechen, dass ihr auch dort zig Spielstunden versenken könnt. „Wie jetzt Karten spielen?“ werden sich nun manche fragen. Dieses Kartenspiel ist simpel zu erlernen und dient einfach der Auflockerung des Spielgeschehens. Außerdem animiert es zum wiederholten Spielen, denn es gibt insgesamt 100 verschiedene Karten mit individuellen Motiven, die es zu Sammeln gilt. Was diese sonst bringen? Nichts, aber das brauchen sie auch nicht, weil das Spielen und Erlangen der Karten einfach süchtig macht. Achso, wie das Kartenspiel funktioniert? Ha, da habe ich euch schon angefixt, was? Ok, ich werde es in aller Kürze erläutern.

Tetra Master wird im Eins-gegen-Eins ausgetragen. Bevor das Spiel beginnt, wählt ihr fünf Karten aus, mit denen ihr gegen den Gegner antreten wollt. Gespielt wird auf einem 4×4 Felder großen Spielfeld, welches beim Start möglicherweise zufällig mit Steinen belegt wird, welche betroffene Felder blockieren und somit verhindern, dass dort eine Karte abgelegt werden darf. Die Karten werden nun abwechselnd auf dieses Spielfeld gelegt. Treffen beim Legen die Pfeile zweier verfeindeter Karten aufeinander, kommt es zu einer Kartenschlacht, die normalerweise die Karte mit den besseren Werten für sich entscheidet. Durch das Umdrehen der gegnerischen Karte durch den Sieger übernimmt diese Karte die eigene Kartenfarbe. Weiterhin kann es zu einer Kettenreaktion führen, denn es werden ebenfalls alle gegnerischen Karten umgelegt, auf die diese eine Karte mit ihren Pfeilen gezeigt hat.

Zudem kann es unter gewissen Voraussetzungen zu einer weiteren Kartenschlacht im gleichen Zug kommen. Sind alle Karten ausgespielt, wird anhand der Farben der Gewinner ermittelt. Dieser kann sich eine der umgedrehten gegnerischen Karten aussuchen und diese behalten. Gelingt es einem der Kontrahenten, ein perfektes Spiel abzuliefern – also alle zehn Karten zu seinen Gunsten zu drehen – bekommt er alle gegnerischen Karten. Bei einem Unentschieden, wo jeder Spieler am Ende der Partie fünf Karten zu seiner Farbe gedreht hat, passiert nichts. Egal, welche Karten umgedreht wurden: Jeder behält seine eigenen Karten.

Das hört sich anfangs möglicherweise etwas wild an, ist aber schnell erlernt und geht in Fleisch und Blut über, sodass der Ehrgeiz und das Sammelfieber dafür sorgen, dass es nicht nur bei ein, zwei hintereinander folgenden Partien bleibt.

Captain Zidane auf Schatzjagd, Käräh!

Wer dann noch Langeweile verspürt, kann mit Zidane und den gelben Laufvögeln – auch Chocobos genannt – in ganz Gaia auf Schatzsuche gehen. Es sei im Voraus gesagt, dass es sich hierbei um, meiner Meinung nach, der besten Chocobo-Quest handelt.

‚Wo finde i so oan Chocobo und wia schoffe i ’s, ihn fia meine Zwecke einzusetzn?‘ werden sich jetzt einige fragen. Nun, ihr müsst einfach in den Chocobo Wald laufen, wo ihr auf den Mogry Mene und seinen Chocobo-Freund Choco trefft. Ersterer bietet euch an, Letzteren als Reittier zu benutzen und gibt euch des Weiteren ein Gizarkraut, welches ihr auf der Weltkarte benötigt, um Choco zu euch rufen zu können. Dies ist allerdings nur möglich, wenn ihr euch auf den Fußspuren auf der Weltkarte befindet.

Der kleine, aber feine Chocobo Wald

Bevor ihr aber auf der großen, weiten Welt auf Schatzsuche gehen könnt, müsst ihr logischerweise zunächst Schatzkarten besitzen, um überhaupt wissen zu können, wo ihr suchen müsst. Schatzkarten – hier Choco-Karten genannt – könnt ihr unter anderem im Chocobo Wald finden, wenn ihr dem kleinen Geschäftsmann für Schatzkarten Mene ein kleines Entgelt gezahlt habt, denn erst dann erlaubt er euch, in einer vorgegebenen Zeit nach den Karten zu suchen.

Habt ihr also auch diese Hürde genommen und einige Karten gefunden, so könnt ihr auf dem Rücken des Chocobo ins Chocobo-Menü gehen, eine Schatzkarte auswählen und auf die Suche gehen.

Als Hinweis dient eine Abbildung der Stelle, wo sich der Schatz befindet. Wie weit ihr vom Schatz entfernt seid, kräht euch der Hahn – äh ich meine Choco. Denn er kräht die Distanz auf unterschiedliche Weise:

„Kräh!“ = weit entfernt
„Krä!?“ = nahe dran
„Käräh!“ = Schatz gefunden

Übersetzer Chocobo – Deutsch
Die Position scheint mit der von der Karte übereinzustimmen

Habt ihr den Schatz gefunden, könnt ihr euch über diverse Items freuen und darauf, direkt die nächste Karte auszuwählen. Es macht wirklich Spaß, nach den Schätzen zu graben – unter anderem deswegen, weil man dadurch Gaia noch besser kennenlernt.

Fazit

Pros

  • Fesselnde Story
  • Gut gealtertes Kampfsystem
  • Schöne Zwischensequenzen
  • Herausragender Soundtrack in zwei Versionen
  • Zwei süchtigmachende Sidequests (Tetra Master und Schatzjagd)

Cons

  • Kein richtiger HD-Port
  • Unverständlich hohe Ladezeiten stören den Spielfluss
  • Steuerung nicht zeitgemäß

Final Fantasy IX macht vieles richtig. Die Story fesselt den Spieler an der Konsole, unterstützt von einem genialen Soundtrack – komponiert von Nobuo Uematsu. Die Zwischensequenzen sind bildgewaltig und passen perfekt ins Setting. Schie schehen einfach schoooo lecker ausch, mampf! Die Dialoge fallen aufgrund der zahlreichen Dialekte und Ausdrucksweisen der Charaktere sehr unterhaltsam aus. Ein Makel stellt die Steuerung dar, welche nicht auf den heutigen Standard adaptiert wurde. Zudem stellt Square Enix leider keinen „richtigen“ HD-Port zur Verfügung, welches aufgrund der vorhandenen HD-Mods von externen Personen ein größeres Manko darstellt, aber im Großen und Ganzen verzeihbar ist. Unverzeihbar sind allerdings die unerklärbar hohen Ladezeiten, vor allem beim Start der Zufallskämpfe. Dieser Punkt stört den Spielfluss doch erheblich und wäre sicherlich durch ein Update behebbar.

Alles in allem handelt es sich bei Final Fantasy IX jedoch um ein sehr gutes Spiel, welches mir auch nach 18 Jahren viel Freude bereitet hat. Speichern wir an dieser Stelle also den Fortschritt und vergeben unsere Wertung, kupo!

Über Marcel Eidinger 1839 Artikel
Marcel ist im Jahr 1986 geboren, dem Jahr, wo seine Lieblings-Spielereihe ihren Ursprung hat: The Legend of Zelda. Mit seinen nun mehr als 30 Jahren Lebens- und ca. 25 Jahren Nintendo-Erfahrung versucht er euch mit Liebe und Leidenschaft auf dem Laufenden zu halten!

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