Wandern zwischen den Welten

Ich gebe Plötze, meinen königlichen Schimmel, die Sporen, während ich über das offene Feld vor den Ruinen des Schlosses Hyrule hetze, um den tödlichen Angriffen der Wächter zu entkommen. Binnen Augenblicken lasse ich die Ebene hinter mir, überquere Brücken und trotte durch Schluchten, den Blick in die Ferne gerichtet. Ich nehme meine Umgebung mit vollem Bewusstsein wahr, genieße den Weitblick und die Freiheit, die sich mir bietet. Es beginnt zu regnen und ich habe das Gefühl, als durchdränge eine seichte, beruhigende Melodie die Atmosphäre. Ich suche Schutz unter einem Überhang und steige…

… aus der überfüllten Berliner S-Bahn. Ich ziehe mir die Mütze tief über die Ohren und ziehe meinen Schal fester. Es ist kalt am frühen Morgen und der leichte Nieselregen fühlt sich bei diesen Temperaturen wie eisige Nadeln an, die ungeschützte Stellen zu durchbohren versuchen. Der Wind lässt meine Augen tränen. Mit gesenktem Blick stapfe ich mehr blind als bewusst die Straßen zur Arbeit entlang. Doch vorher mache ich noch einen Abstecher zu meinem Lieblingscafé. Zeit fürs Frühstück muss sein. Dort angekommen, werde ich freundlich mit Namen begrüßt. Ohne meine Bestellung abzuwarten, reicht mir die Bedienung einen Ölkanister voll schwarzem, starken Kaffee, um meine Stimmung zu heben und mir meine Menschlichkeit wiederzugeben. Ich nehme Platz und sitze…

… Am Lagerfeuer. Schon wieder. Wie oft bin ich an dieser Kreatur schon verreckt? Ein Tod schändlicher als der andere. Während ich meine Estus-Flakons auffülle, überlege ich, was dieses Mal schief gelaufen ist. Die Angriffe sind zwar vorhersehbar, jedoch scheine ich die Reichweite der Waffen unterschätzt zu haben. Und diese vermaledeiten, räudigen, tollwütigen Köter, die mir ständig im Weg stehen, wenn ich ausweichen will. Meine Ehre verbietet mir, einfach eine Brandbombe nach ihnen zu werfen. Ich grinse kurz bei dem Gedanken, wie sie dem „Ball“ hinterher hecheln, nur um kurz darauf mit einem Knall über die Wände verschmiert zu werden. Den Schild in der Linken und das Schwert in der rechten Hand, mache ich mich wieder auf dem Weg über die kleine Brücke, erledige zum millionsten Male die drei Hüllen im Durchgang, stolpere die Stufen der Abkürzung hinunter in den unteren Bezirk der Untoten. Drei Hunde, check. Drei Assassinen, check. Wenig später noch einmal. Ich habe diesen Abschnitt so oft wiederholt, dass ich ihn blind laufen könnte. Nun stehe ich wieder vor der Nebelwand zum Ziegendämon. Ich atme tief durch und hebe…

So ein ********

… meinen Besen, um die Spinnen aus den Winkeln über der Tür zu entfernen. Jede Woche aufs Neue. Als würden sie respawnen. Manchmal stoße ich auf besonders nervige Exemplare. Da beseitige ich eine halbe Stunde im gesamten Treppenhaus die Spinnweben an der Decke, samt Bewohner, bringe den Deckenbesen in den Lagerraum im Keller, komme die Treppe wieder hoch und werde von vier Augenpaaren an der Decke angestarrt. Die Spinne dachte sich vermutlich „Oh, hier ist ja noch unbewohnt. Hier kann ich mich niederlassen.“ Ich entscheide mich dafür, sie bis zur nächsten Woche in Ruhe zu lassen. Sonst werde ich nie fertig. Denn draußen wartet schon der nächste, sich ewig wiederholende Kampf auf mich: Das Laub! Eine Million Blätter, eine Innenhoffläche und Wind sind eine widerliche Kombination. Sisyphus, an die Arbeit! Eine gefühlte Ewigkeit später habe ich die Blätterpracht eines halben Waldes gleichmäßig in Laubsäcken verstaut und diese an den Straßenrand gestellt. Fix und fertig setze ich mich hin, zähle bis drei und…

Ich, wie ich meine Verpflichtungen hinter mir lasse

… trete aufs Gaspedal für einen Blitzstart. Ich kenne die Rennstrecke in- und auswendig. Sofort setze ich mich an die Spitze und lasse meine Kontrahenten nur meine Abgase schnüffeln. Peach versucht mir noch, einen roten Panzer auf den Hals zu hetzen, die olle Ziege. Hätte ich nicht vorsorglich einen grünen Panzer hinter mir hergezogen, hätte sie mir vielleicht meine Führung streitig gemacht. Schon bald ist mein Abstand groß genug, dass mir auch der blaue Panzer keine Angst mehr einjagt. Im richtigen Augenblick werfe ich…

… meine Einmalhandschuhe in den Müll. Fertig für heute. Ich habe eine neue Bestzeit fürs Putzen aufgestellt. Alles blitzt und man kann förmlich in der Atmosphäre fühlen, dass es sauber ist. Es riecht angenehm. Mir ist warm genug vom Arbeiten, sodass mir auch auf dem Weg zur Bahn nicht kalt wird. Ich bin zufrieden und setze mich…

Boah, erstmal chillen

… auf eine Bank, um mich zu erholen. Das war ein anstrengender Kampf gegen Hornet, aber ich bin siegreich daraus hervorgegangen und habe auch noch eine neue Fähigkeit erhalten. So muss das. Was für ein erfolgreicher Tag. Jetzt kann ich in Ruhe das nächste Areal von Heilandsnest erkunden…

Über Roger Hogh 750 Artikel
Baujahr 1987, begann bereits als Zwerg mit einem Sega Master System II zu zocken, der einzigen Nicht-Nintendo-Konsole, die er je besessen hat. Begeisterter Fan von guten Metroidvanias und The Legend of Zelda. Überwiegend Einzelspieler, aber man findet ihn gerne mal bei einer Runde Smash Bros, natürlich als Link.

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