Wer will eigentlich diese ganzen Ports?

Jede Woche sehe ich die gleiche Diskussion im Netz. Eine handvoll Spiele erscheint für unser aller Lieblingskonsole. Ein paar davon sind Indie-Titel, die zuerst auf der Switch erscheinen, ein paar davon sind waschechte Nintendo IPs, einige Spiele tauchen gleichzeitig auf allen Konsolen auf und dann gibt es da diese paar Spiele, weswegen das Internet plötzlich durchdreht. Die Ports…

„Och nö! Nicht schon wieder so ein sch… Port. Die Switch hat aber auch überhaupt keine neuen Spiele. Alles sind nur Ports von alten Titeln! Kein Wunder, dass die Switch schon über 2000 Titel im eShop hat, wenn jedes Spiel der vorherigen Konsolen neu rausgebracht wird!“ Daraufhin schmeißt er wutentbrannt seine Playstation 4 an und spielt die Remastered Ultimate Deluxe Complete Story Edition von Uncharted oder God of War 1-3.

Buchstäblich unter jeder Ankündigung für ein Spiel, dass es irgendwann irgendwo schonmal gab tummeln sich hunderte Kommentare voller selbstgerechtem Zorn, die ausdrücken, dass „Ich keine alten Spiele spielen will!!!!111einself!“, wobei sich hier die Frage stellt, wer diese Ichs eigentlich sind, denn die Absatzzahlen der jeweiligen Ports sprechen eine andere Sprache. Es sieht fast so aus, als würden alle anderen, also die „Nicht-Ichs“, ihre Zeit lieber damit verbringen, einfach besagten Port oder jedes andere bevorzugte Spiel zu spielen, statt sich darüber zu beschweren, dass manche Spiele erneut herausgebracht werden.

Volkssport Spieleport

Mit jeder neuen Konsolengeneration wurde dieses Verfahren beliebter. Entwickler werfen ein tolles Spiel auf den Markt, sehen, wie unglaublich beliebt und erfolgreich es ist, und portieren das Spiel daher auch auf die nachfolgende Konsole, oftmals mit einem Label wie „Ultimate Edition“ und geben somit auch anderen Spielern die Möglichkeit, in den Genuss ihres Spieles zu kommen. Manche besaßen vielleicht die vorige Konsole nicht, manchen gefiel das Spiel einfach so sehr, dass sie es sich noch einmal zulegen möchten, schon um nicht immer die Konsolen umstecken zu müssen und manche holen es, einfach weil es gerade im Angebot ist.

Unsere „Ichs“ aus obigem Beispiel verraten in ihren Kommentaren übrigens häufig, dass sie das Spiel bereits auf allen verfügbaren Konsolen, sowie bei Steam und als Mobile Game besitzen und es sich deshalb nicht nochmal kaufen wollen. Aha, lese ich da etwa unkontrolliertes Kaufverhalten heraus? Könnte die ausgedrückte Wut lediglich ein unbewusster Versuch sein, sich selbst das Spiel madig zu reden, in der Hoffnung, nicht wieder am Release-Tag wie in Trance auf „kaufen“ zu klicken?

Vielleicht lese ich da aber auch zu viel rein…

Profitable Pro-port-ionen

Schaut man sich das Ganze mal aus einer wirtschaftlichen Sicht an, muss man zu dem Schluss kommen, dass Portierungen alter Spiele sich rentieren.

Und warum auch nicht?

Entgegen der landläufigen Meinung, dass so ein Port ja „nix kostet“, stecken in einem Port natürlich trotzdem Zeit und Geld, aber das steht in keinem Verhältnis zu einem komplett neuen Spiel. Tatsächlich können sich gerade kleinere Spieleschmieden durch die Portierung ihrer älteren Titel noch das nötige Kleingeld zusammenarbeiten, um damit an neuen Titeln arbeiten zu können. Auch wenn der stereotypische Game-Designer nur von Kaffee, Coke und Pizza lebt, aber diese Dinge werden auch immer teurer.

Manche Spiele, speziell bessere Mobile-Games, erhalten durch einen Port auf die großen Konsolen auch erst die Aufmerksamkeit, die ihnen zustehen sollte. Ich bin zwar kein großer Fan von Mobile Games, aber vereinzelte Perlen wie Sky Force Reloaded werden sicherlich auf der Switch für ein hübsches Sümmchen gesorgt haben.

Manche Entwickler bringen auch einfach einen ihrer älteren Titel auf die neue Konsole, um sich mit dem Entwickler-Toolkit vertraut zu machen. So verbindet man das Praktische mit dem Nützlichen.

Wie stehe ich zu dem Thema?

Man werfe mir Befangenheit oder Subjektivität vor, aber dies ist immerhin eine Montagsmeinung, also etwas, wo Subjektivität durchaus gerechtfertigt ist.

Ich halte Ports für sinnvoll und ich freue mich wie bescheuert über Jedi Knight II. Was hab ich das Spiel damals gesuchtet – im Internetcafé! Man stelle sich solche Zeiten noch vor. Die halbe Klasse, also alle coolen Jungs, sind nach der Schule losgezogen, die Straße runter, und haben sich ins Internetcafé gesetzt, um für 2€ die Stunde alle möglichen Spiele gegeneinander zocken zu können. Jedi Knight II war eines der Spiele, wo mir kaum einer das Wasser reichen konnte. Als grün getarnter Swamp Trooper mit grünem Lichtschwert und dem passenden Namen „Waldschrat“ war ich der Herrscher auf dem Schlachtfeld.

Worüber ich mich ebenfalls freue? Final Fantasy VIII, Final Fantasy Crystal Chronicles, Ori and the Blind Forest, The Witcher 3… Die Liste ist lang und beinhaltet eine Menge an Spielen, die ich entweder nicht spielen konnte, weil mir die passende Konsole dafür fehlte, oder weil mein Computer die Rechenleistung einer Scheibe Toast hat.

Fazit

Ich fasse noch einmal zusammen: Ich weiß, dass es Stimmen gibt, die unsere Switch als reine Portkonsole sehen, als Müllhalde all der Spiele, die vor x Jahren mal beliebt waren und die jedes Mal laut schreien, dass es keine neuen Spiele für die Switch gibt, während sie sich zum Einen in äußerst kraftvollen Sprachbildern darüber äußern, dass die Ports alle am besten gar nichts kosten sollten, denn die Spiele wurden ja alle schonmal entwickelt und sollten ihrem Verständnis entsprechend mit zwei Klicks portierbar sein, jeder Cent in den Taschen der Entwickler wäre somit pure kapitalistische Ausbeutung der Endverbraucher. Zum Anderen kaufen sie sich die Ports trotzdem, da sie offenbar nichts mit ihrem Geld anzufangen wissen…

…oder sie sich vielleicht insgeheim doch freuen, dass einer ihrer Lieblingstitel noch einmal aufgelegt wurde? Als waschechter „Ich“ darf man sowas natürlich auch unter der Androhung von Folter nicht zugeben, aber wer weiß, ob ich da nicht der Wahrheit auf der Spur bin 😉

Solange kein Schindluder mit Ports betrieben wird, wie im Falle der dürftigen Resident Evil Ports für die Switch, in die buchstäblich keine Verbesserungsarbeit gesteckt wurde, die jedoch dennoch jweils für knapp 30 Rupees über den digitalen Tisch gehen, oder die Portierung von Devil May Cry, zu der jetzt der Nachfolger angekündigt wurde, ebenfalls wieder für einen ordentlichen Preis (ist ja auch der gleiche Publisher), bin ich ausnahmslos dafür, alte Spiele oder auch aktuelle Spiele auf neue Konsolen zu portieren, um so viele Spieler wie möglich in den Genuss der Werke kommen zu lassen.

Über Roger Hogh 750 Artikel
Baujahr 1987, begann bereits als Zwerg mit einem Sega Master System II zu zocken, der einzigen Nicht-Nintendo-Konsole, die er je besessen hat. Begeisterter Fan von guten Metroidvanias und The Legend of Zelda. Überwiegend Einzelspieler, aber man findet ihn gerne mal bei einer Runde Smash Bros, natürlich als Link.

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