Wenn das Warten (k)ein Ende hat

Sind wir doch mal ehrlich – niemand wartet gerne. Egal ob beim Einkaufen im Supermarkt, beim Einlass in Clubs, Konzerthallen oder Stadien, oder auch nur auf den Pizzalieferanten: Warten ist doof.

Was bewegt dann aber jedes Jahr tausende Menschen dazu, sich auf den örtlichen Spielemessen mehrere Stunden lang für 15 Minuten Spielzeit der neuesten Demo eines potentiell spaßigen Spieles anzustellen? Diesem Mysterium versuche ich heute einmal auf den Grund zu gehen.

Wo ich schon mal hier bin…

Messen sind ein Phänomen. Ihr Ziel ist PR für die teilnehmenden Unternehmen zu machen, idealerweise positiv. Das ist ein kostspieliges Unterfangen. Werbebanner, kostenlose Give-Aways wie Kugelscheiber, Lanyards, Werbeheftchen, etc. müssen produziert werden (die im Einkauf wiederum nicht kostenlos sind), Standgebühren, Promoter, Catering für die Mitarbeiter und Journalisten und und und. Dann muss man natürlich das Produkt auch noch ansprechend präsentieren und abhängig von der Größe des Produktes sollte man die Möglichkeit geben, das Produkt zu testen. Bei Speisen müsste man also Verkostungen durchführen, bei Autos sollte man die Interessenten zumindest mal drin sitzen lassen und bei Modelleisenbahnen sollte besagtes Modell irgendwo sichtbar im Kreis fahren, damit der Interessent vor Freude jauchzt.

Grundsätzlich nehmen Messebesucher mit, was sie kriegen können. Das muss tief in der menschlichen Existenz verwurzelt sein – Da gibt’s was umsonst, das nehme ich auch noch mit. Hier kann ich was kosten? Mmh lecker. Oh, das neue Legend of Zelda: Link’s Awakening? Wo ich schon mal hier bin – DAS MUSS ICH AUSPROBIEREN!

Ab hier schaltet sich vermutlich das logische Denkvermögen des Hirns aus, denn sind wir mal ehrlich – der Tag hat nur 24 Stunden, von denen das Messegelände ca. 12 Stunden geöffnet hat. Nintendo hat vielleicht 25-50 Demogeräte mit Link’s Awakening ausgestattet, die Demo ist jeweils 20 Minuten spielbar. vor mir stehen gefühlt ALLE Messebesucher an jedem Gerät Schlange und verrenken sich den Hals, um eventuell schon einen kurzen Blick auf das Spiel werfen zu können oder auch nur abzuschätzen, wie viele hundert Menschen noch vor ihnen in der Schlange stehen. Rein mathematisch sollten also nicht ALLE anstehenden Menschen auch in den Genuss der Demo kommen. Doch klein beigeben will auch keiner. Und so wartet man eben.

Und wartet… und wartet…

Wartezeiten von 1-3 Stunden sind leider keine Seltenheit. Die Organisatoren kennen das Problem und versuchen, mit immer mehr Geräten aufzuwarten. Leider funktioniert das nur bedingt, denn anstatt sich die gleichen Interessenten nun besser aufteilen können, stoßen nur weitere Leute hinzu, die sich vorher vielleicht nicht angestellt hätten und zack, ist man wieder am warten. Journalisten haben deshalb nicht umsonst ein paar Tage VOR der Öffentlichkeit Messetage nur für sie. Es wäre eine Schande, wenn die Journalisten sonst ohne Artikel wieder heimkehrten, einfach weil sie ihre Finger an keine Konsole bekommen haben.

Wenn’s mal wieder länger dauert

Doch was kann man denn tun, um sich die nervige Wartezeit zu versüßen? Ich habe da mal ein paar kreative Einfälle zusammengetragen:

  • Essen: Idealerweise schmiert man sich vorher genug Butterbrote, die man in einem Bollerwagen neben sich her zieht, damit man die lange Wartezeit guter Dinge übersteht. Wenn man dann noch die 200 geschmierten und belegten Brötchen unter der Hand für jeweils ein paar Euro an hungrige Mitwartende verkauft, kann man sich somit auf jeden Fall schon die Special Edition des Spieles kaufen, wenn man schon nicht die Demo spielen konnte.
  • Packt die Switch aus: Wofür hat man das Teil denn? Irgendein Verrückter wird sicherlich sein Netz zur Verfügung stellen, falls im Messegelände nicht eh kostenloses W-Lan für alle vorhanden ist, und schon kann man entspannt mit den anderen Wartenden eine Runde Mario Kart oder Smash Bros Ultimate spielen.
  • Ruft ein Warte-Turnier aus: Wenn eh jeder mit der Switch zugange ist, warum nicht gleich ein Turnier unter den Wartenden organisieren? Für jede gewonnene Runde darf man weiter vorrücken.
  • Quatscht miteinander: Auch wenn Gamer nach wie vor gerne in den Medien als asoziale Untermenschen dargestellt werden, die Realität sieht doch anders aus. Sicherlich wird auch der ein oder andere weniger geruchsneutrale, unrasierte Höhlentroll mit problematischer Haut oder eine stark behaarte, für ihre Körpgergröße überernährte Gnomin sich in den Reihen der Wartenden wiederfinden – aber tatsächlich sind auch die ganz nett, wenn man über ein gemeinsames Thema spricht. Was bietet sich auf einer Gaming-Messe besser an, als über Gaming zu sprechen? Wer weiß, vielleicht schließt ihr sogar neue Freundschaften?
  • Lest ein Buch: Bücher sind nach wie vor ein toller Zeitvertreib. Besonders echte Bücher mit richtigen Seiten. Die saugen dem Handy oder Tablet immerhin nicht den Akku leer.

Fazit

Wer eine Messe besucht, sollte wissen, worauf er sich einlässt. Warten ist Teil des Spiels – dafür ist der Gewinn auch umso süßer, nach einer gefühlten Ewigkeit endlich eine völlig fettige, klebrige Konsole in Händen zu halten, die jeder andere Besucher vor ihm angetatscht hatte. Wer Angst vor Keimen und Bakterien hat, wird aber vermutlich eh entweder antibakterielle Tücher dabei haben oder um Menschenmengen, die größer als 1 sind, einen großen Bogen machen.

Ich werde jetzt meine Powerbanks für die Gamescom laden. Vielleicht quatsche ich euch dort an, vielleicht kämpfe ich mich aber auch weiter durch Fire Emblem: Three Houses 🙂

Über Roger Hogh 750 Artikel
Baujahr 1987, begann bereits als Zwerg mit einem Sega Master System II zu zocken, der einzigen Nicht-Nintendo-Konsole, die er je besessen hat. Begeisterter Fan von guten Metroidvanias und The Legend of Zelda. Überwiegend Einzelspieler, aber man findet ihn gerne mal bei einer Runde Smash Bros, natürlich als Link.

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