Gerüchte – Gut oder Schlecht für die Industrie?

Ich möchte hiermit eine neue Blog-Kategorie für n-switch-on.de ausrufen – die Montagsmeinung.

Es gibt vereinzelt Themen, die mit der Gaming-Industrie im Allgemeinen zu tun haben und sich nicht nur auf Nintendo Switch beziehen. Zu diesen Themen möchten wir uns auch gerne mal äußern. Hierbei solltet ihr natürlich beachten, dass es sich um eine persönliche Meinung handelt. Marcels Meinung kann sich zu diesem speziellen Thema z.B. vollständig von meiner unterscheiden (wobei ich ihn in diesem Fall vermutlich nötigen würde, sie als Gegenmeinung ebenfalls zu veröffentlichen).

Hier ist also die erste Montagsmeinung. Mögen noch viele Weitere folgen.

Es war einmal…

Gerüchte gab es vermutlich, seit die ersten Menschen anfingen, gleichen Dingen gleiche Laute zuzuschreiben, um eine relativ einheitliche Kommunikation zu ermöglichen. Wenn ich das Wort „Gerücht“ irgendwo höre oder lese, fällt mir als erstes das Bild einer Gruppe „Waschweiber“ ein, also jener Frauen, die sich mindestens einmal die Woche am Fluss getroffen haben, um ihre dreckige Wäsche zu waschen. Während sie mühselig den Stoff über harte Waschbretter schrubbten, verbrachten sie am liebsten ihre Zeit damit, sich die neuesten Erlebnisse zu erzählen. Helga war beim Friseur gewesen, der ihr eine ganz reizende Frisur verpasst hatte, woraufhin sie sich äußerst großzügig bei ihm bedankt hatte. Sie lächelte dabei verträumt. Danach regte sie sich fürchterlich über ihren Mann auf, der ständig abends am Zapfhahn hing und besoffen nach Hause kam. Brunhilde und Gisela hörten aufmerksam zu und brachten hier und dort etwas ein. Der Friseur war sowieso ein feiner Kerl und ihr Gatte wäre ein fauler Hund, sie hätte ja eigentlich besseres verdient, etc.

Während Helga von Dannen zieht, bleiben Brunhilde und Gisela noch ein wenig am Fluss.
„Hast Du gesehen, wie sie vom Friseur geschwärmt hat?“
„Natürlich. Er ist aber auch ein feiner Kerl.“
„Meinst Du, sie hat etwa…?“
„Was? Bist Du sicher?“
„Naja, sie sagte doch, sie hat sich sehr… ähm… großzügig… bei ihm bedankt?“
„Verübeln würde ich es ihr nicht. Ihren Mann würde ich nicht einmal mit der Kneifzange anpacken wollen.“

Spulen wir das ganze Geschehen 3 Wochen vor, finden wir eine von ihrem besoffenen Gatten zu Tode geprügelte Helga und einen aus dem Dorf vertriebenen Friseur vor. Dem Gatten war über einige Umwege das Gerücht zu Ohren gekommen, seine Frau habe ihn mit dem Friseur betrogen. Jenem Friseur, der auch des Öfteren in der Nähe des Freudenhauses gesehen worden war. Ihm wurde nachgesagt, er mache den Frauen dort die Haare im Gegenzug für…Gefälligkeiten…

Im Jetzt angekommen

Ganz so grässliche Auswirkungen müssen Gerüchte natürlich nicht immer haben. Dies ist jedoch eines der Beispiele, bei denen so etwas furchtbar schief gehen kann.

Menschen reden gerne. Man wird sie auch niemals davon abhalten können. Leider interpretieren manche Leute zu viel in das Gesehene oder Gehörte hinein. Sie verbinden Dinge und Geschehnisse, die nicht zusammengehören oder denken sich schlimmstenfalls selbst etwas aus, einfach um überhaupt etwas zum Erzählen zu haben, da ihr Leben offenbar nicht aufregend genug ist.

Das Internet macht es den Menschen so viel leichter, sich mitzuteilen. Das ist im Großen und Ganzen vorteilhaft, sorgt aber gleichzeitig auch dafür, dass Gerüchte sich natürlich rasend schnell überall auf der Welt verbreiten können. Doch was tut man damit am besten? Wie wirkt sich sowas auf große Unternehmen oder Personen mit Einfluss aus?

Unterschiedliche Arten von Gerüchten

Gerüchte werden heutzutage immer beliebter und schneller geteilt. Leaks gibt es zu so ziemlich jedem Spiel und erst kürzlich wurde ein Leak bestätigt, der sich seit einem guten Jahr unter den Fans gehalten hatte, nämlich dass es eine Switch Lite geben wird.

Das Problem sind nicht die Leaks an sich, sondern welche Absicht hinter dem jeweiligen Gerücht steckt. Ich finde, man kann Gerüchte grundsätzlich in „positive“ und „negative“ Absichten einordnen.

Zu den „positiven“ Gerüchten zähle ich solche wie obiges Beispiel der Nintendo Switch Lite. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Aussage, der bis zuletzt schlichtweg von Nintendo totgeschwiegen wurde, würde eine Bestätigung des Gerüchtes dem Unternehmen nicht schaden. Das gleiche gilt für Gerüchte a lá „Kommt XY noch dieses Jahr?“, „WIrd an einem Sequel zu The Story of Meh: RPG Simulator gearbeitet?“ oder auch nur „dieses verschwommene, mit einer Kartoffelkamera aufgenommene Bild vom Kloputzer eines ehemaligen Mitarbeiters von Nintendo zeigt die Releaseliste für die E3“. Darüber kann man sich den ganzen Tag unterhalten, es kann ein munterer Diskurs stattfinden, aber egal ob es stimmt oder nicht, das Ansehen des Unternehmens nimmt keinen Schaden.

Dann gibt es aber auch Gerüchte über „grässliche Arbeitsbedingungen“, „unternehmerische Ausbeutung der Mitarbeiter“, „Firmenspionage“, etc., die genauso wahr oder unwahr sein können, wie die anderen Gerüchte, aber deren Absicht eindeutig ist, die Person oder das Unternehmen in ein schlechtes Licht zu rücken. Hierbei fällt eine Schwierigkeit bei sozialen Interaktionen auf. Aufgrund der viel zu hohen Informationsmenge, mit denen der Mensch im digitalen Zeitalter konfrontiert wird, schaltet er oftmals einfach auf Durchgang und nimmt nur noch oberflächlich wahr. Er hakt selten nach, speziell bei solchen Themen. Mir würde eine Überschrift wie „EA nimmt kleine Kinder als Anzahlung für Ultimate Team Karten“ höchstens ein „war ja klar“ abringen. Ich würde keinen weiteren Gedanken daran verschwenden außer „EA ist sch…“

Hier kommen weitere Probleme zum Tragen:

1. Schlechte Nachrichten verbreiten sich schneller als gute Nachrichten. Selbst, wenn EA eine Pressemitteilung dazu herausgibt, die das obige Gerücht dementieren würde und als Beweis ihrer Großzügigkeit auch noch ihr nächstes Spiel kostenlos anbieten würden, bestünde eine große Chance, dass diese News gar nicht bei mir ankommt und ich dementsprechend weiter einfach ein schlechtes Bild von diesem Unternehmen habe.

2. Das Internet vergisst nie. Wer kennt nicht die tollen Facebook oder WhatsApp Nachrichten „hiermit widerspreche ich der persönlichen Nutzung bla bla bla“ oder „WhatsApp kostet bald Geld, außer du zeigst, dass du aktiv bist bla bla“. Sie sind nicht totzukriegen. Alle paar Monate taucht sowas wieder in meinem Newsfeed auf, oftmals geteilt von Leuten, denen ich normalerweise zutraue, solchen Schwachsinn zu durchschauen. Das gleiche trifft auf negative Gerüchte in Verbindung mit Punkt 1 zu. Sie verbreiten sich schneller als die dementierende Pressemitteilung und können jederzeit wieder aufkommen. Vielleicht liest der Frischling Huber, seines Zeichens neuester Praktikant bei irgendeinem Online-Magazin irgendwo dieses Gerücht, ohne auf das Datum des Beitrages zu achten, verfasst daraufhin einen neuen aktuellen Beitrag mit der gleichen ausgelutschten Geschichte und gibt ihr damit wieder neuen Schwung.

Wie geht man also damit um?

Marketing und PR-Firmen zerbrechen sich darüber ständig den Kopf. Sollte man darauf eingehen oder sie dementieren? Sollte man die Leute reden lassen und sich gar nicht weiter darum kümmern?

Viele Leute denken, dass jede Art von Publicity gut ist. Egal, ob gut oder schlecht über jemanden geredet wird, Hauptsache, er ist Gesprächsthema.

Ich halte das persönlich für funktionsfähig, solange man ein vernünftiges Produkt hat. Erfolg wird immer Neider anziehen und Neider verbreiten gerne böswillige Gerüchte, um der Firma zu schaden. Wenn über die „God of War“-Entwickler erzählt wird, dass die Leute unbezahlte Überstunden machen mussten und nicht aufs Klo durften, dann ist das natürlich schlimm, wenn es denn stimmt, aber wer das fertige Spiel gesehen oder gespielt hat, wird diese Nachricht vermutlich längst vergessen haben. Das fertige Produkt ist fantastisch. In diesem Fall kann negative PR dem Absatz oder der allgemeinen Meinung über das Spiel nichts anhaben.

Im Falle von EA und den verschiedenen, bekannten Praktiken, um ihren Spielern das Geld aus der Tasche zu ziehen, sieht das jedoch ganz anders aus. Die haben aktuell ein Imageproblem und verlieren eine Menge Spieler und somit auch genau jene Einnahmen, auf die sie so gerne drängen. Erst kürzlich musste das Unternehmen sich vor einer öffentlichen Anhörung in UK für ihre Praktiken rechtfertigen und versagte dabei kläglich, auch nur die einfachsten Fragen zu beantworten. Negative Gerüchte über so ein Unternehmen verstärken nur noch den schlechten Ruf und es bedarf einiger Anstrengung seitens der Firma, dieses Bild zu verändern.

Bei positiven Gerüchten kann man hingegen wenig falsch machen. Viele Entwickler haben die PR Möglichkeiten von Teasern, Leaks und versteckten Hinweisen längst für sich entdeckt. Sie wissen, dass aufmerksame Fans jeden Trailer und jedes Interview Bild für Bild analysieren auf der Suche nach Verstecken für ein neues Spiel oder eine bestätigte Theorie und geben Ihnen nur zu gerne etwas in dieser Richtung. Das ist für sich genommen auch ein Spiel. Ständig höre ich Neuigkeiten, dass Spiel XY für 2 Sekunden auf Amazon gelistet war, bevor es wieder gelöscht wurde. Ich befürchtete bis vor kurzem noch, wir leben in einer Welt, in der solche „Leaks“ einfach besser ankommen als eine offizielle Ankündigung „Ja, das Spiel kommt am letzten Sonntag im Herbst raus“. Aber inzwischen ist mir klar geworden, dass das einfach Teil des Marketings ist. Leake das Datum einfach einen Monat vorher, lass die Meute sich die Mäuler zerreißen, veröffentliche dann die offizielle Bestätigung und lass sie weiter darüber reden. Auf diese Weise bleibt man relevant.

Fazit

Egal, ob man Gerüchte dementiert, bestätigt, komplett ignoriert oder selber sät – man wird sie nie komplett verhindern können. Die Auswirkung der Gerüchte lässt sich auch nur beeinflussen, indem man einfach qualitativ hochwertige Produkte liefert, die absolut keinen Zweifel an der Güte des Unternehmens zulassen. Gerüchte sind einfach Teil der Kommunikation der Fans untereinander und ein Mittel der Hater, um jemanden in ein schlechtes Licht zu rücken. Aber auch das funktioniert nur, wenn diese Person / Firma nicht liefert, was sie verspricht. Wenn Bethesda grospurig erzählt, wie toll Fallout 76 wird und das Ergebnis jedoch so mies ausfällt wie… Naja… Fallout 76 eben… dann gießen negative Gerüchte über das Unternehmen nur noch Öl ins Feuer und es wird schwer, den Karren noch einmal aus dem Dreck zu ziehen.

Über Roger Hogh 750 Artikel
Baujahr 1987, begann bereits als Zwerg mit einem Sega Master System II zu zocken, der einzigen Nicht-Nintendo-Konsole, die er je besessen hat. Begeisterter Fan von guten Metroidvanias und The Legend of Zelda. Überwiegend Einzelspieler, aber man findet ihn gerne mal bei einer Runde Smash Bros, natürlich als Link.

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